Scheinheiligkeit....?
Am letzten Samstag ist es passiert - ein Wettkandidat bei "Wetten dass...?" patzt bei einer riskanten Wettdarbietung und verletzt sich dabei schwer. Nein , er entgeht denkbar knapp dem Tode.Sichtliche Betroffenheit bei den Moderatoren und auch eine gewissen Hilflosigkeit mit diesem schlimmen Vorall umzugehen.
Aber es wurde alles richtig gemacht. Die Kameras drehten sofort weg und hielten nicht sensationsgeil auf den Verunglückten.
Die soeben begonnene Sendung, die sicherlich richtig viel Geld gekostet hat, wurde aus Respekt vor dem Unglück abgebrochen.
Die Erklärung von Thomas Gottschalk, er können nicht so weitermachen, als wäre nichts geschehen und er können eine fröhliche Sendung unter diesem unmittelbaren Eindruck in Ausgelassenheit weiterführen.
Bis dahin eine Reaktion, die höchsten Respekt verdient.
Man kann nur oraklen, wie die privaten Sender reagiert hätten.
Was aber nun in den Medien folgt empfinden wir als scheinheilig.
Da wird in Frage gestellt, ob es richtig wäre, etwas zu zeigen, was mit so viel Risiko verbunden ist.
Man möge prüfen, ob es angemessen wäre, dass sich Leute in Gefahr bringen, nur um Quoten zu steigern.
Und in unzähligen Foren fordert man, mit diesem Wahnsinn aufzuhören......
An der Stelle geht mir der Hut hoch!
Wie scheinheilig oder wie kurzsichtig sind diese Reaktionen und Forderungen?
Wie populistisch wird das selbst im Parteienstreit aufgegriffen?
Seien wir doch mal ehrlich?
Wollen wir nur Heimatfilme sehen, wo Herz, Schmerz, Liebe und eitel Sonnenschein dominieren?
Ist es das größte zulässige Risiko, gebrochene Herzen zu befürchten, weil Oberarzt Dr. Heilgott die hübsche Stationsschwester Heidi erst verführt und dann doch lieber die Oberschwester nimmt?
Gefällt den meisten nicht besser, etwas zu sehen und zu erleben, was in Grenzbereiche geht?
Seien es Reportagen vom Besteigen der Eiger-Nordwand, die schon viele Todesopfer bei denen forderte, die sich dieser Herausforderung stellten? Oder Filmberichte, wo sich Reporter todesmutig an den Rand eines aktiven Vulkans wagen?
Oder Berichte von vorderster Front in den unseligen Kriegsgebieten.
Sind es nicht die Berichte, wo Reporter mit Helm und Splitterschutz vor der Kamera stehen, währen im Hintergrund Granaten einschlagen und Gewehrfeuer hämmert?
Sind es nicht die schnellen Autos, die mit rund 300 km/h im Kreis fahren und sich beim kleinsten Fehler in ihre Einzelheiten in ihre äußeren Bestandteile auflösen, während in diesem Fall zum Glück zumindest in den Letzten Jahren bei der Formel 1 die Piloten den nahezu pulverisierten Wracks meist unverletzt wie Phönix aus der Asche entsteigen?
Oder nehmen wir den alpinen Abfahrtslauf, wo jeder, der selbst mal auf Brettern stand, selbst genau weiß, dass da Sport und Wahnsinn dicht an dicht sind.
Bobfahren, Rennrodeln, überall gab es schon Todesfälle.
Ist es aber nicht trotzdem das und vieles andere was wir sehen wollen? Nicht die Toten oder Verletzten, sondern die Gratwanderung zwischen Schönheit und Katastrophe?
Natürlich wissen wir, dass da etwas passieren kann.
Und wir sind auch erleichtert, wenn den Personen nichts passiert ist. Aber nicht wenigen geht ein wohliger Schauer über den Rücken, wenn es mal nicht so glimpflich ausgeht...oder wenn wenigstens ein Bolide von der Strecke abfliegt oder ein Abfahrtsläufer nur noch von den Fangnetzen vor dem echten Abflug in die Tiefe gerettet wird.
Oder ist es der Gaudi der WOK-WM von Stephan Raab - das da noch nix passiert ist, sollte doch wohl eher Glück genannt werden, als kalkulierte Sicherheit.
Lassen sich aber Risiken überhaupt aus den Fernsehübertragungen herausnehmen?
Wohl kaum, denn wenn ich daran denke, dass sich der Turner Ronny Ziesmer eine Querschnittslähmung zuzog, als er als Turner von seinem Gerät stürzte. Bei einer ungeheuer anmutig wirkenden Sportart.
Wenn ich z.B. sehe, was die Turner z.B. an den Ringen zeigen, wo sie allein durch Kraft an den waagerecht ausgestreckten Armen in den Ringen "stehen" - wo ich vermutlich nicht mal über die gleich Zeit senkrecht dran hängen könnte.
Da werden Handballer so schwer verletzt, dass sie ein Pflegefall werden. Und so kann man eigentlich alle Sportarten durchgehen, völlig unabhängig ob es nun Kampfsportarten wie Boxen etc. sind, oder eben sogenannte "schöne" Sportarten.
Egal was, egal wie, es gibt kaum etwas, was die Zuschauer mehr reizt, als das wahrhafte Spiel mit dem Feuer.
Ich gebe ehrlich zu, dass ich mir durchaus solche Sendungen gern ansehe und durchaus auch mitfiebere, dass nichts passiert und einigermaßen schockiert bin, wenn doch etwas schief geht.
Und ich gebe auch zu, dass ich da nicht entsetzt den Fernseher abschalte, sondern dann doch ganz gern und genau wissen will, wie das ausgegangen ist und wo die Ursache für das Problem war.
Ich gehe davon aus, dass es Risiken immer und überall gibt.
Wenn ich mit dem Auto, dass ich ja für meine Job unbedingt brauche, bei dem Wetter raus muss, dann bin ich heilfroh, wenn mich nicht irgend ein Chaot abgeschossen hat und da war es in den letzten Tagen oft knapp! Oder wenn wir zum Urlaub zu Skifahren in die Alpen ziehen. Der "Fall" Althaus hat gezeigt, wie schnell es zur Katastrophe kommen kann, denn das was Althaus passiert ist kann wohl jedem widerfahren aber auch das was der leider zu Tode gekommenen Skifahrerin passiert ist. Wer selbst Ski fährt, wird einräumen müssen, das da wohl beide nicht ohne Schuld waren...
Mir ist klar, dass es nicht wenige gibt, die diese Haltung vielleicht nicht verstehen.
Wie geht Ihr mit diesem Thema um?
Wie steht ihr zum Thema "Kein Risiko" im Fernsehen, beim Sport oder wo auch immer?
Wie ehrlich sind diese jetzt zu Hauf ausgesprochenen Forderungen, für mehr Sicherheit sorgen zu müssen???
Ich bin gespannt....