Alte Hüte?
Ich frage mich aber allen Ernstes, wem das "Ausgraben" zum Teil "uralter" Fälle nutzt, die oft kaum noch nachzuvollziehen sind?!
Sicherlich wirkt es etwas seltsam, dass gegenwärtig viele Dinge in die allgemeine Debatte geraten, die vor allem mit der katholischen Kirche im Zusammenhang stehen.
Ein Teil ist der Tatsache geschuldet, dass Belange der Kirche kein Tabu mehr sind, denn noch vor wenigen Jahren war es keinesfalls normal oder üblich, über die Kirche überhaupt und deren ENtwicklung zu spekulieren.
Zu stark war trotz angeblicher Trennung von Staat und Kirche, die Kirche in der Gesellschaft verankert, als das man da etwas vorbringen durfte, ohne anzuecken.
Filme und Bücher über seltsame Dinge um den Ursprung der Entwicklung des Christentums trugen dazu bei, dass die Geschichte zur Diskussion gestellt wurde. Die Person Jesus wurde von dem Sohn Gottes, als eher etwas Übernatürliches zu einer Person, die es ganz augenscheinlich wirklich gegeben hat. Aus der Mystifizierung wurde eine reale Geschichte. Damit verbunden kamen aber eben auch durch Forschung und Auswertung voN Dokumenten, Schriften etc. Dinge ans Tageslicht, die so gar nicht in den Kram passten.
Es ist also ein aktueller Prozess, der die Glaubwürdigkeit der christlichen Lehre zumindest teilweise ins Wanken bringt.
Vieles zeigt sich plötzlich als weniger überirdisch und göttlich, als das insbesondere durch Katholiken verkündet wurde und worüber jedes Hinterfragen ausgeschlossen war.
Um den Bogen vorerst zu schließen:
Etwas weiter oben wurde erklärt, woher das Zölibat kommt. Es scheint also wirklich gar nichts mit Glauben und der christlichen Lehre zu tun zu haben, sondern sollte schlichtweg und ganz schnöde das Vermögen, Ländereien etc. der Kirche schützen. Erbe sollte allein die Kirche sein und nicht irgendwelche ganz normale irdische Kinder.
Und da passten weder Ehefrauen, geschweige denn Kinder als Erben ins Konzept.
Im Laufe der Jahrhunderte wurde aus den ganz simpel-materialistischen Erwägungen gottgewollte "Gesetzmäßigkeiten" manifestiert.
Aber gerade das Zölibat richtet sich eben gegen ganz normale, irdische, natürliche und menschliche Empfindungen und Bedürfnisse.
Sicherlich kann man sich einreden, man brauche keinen Sex. Und sicherlich gelingt es diesem oder jenen, diese Bedürfnisse zu verdrängen. Aber das kann nur mit bewusstem Handeln und ganz bewusstem Unterdrücken natürlicher Bedürfnisse einhergehen.
Es sollte nicht so schwer nachvollziehbar sein, dass auch wirklich tief mit der christlichen Lehre verwurzelte Personen diesem Druck nicht standhalten können.
Aber getreu dem Grundsatz es kann nicht sein, was nicht sein darf, wurde das unter den Teppich gekehrt und somit auch sexuelle "Verfehlungen" konnten als Tabu gar nicht den Weg an die Öffentlichkeit finden.
Und so passierte eigentlich genau das, was eine der größten Tugenden des Glaubens ist: Ehrlichkeit, Geradlinigkeit, Treue zur Lehre usw. wurde bewusst umgangen.
Warum das erst jetzt ans Tageslicht kommt?
Ja wann denn sonst. Man hat doch alles dafür getan, alles zu vertuschen, den Mantel des Schweigens so dicht wie nur irgend möglich zu halten.
Jetzt, wo sich die ersten Dinge ans Licht gekämpft haben, jetzt, wo man wagt, es öffentlich zu diskutieren - da ist es doch völlig normal, dass da eine ganze Welle losgetreten wird.
Das was jetzt bekannt geworden ist, dürfte wohl weniger als die Spitze eines Eisberges sein.
Die Welle beginnt doch erst, sich ihre Bahn zu brechen.
Wenn man davon schreibt, dass Sexualdelikte generell nur zu geschätzten 10% überhaupt bekannt und geahndet werden, dann kann man davon ausgehen, dass das Übergriffe unter der Obhut der Kirche keineswegs geringer sein werden.
Es ist also keine Hatz auf die Kirche, es ist der ganz normale Verlauf, wenn sich eine Flut den Weg an die Öffentlichkeit bahnt.
Und da man von Seiten der Kirche noch immer einigermaßen halbherzig an die vorbehaltlose Aufklärung wird das Thema auch noch lange präsent bleiben.
Das das natürlich für Medien ein "gefundenes Fressen" ist und man sich da mit besonderer Wollust und geheuchelter Betroffenheit und der scheinheiligen Absicht "die Wahrheit ans Licht" zu bringen auf alles stürzt, was da ins Thema passt - ja wen wundert denn das wirklich?
Egal woher ein Skandal kommt - die Medien leben davon - skrupellos und reißerisch.
Aber davon ganz abgesehen.
Haben es die Opfer nicht verdient, dass sie gehört werden?
Haben sie nicht das Recht, die zur Rede zu stellen, die da beteiligt waren und/oder die dazu beigetragen haben, zu vertuschen, zu verdecken oder auch Stillschweigen zu erzwingen?
Und wenn man da über Jahrzehnte nichts sagen durfte oder nichts zu sagen wagte - wer will es denen verübeln, dass sie nun um Gehör ringen?
Und wenn es möglich ist, die Täter auch strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen, was steht dagegen, das zu tun?
Ist es eine Frage der Zeit, das wenigstens anzusprechen?