Der Nagel!
Mit welchem Aufwand befestigt die Wirtschaft von 1960 bis 2018 ein Hausschild, nachdem ein Bauherr den Wunsch geäussert hat, ein Hausnummernschild an einen Holzpfahl zu nageln?
1960:
Ein Bauarbeiter nagelt das Schild an, bedankt sich für eine dafür erhaltene Flasche Bier und geht..
Dauer: 20 Sekunden.
1970:
Bauarbeiter geht zum Polier. Der gestattet das Einschlagen des Nagels und nimmt wohlwollend die Flasche Bier und eine Leberkässemmel in Empfang.
Dauer: 20 Minuten
1980:
Bauarbeiter geht zum Polier; der zum Bauleiter. Dieser bespricht die Problematik mit dem Bauherrn bei einem Mittagessen, das der Bauherr bezahlt. Dafür verrechnet er dem Bauherrn nur eine Regiestunde sowie eine Schachtel Nägel. Dauer 2 Stunden.
1990:
Bauleiter holt (nach dem Mittagessen) drei Offerten bei Subunternehmern ein. Vergibt den Auftrag an den Billigstanbieter, schlägt 3% Generalunternehmerzuschlag auf und legt dem Bauherrn eine Rechnung + 20% Mwst. vor.
Dauer 2 Wochen
2000:
Bauleiter informiert Firmenchef. Dieser holt fünf Angebote bei Einmanngesellschaften ein. Den Zuschlag bekommt der Billigste, verrechnet wird der Teuerste plus 7% Generalunternehmerzuschlag.
Dauer 2 Monate
2018:
Gleiche Prozedur wie 2000, jedoch zusätzlich:
Behördenbescheid, in dem ein statischer Nachweis verlangt wird sowie die Zustimmung des Architekturbeirates. Parallel dazu läuft eine Umweltverträglichkeitsprüfung an. Der Arbeitsvorgang wird in den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan der Baustelle eingearbeitet. Sicherheitsfachkräfte werden tätig. Der Hammer wird CE- zertifiziert, der Nagel aus einer Liste EU- zugelassener Befestigungsmittel ausgewählt. Der Arbeiter wird akademisch unterwiesen, wie der Nagel einzubringen ist. Er muss jedoch vorher noch zum Arbeitsmediziner, der seine geistige und körperliche Eignung für die Tätigkeit “Nagel einschlagen” attestiert.
Wenn alles gut geht, die Umweltverträglichkeitsprüfung positiv ausgeht und die Bedenken des Architekturbeirates abgeschmettert werden können, darf der Nagel eingeschlagen werden. Ein Ziviltechniker beobachtet mit Argusaugen den ordnungsgemäßen Vorgang und siegelt das Abnahmeprotokoll. Nagelstatik und Abnahmeprotokoll fließen in die “Unterlagen für spätere Arbeiten” ein. Der Generalunternehmerzuschlag wird auf 30% nachjustiert. Das Datenblatt des Nagels, der Nachtrag des Planungsbüros werden dann mit den aktualisierten Revisionszeichnungen im Anlagebuch abgelegt...
2022 wie 2018, nur findet man keinen Handwerker mehr, weil die auf den ganzen Sch...keinen Bock mehr haben.....