NATRON
Auf der Suche nach einem günstigen Nahrungergänzungsmittel, welches es euch erlaubt mehr Arbeit im Training zu verrichten und die Intensität eurer Workouts hochzuschrauben? Dann könnte Natron (Sodium Bicarbonat) genau das Richtige für euch sein. Wie? Watt? Natron? Ist das nicht das Zeug, was meine Freundin immer zum backen verwendet?
Korrekt.
Die Energiewährung des menschlichen Körpers bei intensiver Trainingsbelastung stellt das sogenannte ATP (Adenosin-Triphosphat) dar. Sprints, Krafttraining sowie sämtliche Sportarten, in denen eine schnelle Beschleunigung des Körpers von essenzieller Wichtigkeit ist (z.B. Football) benötigen und profitieren daher üblicherweise von einem hohen Umsatz von ATP. Leider is die Reichweite der ATP-Speicher relativ gering, denn sie umfasst lediglich wenige Sekunden (1-2 Sekunden, um genau zu sein). Damit uns aber die Hantel mitten im Satz nicht auf den Schädel knallt, weil uns die Energie ausgegangen ist, hat sich Mutter Natur einiges einfallen lassen, um einen solchen Engpass möglichst zu vermeiden.
Daher verfügen wir über weitere hoch-energetische Molekülspeicher, nämlich das Creatinphosphat (CP, eine Speicherform des gängigen Ergänzungsmittels Creatin), welches bei entsprechender Belastung die ATP-Synthese unterstützt und speist. Diese CP-Speicher reichen in der Regel für 8-12 Sekunden aus.
Je nach akutem Energiebedarf springt hier nun die Glykolyse ein – unser zweites anerobisches Energiesystem, welches ATP-Moleküle aus dem Abbau von Kohlenhydraten generiert (welche im Muskel in Form von Glykogen gespeichert sind). Das Problem der Glykolyse: sie ist relativ ineffizient und produziert gleichzeitig Wasserstoffionen (H+) als Nebenprodukt. Kennt ihr nicht auch ihr dieses Muskelbrennen beim Absolvieren von schweren Kniebeugen? Tja, das sind unsere neuen, lieb gewonnenen Freunde, die Wasserstoffionen – die Muskulatur übersäuert.
Womit wir auch den Brückenschlag zum Natron haben. Zwar verfügt unser Körper über mehrere interne Puffersysteme, die dazu in der Lage sind diese Ionen abzupuffern, doch auch diesen sind gewisse Limitationen gesetzt. Auch Natron kann zur Abpufferung dieser Ionen eingesetzt werden und so die Übersäuerung der Muskulatur hinauszögern. Dies heisst simpel formuliert aber nichts anderes, als dass ihr üblicherweise in der Lage seid länger und härter zu trainieren.
Studien zu den ergogenischen (d.h. leistungssteigernden) Effekten von Natron gibt es zu Hauf. So untersuchten Bishop/Claudius (2005) beispielsweise die Auswirkungen der Natron-Supplementation auf die Sprintleistung bei 7 Athletinnen (Durchschnittalter von 19 Jahren).
Zuerst maß man die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) der Studienteilnehmer. In einem zweiten Durchlauf – rund 48 Stunden später – verabreichte man den Probanden in einem randomisierten Verfahren entweder Natron (0,2g/kg, rund 90 und 20 Minuten vor dem Sprinttest) oder ein entsprechendes Placebo. Ein weiterer Sprinttest folgte eine Woche später. (Washout Period) Im zweiten Test erhielten dann die Athleten, die vorher das Placebo erhalten haben, eine Gabe Natron und vice versa. Der Studienaufbau imitierte hierbei die Situation einer art-typischen Mannschaftssportart mit intervallartigen Sprints (2 Minuten Sprint-„Block“). Nach einem „All Out“-Sprint von 4 Sekunden folgte eine Phase der aktiven Erholung (100 Sekunden), sowie einer kurzen Ruhephase (20 Sekunden).
Die jeweilige Test- & Placebogruppe absolviert bei den Sprinttest eine identische Menge an totaler Arbeit. Es zeigte sich jedoch, dass die Arbeitskapazität der Natron-Gruppe bei 7 der 18 angesetzten Sprints des zweiten Blocks signifikant höher ausfiel, als bei den Athleten, die ein Placebo erhielten. Gleiches gilt für die „peak power“ bei 8 von 18 Sprints in der zweiten Hälfte.
Die Forscher resümieren: „The results of this study suggest that NaHCO3 ingestion [Natron] can improve intermittent-sprint performance and may be a useful supplement for team-sport athletes.” [1]
Etliche Eisensportler geben gutes Geld für (mittlerweile günstig zu kriegendes) Creatin aus, um ihre Creatinspeicher zu sättigen und so die Intensität des eigenen Workouts zu erhöhen, doch nur die wenigsten Athleten behelfen sich (gleichzeitig) mit Natron. Die ergogenischen Effekte des Sodium-Bicarbonats, welche die körpereigenen Puffersysteme unterstützen und so die Akkumulation von Wasserstoffionen hinauszögern, haben sich bereits in zahlreichen Studien nachweisen lassen. Sportarten und trainingsspezifische Übungen, die sich des aneroben Systems bedienen (Sprinttraining, Kraftsport, Mannschaftssportarten mit intervallartigen explosiven Bewegungen), scheinen von einer Ergänzung mit Natron zu profitieren.
Die typische Einnahmeempfehlung (Standard-Dosis) liegt bei knapp 200-300 mg/kg Natron 60-90 Minuten pre-workout, allerdings sollte sich der neugierige Athlet mit langsamen Schritten herantasten und die vorgeschlagene Dosis nicht überschreiten. Ein zuviel an Natron kann u.a. zu Magengrummeln und Unwohlsein fühlen und sollte daher mit Vorsicht dosiert werden. [2]
[1] Bishop, D. / Claudius, B (2005): Effects of induced metabolic alkalosis on prolonged intermittent-sprint performance. In: Medicine and Science in Sports and Exercise. URL:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15r870629.
[2] Examine.com.: Sodium-Bicarbonate URL:
http://examine.com/supplements/Sodium+Bicarbonate/.