@HalberMond
Ist es das, was man weitläufig "nicht loslassen können" nennt?
Nein, ich denke eher Dein fast verzweifelt anmutendes Klammern an die Erinnerung an Deine verstorbene Mutter ist ein "nicht loslassen können".
Mich hat schon fast etwas erschrocken, was Du in Bezug auf Deine Mutter geschrieben hast.
Junge Kinder fühlen sich von ihren Eltern im Stich gelassen und empfinden es wie gemeines Weggehen, Verlassen, wenn sie sterben. Aus Sicht der Kinder verständlich, denn ihnen wird etwas genommen, was für sie im Grunde lebensnotwendig ist. Solange sie klein und noch nicht erwachsen und selbständig sind. Die Eltern sind fort und können ihre Aufgabe nicht zuende bringen.
Was erhoffst Du Dir, wenn Du Dich an Deine Mutter so erinnern könntest, wie Du es beschreibst? Was erhoffst Du zu fühlen?
Dass man als Eltern seine Kinder (auch) nicht (innerlich) losläßt, sondern sie in ihr Leben gehen läßt und trotzdem immer für sie da ist, ist mMn. der NORMALFALL. Dass man IMMER ihr Wohl im Auge und im Herzen hat, ist ebenfalls normal. Was man irgendwann tunlichst unterlassen sollte, ist Einfluß auf ihre Entscheidungen nehmen zu wollen. DAS sollte man loslassen! Viele Eltern reagieren ja recht merkwürdig, wenn ihre Kinder sich abnabeln. Ihre Kinder wollen nicht mehr den Einfluß, die (ewig "guten") Ratschläge ihrer Eltern, dann entziehen sie ihren Kindern (fast schon beleidigt) ihre Zuwendung. Loslassen = aufhören, zu lieben, bzw. Liebe zu zeigen. MMn. falsch verstandene Elternliebe.
Dass Eltern sterben, bzw. man den Tod der Eltern erlebt, ist der NORMALFALL. Wie schon von anderen hier beschrieben wurde, ist es Aufgabe der Eltern, dafür zu sorgen, dass Kinder lernen, selbständig zu sein, ohne Eltern leben zu
können.
Stirbt ein Elternteil, bevor sozusagen die elterliche Aufgabe erfüllt ist, bleibt zunächst eine Lücke. Und diese Lücke spürst Du vielleicht jetzt immer noch?
Loslassen. In Deinem Fall loslassen und Deiner Mutter verzeihen, dass sie Dich verlassen hat. Das ist nämlich das, was Du ihr vorwirfst. Noch heute. Du bist immer noch sauer auf sie. Und es gibt dann immer jemanden, den man verantwortlich machen kann. (Übrigens der größte Schritt ins Erwachsenenleben: Zu erkennen, dass man für sich selbst verantwortlich ist.)
Frag Dich mal selbst (Du bist ja auch Vater): Würdest Du freiwillig Deine Kinder verlassen, solange sie Dich brauchen? Wahrscheinlich nicht. So wird auch Deine Mutter Dich nicht verlassen haben.
Florestine
P.S.
Mein Vater starb als ich 17 war, danach war ich nur noch sehr kurze Zeit zuhause, und in der Zeit ging es mit meiner Mutter ziemlich hoch her!! Jahre später hatten wir mal wieder deftigen Streit, gegenseitige Vorwürfe donnerten nur so hin und her, typisch "Kind" machte ich sie für ALLES Schlechte verantwortlich. Plötzlich fragte sie mich: Selbst wenn das alles stimmen sollte, was Du mir vorwirfst, willst du dir DEIN LEBEN von mir und meinen Fehlverhalten nachhaltig versauen lassen? Soll ich SO einen Einfluß auf dich haben?
Verdutzter hätte ich wohl nicht aus der Wäsche gucken können. Es sackte ein, was sie da sagte... Und welche Chance sich da bot... Die ich dann auch ergriff.