Beziehungsstatus: kompliziert
Ich hab unlängst ein sehr spannendes Buch gelesen, das mich dazu veranlasst hat die dort erwähnten Punkte hier zur Diskussion zu stellen, weil mich Eure Ansichten dazu interessieren. Das Buch trägt den Titel "Beziehungsstatus: kompliziert" und ist von Nina Deißler und es geht darin nicht nur um Beziehungen sondern auch um die Sichtweise von Männern auf Frauen und umgekehrt, um Flirt und natürlich auch um Sex.Die Autorin ist ein auf Flirt und Partnersuche spezialisierter Coach, somit stammen die in dem Buch angeführten Beispiele aus ihrer praktischen Arbeit mit KlientInnen.
Es gibt heute unendlich viel mehr Optionen als noch vor etlichen Jahren, jemanden kennen zu lernen. Viele Leute verbringen auch sehr viel Zeit damit, doch sind damit aber immer seltener erfolgreich. Durch die stetig wachsenden Erwartungen suchen alle nach Mr./Mrs. Right und laut der Autorin haben 30jährige mittlerweile doppelt so viele Trennungen hinter sich wie die heutigen 60jährigen. Laut der Autorin geben die jüngeren Leuten Beziehungen zu wenig Zeit, sich zu entwickeln, weil sie in der Illusion leben, das der Partner/die Partnerin die Aufgabe hat, den/die andere glücklich zu machen. Doch Beziehung hat viel mehr mit Arbeit (an sich und an der Beziehung) zu tun und die Glücksmomente sind eher die Highlights, was wohl den wenigsten klar sein dürfte. Sie vergleicht eine Beziehung mit einem Garten, der gehegt und gepflegt werden sollte und es liegt an beiden, was dort angepflanzt wird und wenn sich niemand darum kümmert wird er natürlich von Unkraut überwuchert werden bzw. werden die Pflanzen absterben.
Bereits bei der Partnerwahl geben die meisten - wenn man sie fragt - eher nur politisch korrekte Antworten, die Wahrheit sieht jedoch anders aus. Beide Geschlechter wünschen sich eine/n attraktive/n Partner/in. Männer wollen eher unerfahrene Frauen, Frauen erfahrene Partner. Männer suchen eher schlanke Frauen, Männer eher große Männer. Beide suchen zwar angeblich jemanden auf Augenhöhe, doch die Frau darf für Männer keinesfalls überlegen sein und die Frauen wollen auch lieber zu einem Mann aufschauen. Das Ergebnis ist, dass gebildete, erfolgreiche Frauen und ungebildete, erfolglose Männer übrig bleiben.
Bei der Gelegenheit fällt mir ein anderes Buch ein, das ich unlängst gelesen habe, das die Menschen hinsichtlich ihrer Bindungsfähigkeit betrachet (Näheliebende, Stabile, Nähevermeidende) und dass die Stabilen relativ einfach jemanden finden während die Näheliebenden und die Nähevermeidenden übrig bleiben, die jedoch miteinander gar nicht können und das deshalb zu so vielen Dramen führt.
Außerdem suchen viele Menschen (und das ist auch durch psychologische Studien bestätigt) jemanden, der einem Elternteil ähnelt.
Besonders lustig ist, dass viele Frauen sich von ehrgeizigen Männern angezogen fühlen. Wenn ein Mann nur an sich denkt, dann vermuten viele Frauen eine starke Persönlichkeit und hinter der coolen Fassade verbirgt sich garantiert eine einfühlsame Seite, was sich zumeist als Irrtum herausstellt. Männer, die sich jedoch rücksichtsvoll verhalten und auf die Frauen eingehen werden als Partner nicht ernst genommen sondern lieber als guter Freund betrachtet. Männer, die also nicht mehr als Macho sondern als einfühlsamer Frauenversteher unterwegs sind, haben es also bei Frauen sehr schwer.
Umgekehrt wirken Frauen, die ihre Verletzlichkeit mit einem betont selbstbewussten und unabhängig wirkenden Auftreten zu kaschieren versuchen, auf viele Männer abschreckend. Sehr viele Männer wollen jedoch das Gefühl haben, von einer Frau gebraucht zu werden und mögen keine, die zu deutlich zeigt, dass sie ganz gut ohne ihn auskommen kann.
Und auch beim Flirten gehen viele Dinge schief, weil mittlerweile viele Menschen gar nicht mehr richtig flirten können. Während die meisten Männer eine Begegnung mit einer Frau als Gelegenheit wahrnehmen, eine Frau zu erobern sind die meisten Frauen vor allem am Anfang viel zu misstrauisch und zurückhaltend. Während der Mann also relativ schnell wieder aufgibt und glaubt, die Frau sei desinteressiert, ist sie erst noch damit beschäftigt, Informationen über das Gegenüber einzuholen, um herauszufinden, ob ihr der Mann (auch sexuell) etwas bieten kann. Die Autorin empfiehlt also den Männern mehr Ausdauer beim Flirten und den Frauen etwas weniger Misstrauen.
Und den Punkt finde ich besonders spannend: Frauen haben - laut der Autorin - lieber gar keinen als schlechten Sex. Wobei beide Geschlechter Sex gleichermaßen genießen. Jemand mit vielen sexuellen Erfahrungen wird in unserer Gesellschaft als positiv gesehen wenn er ein Mann ist und negativ beurteilt wenn es eine Frau ist.
Somit dürfen Männer diesbezüglich viel offener umgehen, während wir Frauen abgewertet werden.
Fazit: Laut der Autorin ist zuerst einmal radikale Ehrlichkeit sich selbst gegenüber erforderlich, denn oft sind jene Dinge, die uns an unserem Partner/der Partnerin am allermeisten nerven, jene, die wir selbst an uns nicht mögen, jedoch verdrängt haben oder was wir selber gerne hätten.
Um eine Basis für eine dauerhafte Liebe aufzubauen müssen wir unsere falschen Vorstellungen über Bord werfen, Verständnis und Wertschätzung für das Gegenüber zeigen und offen und mit Freude auf potenzielle Partner zugehen.
Und jetzt bin ich schon sehr gespannt, was Ihr dazu sagt.