Religion ...
... kann einerseits ein Lustkiller sein und andererseits auch Zwänge auferlegen. Muss es aber nicht. Es kommt immer darauf an, was der Einzelne und Dritte daraus machen und wem gestattet ist, die Religion zu verbreiten. Letzteren wird Macht eingeräumt und das Macht missbraucht werden kann, also auch korrumpiert wird, steht außer Zweifel und darf überall erfahren werden.
So wurde und wird „Gott“ im Christentum quasi – oftmals auch von den Eltern – zum „big brother“ auserkoren. Er sieht und durchschaut alles. Kein Winkel bleibt vor seinem wachsamen Auge verschont und er gestattet auch keine Intimität. Ob auf dem Schulweg, bei den Freunden oder nachts im Bett. Immer dann, wenn die Kinder dem Blickfeld der Eltern entzogen sind, muss Gott herhalten, um mögliche Defizite in der Erziehung auszugleichen. Ich weiß nicht, ob es ihm tatsächlich gefallen würde, als derart praktisches Erziehungsinstrument in Form eines Gesetzes- und Schuldnergottes missbraucht zu werden. Der Glaube wird entwürdigt und dazu benutzt, jede selbständige und gesunde Entwicklung mit den sich hieraus ergebenden Folgen zu verhindern. Frielingsdorf hat hierzu einmal sinngemäß – konkret kann ich es nicht mehr wiedergeben - gesagt, es handele sich um einen Gott, "der alles akkurat in die Lebensrechnung eintrage. Er sei so ein unheimlicher Schnüfflers und moralischer Wachhund in der Stellung als Weltpolizist und als Schuldnergott". Wird man so durch das Christentum erzogen, ist man dazu berufen, einen Frondienst mit unüberschaubaren Verboten und Geboten zu leisten. Es werden immer unbezahlte Rechnungen für übertretene Gesetze, genommene Freiheiten und für nicht erbrachten Gehorsam offen bleiben. Die hiermit einhergehenden Schuldgefühle werden das Leben zur Qual machen und dies stellt zweifelsohne einen Machtmissbrauch derjenigen dar, denen diese Macht gegeben worden ist.
Das Christentum und die Religion in seinen Ursprüngen soll befreien und wird oder wurde in der pseudoreligiösen Erziehung, an der die Kirche nicht ganz unbeteiligt ist, als Instrument der Unterdrückung verwandt. Aber die Verantwortung tragen weder die Glaubensrichtungen, die Religion und beim Christentum die Kirche. Immer sind es die Menschen, denen die Macht verliehen worden ist, die Religionen zu missbrauchen. Macht korrumpiert insoweit tatsächlich und deren Missbrauch griff auch auf die Sexualität über. Was nicht gewünscht war, wurde zur Sünde deklariert. Man denke historisch nur an Offene Haare, kurzen Röcken, Tanzen, selbst der Blick in den Spiegel oder das an sich oder miteinander Spielen und die Lust, die verteufelt worden ist.
Die so vergewaltigten Religionen haben die menschliche Lebendigkeit im Laufe der Zeit eingeschränkt. Es ist schwer aus den Köpfen herauszubekommen, dass die Bibel grundsätzlich sexualfeindlich sei und sich hieraus ergeben solle, auf viele der heute praktizierten Formen von Sexualität zu verzichten. Das Ganze nimmt auch kein Ende. Man denke an die Bewegung „Wahre Liebe wartet“ um die sexuelle Abstinenz vor der Hochzeit zu propagieren. Religiöse Sexualfeinde, die Sexualängste schüren, wird es – befürchte ich - immer geben. Die Verurteilung und Diskriminierung der Sexualität hat im Christentum eine lange Tradition und wird leider mit Uneinsichtigkeit gepflegt. Möglicherweise liegt es daran, dass gelebte Sexualität durch Loslassen – im Übrigen eine tief religiöse Erfahrung - gewohnte Ordnungssysteme verlässt. Die Wildheit und Unkontrolliertheit der Sexualität macht allem Anschein nach denjenigen Angst, die der jeweiligen Glaubensrichtung weltlich vorstehen, also Macht ausüben. Um die – besser ihre – Stabilität nicht zu gefährden, muss die Sexualität folglich streng kontrolliert werden. Diese Kontrolle benötigt aber eine Legitimation. Im Christentum wird hierzu auf die Bibel zurückgegriffen und die Sexualfeindlichkeit dort einfach hineinprojiziert. Ich persönlich finde sie dort aber nicht.
LG
Cabal