Das Leben
Sicher stößt von Hagens mit seinen "Körperwelten" an Grenzen.
In erster Linie aber an Grenzen, die unser Kulturkreis absteckt und die u.a. auch durch die Kirche gesetzt wurden und werden.
Ein noch immer ganz großes Tabuthema ist der Tod. Über ihn zu sprechen, regt bei den meisten nahezu körperliches Unbehagen.
Andere Kulturen gehen da völlig anders damit um. Ich denke da an Feste die irgendwo in Lateinamerika auf Friedhöfen gefeiert werden, um die Verstorbenen einzubeziehen. Da ist der Tod nicht negativ behaftet. Auch andere Kulturen sehen im Tod nichts Schlimmes oder Böses, sondern eine Zwischenstation, vor der niemand angst haben muss.
Aber wir hier in Mitteleuropa sind eben anders erzogen. Der Tod flößt uns Angst ein, vor Toten grault uns, Friedhöfe sind zumindest Nachts etwas Unheimliches. Haben die Menschen in anderen Kulturkreisen, die das nicht so sehen, einen psychischen Defekt? Wohl eher nicht. Vielleicht sind die "normaler" als wir, weil sie den Tod als Teil des Lebens akzeptieren? Sicher, sie gehen eigentlich normaler mit dem Thema um, weil es nun einmal ein Bestandteil des Lebens ist. Es war ist und bleibt so: Mit der Zeugung beginnt das Sterben.
Und das nächste Tabuthema ist nach wie vor der Sex. Wie WiB erklärt, hat die Darstellung von präparierten Toten aus ihrer Sicht nur die Berechtigung, um Körperfunktionen zu erklären.
Das sehen wir anders. Körperwelten soll uns das Leben näher bringen. Von Hagens erklärt im Zusammenhang mit dem Liebespaar, dass der Liebesakt der erste Schritt zum Leben ist. Das er in direkten Zusammenhang mit dem absoluten Ende gebracht wird, das die beiden "Akteure" (aus deren Sicht vermutlich leider) bereits erreicht haben.
Ist es nicht eigentlich eine Nachstellung einer Szene, die das Schicksal im ganz realen Leben auf Ewig fixiert hatte? Ein Vulkanausbruch des Vesuv überraschte vor fast 2.000 Jahren ein Paar beim Liebsakt und Vulkanasche versteinerte es dabei. Makaber sagen die einen. Aber das Szenario setzte die Natur und was kann daran makaber sein?
Gar keine Frage: Für viele stoßen die "Körperwelten" an die grenzen des Geschmacks, an Grenzen von dem, was sie mit ihrer Erziehung in Übereinstimmung bringen können, an Grenzen, die uns der christliche Glauben bewusst oder unbewusst setzt. Gegen diese Befindlichkeiten wird man nichts tun können, denn die sitzen in den Köpfen fest.
Viele gehen damit unkompliziert um - und das ist gut so.
Mal abgesehen von den von Hagens'schen Körperwelten - wie viele Leute sehen im Swingen die Sittenlosigkeit pur, wie viele lehnen Pornos grundsätzlich als unmoralisch und was auch immer ab. Wie viele machen aus Sex außerhalb von Aufklärungsbüchern noch immer ein Geheimniss, besonders dann, wenn es um den eigenen Sex geht. Wie viele Männer schämen sich, wenn der Urologe per Anus die Prostata ertastet?
Also sind die Körperwelten im allgemeinen und die Darstellung von präparierten Verstorbenen beim Sex im Besonderen moralische und kulturelle Grenzen erreicht und für manchen auch überschritten.
Wir sehen es weniger emotional, sondern sachlich und so ist das für uns, wie eben auch viele andere OK, auch wenn es andere anders sehen.....