Tolles Thema, lieber Antaghar! *blume*
Ein sehr interessantes und ein vor allem für die Betrachtung unserer aus den Fugen geratenen Gesellschaft relevantes Thema!
Und vielleicht können wir durch die Diskussion dieses Themas uns unseres auf uns zukommenden Lebensabschnitts bewußt werden und uns damit helfen, uns bewußter darauf vorzubereiten, zumal wir uns leider wenig von unseren heutigen Alten abgucken können. (Wobei ich nicht behaupten möchte, dass jeder eine weise Alte/r sein KANN oder sein muss..)
Was sind die Voraussetzungen, um als Alte/Alter die Position einzunehmen, die wir uns von ihnen wünschen, auch die der weisen? Und die eine Gesellschaft auch dringend braucht. Materialistisch betrachtet, weil dass den meisten immer gut eingeht: Viele Unternehmen erkennen bereits den ungeheuren Verlust des Know-How (Wissen) und holen sich das "Graue Gold" zurück oder suchen nach Möglichkeiten, dieses Gut nutzbar zu machen. Wer früher bereits ab 45 als "Altlast" betrachtet wurde und bereits auf der Abfindungsliste stand, darf heute ein wenig entspannter sein.
Leider hat sich diese Einsicht noch nicht bei den MENSCHEN in Bezug auf Lebenserfahrung eingestellt. Weder bei den Gebenden noch bei den "Bedürftigen".
Aber wie ich schon fragte: Was braucht man (als Alte/Alter).
Zu allererst einmal überhaupt den WUNSCH, Lebenserfahrung weiterzugeben. (Nebenbei bemerkt: Die meisten Alten, die ich kenne, geben auch keinen Rat sondern wollen einem sagen, wie es "richtig" ist oder einem nachdrücklich erzähle, was an unserem Heute alles verkehrt ist. ODer es ist ihnen schlicht egal, sie sind im Grunde desinteressiert.
Und damit beginnt das Dilemma.
(Zunächst) egal wodurch: Die Alten sind ab ca. Mitte 50/60 einfach abgespalten. Die Pensionierung wird angestrebt, Dauerurlaub, nichts mehr "machen" müssen, alle Verantwortungen endlich abgeben können. (Bei Naturvölkern gibt es diese Phänomen der Aufgabenlosigkeit nicht.)
Unsere Gesellschaft bietet Raum für Reglosigkeit. Alle Aufgaben dem Staat. Und nach Pensionierung ist alles "im Sack".
Es scheint wie ein Rennen zu sein, viel Energie für das Danach. Und dann endlich... Golf?? Aus Sicht des passionierten Golfers ein (völlig legitimer) Traum, endlich mehr Zeit zu haben. Aus Sicht der Allgemeinheit eine Katastrophe, wenn alle anderen Fähigkeiten "weg"gelocht sind.
Somit braucht man auch die Erkenntnis, dass Lebensaufgaben sich wandeln. Diesen Lebensabschnitt mit der/einer Aufgabe, sich selbst weiterzuentwickeln zu sehen, ist den meisten fremd. Allenfalls für eine bestimmte Fertigkeit.
Diesen Lebensabschnitt überhaupt mit einer Aufgabe FÜR andere, und sei es nur als Ratgeber, in Verbindung zu sehen... Allenfalls für die unmittelbaren Verwandten. Und das bedeutet meist Last. Last, sich um die noch älteren Eltern zu kümmern. "Gott sei Dank, kann ich meine Enkelkinder wieder abgeben. Hoffentlich zieht mein 27jähriger Sohn nach Beendigung des Studiums aus. Nein, meine in Trennung lebende Tochter mit ihren Kindern vorübergehend aufnehmen? Ach, keiner will doch wissen, was ich denke...."
Aber nicht jeder ist in der Lage dazu, bringt nicht die Voraussetzungen mit (wie auch bei den Naturvölker nicht jeder Alte ein Weiser ist). Also: Welche Voraussetzungen?
Ich kenne nur einen, der (mir) das geben konnte, was wir uns von "Alten" erhoffen, wünschen.
Meinen Großvater (er starb vor 12 Jahren). Er hat mir nie gesagt, was ich tun sollte. Wenn ich mit einer Frage zu ihm kam (und das tat ich im Laufe der Jahre oft), unterhielt er sich zunächst mit mir über die Situation, die mir Kopfzerbrechen machte. Er erzählte von sich oder anderen, ähnlich gelagerten Fällen, zeigte mir "wenn.. dann.." auf. Manchmal kam am Ende eine Einschätzung seinerseits und was er tun würde. Nie mehr. Meine Mutter war ganz anders, sie versucht - bis heute
vorzuschreiben
warum ich sie auch nie frage...
Ich fragte meinen Opa, warum er das nie machte. Die Antwort sinngemäß: Weil DU die Verantwortung für dein Handeln hast und auch selbst entscheiden willst. Wenn ich dir sage, was du tun sollst, bin ich für dein Handeln mitverantwortlich. Das kann ich tun und sein, wenn du anders nicht klarkommst. Aber eigentlich mußt du deinen eigenen Weg finden. Mein Weg ist ein alter, in Deiner Welt lebe ich nicht.
Und deshalb bin ich immer wieder hin.
Ich denke, er hatte diese "Voraussetzung".
Allerdings hatten seine Kinder, meine Mutter und mein Onkel, keine solche Beziehung zu/mit ihm. Dort war er eher autoritär, fast despotisch. Uns alle wunderte dies. Viellelicht, weil er die Vormundschaft nicht aufgeben wollte/konnte...
Also denke ich, dass ein gewisser persönlicher Abstand auch notwenig ist.
Den größten Schmerz bereitete ihm als er (zum Glück zusammen mit meiner Großmutter) in ein Seniorenheim mußte. Nur alte Menschen und der Tod wie er meinte.
Keine Faulheit eintreten lassen. Sich jeden Tag aufs Neue zu informieren, sich mit anderen auszutauschen, sich mit dem "Geschehen in der Welt", sowohl politisch wie auch kulturell auseinander zu setzen. Lesen... reden... Lesen... reden... Arme (oder glückliche!) Oma: Sie mußte jeden morgen mit ihm die beiden abonnierten Tageszeitungen lesen (eine war die Times), und dann unterhielten sie sich. Daran haben beide festgehalten, solange es ging.
Egoismus, Desinteresse, Faulheit. Und die daraus resultierende Unzufreidenheit. Mit sich und mit allen anderen, die dafür verantwortlich gemacht werden. Manchmal denke ich: Die Welt "unter 60" soll für viele Alte eine Art Zoo sein, in den sie gehen können, wenn sie sich einsam fühlen oder etwas brauchen, wo sie sich unterhalten lassen können. Schließlich haben sie ja - bis zur Pensionierung - etwas GELEISTET! Und nun wollen sie was zurück. Natürlich gebührt einem Menschen Achtung und ANerkennung für seine langjährige Leistung. Und eben darin sehe ich ein Problem. In der Haltung, seine Lebensleistung in den Arbeitsjahren sehen zu wollen.
Und diese Haltung wird sehr früh eingenommen, sonst würden Menschen nicht zu "solchen Alten" werden...
@****is
Auch eine Blume von mir für Deine Mutter! Was Du schreibst erinnert mich sehr an meine Omi.