Das Internet ist ja ein noch recht junges Medium der Begegnung. Noch dazu anonym.
Und was mich auch immer wieder wundert: Die Bereitschaft, sich völlig fremden Menschen gegenüber nahezu komplett zu öffnen. Da werden Gedanken mitgeteilt, die man seinen engsten Freunden nicht anvertraut. Da wird sich auf die Suche mit dem Wunsch nach z.B. Sexpraktiken gemacht, die man sogar an seinen langjährigen Lebenspartner nicht heranträgt (und wie oft mit der Begründung: "brauche ich gar nicht erst versuchen, macht der/die sowieso nicht mit").
Ja, ich denke auch, dass es an den zu hohen, bzw.
falschen Erwartungshaltungen liegt (stelle ich mir vor - selber habe ich noch keine Internetbekanntschaft gesucht oder gemacht).
Meist steht hinter dem Bemühen die Suche nach einem (neuen) Partner.
Warum stimmt die “Chemie” plötzlich nicht mehr ???
Vielleicht eine "falsche" Frage. Müßte sie nicht heißen: Wieso stellt sich bei "virtueller" Sympathie nicht auch reale Sympathie (= stimmige Chemie) ein?
Ich bin ganz bestimmt kein Mensch, der rein auf Äußerlichkeiten abfährt. Ich bin nun fast 20 Jahre mit meinem Mann zusammen. Immernoch spricht mich seine Art, sich zu bewegen, seine Körperhaltung im Gespräch an. Ich liebe seinen ganz eigenen (sauberen!) Körpergeruch wie am ersten Tag. Ich sehe den Menschen als "Gesamtkunstwerk" an, man kann nicht bestimmte Anteile einfach abspalten und völlig isoliert betrachten. Jemand, der sich nur noch auf sein Äußeres konzentriert und sein Geistiges vernachläßigt, wäre für mich genauso untragbar, wie jemand, der sich äußerlich völlig gehen läßt, z.b. übermäßig zunimmt. Mein Mann hatte eine Zeit, in der er aufgrund der beruflichen Anspannung das Frustfressen anfing und ziemlich zunahm. Ich hatte damit ziemliche Probleme, weil es mein Empfinden für Ästhetik berührt und das, was ich sexuell anziehend finde. Es hat meiner Liebe keinen Abbruch getan, aber sexy fand ich ihn nicht, was sich eben auch auf den Sex zwischen uns auswirkte.
Real im Gegensatz zu virtuell ist eben "3D" und nicht nur "2D".
Ein weiterer, mMn. sehr wichtiger Punkt für "die Chemie": Eines fehlt komplett in der virtuellen Begegnung: Das Miterleben können, wie der andere mit der Umwelt interagiert. Und das trifft einen mit voller Wucht. Denn das, was man von dem anderen bis zum realen Treffen kennen gelernt hat, steht ausschließlich in Bezug zu einem selbst.
Auf einer anderen Ebene kennen wir das alle doch auch: Man ist mit jemandem zusammen. Wirklich kennen lernen und wissen, ob man auch zusammen paßt, erlebt man erst, wenn man eine Weile zusammen gelebt hat.
Florestine