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Welche Brennweite in der Personenfotografie?

*******bug Mann
123 Beiträge
Zitat von *****cat:
Die Brennweite ist bei der Abbildung von Proportionen überhaupt nicht beteiligt
Du hast natürlich recht. Im Endergebnis wirkt es aber so, weil niemand auf die Idee käme mit einem Weitwinkel aus 5 Meter Entfernung zu fotografieren und anschließend entsprechend zu croppen.
... aktuell
*****San Mann
7.477 Beiträge
Einspruch @ tabbycat

Die Veränderung der Brennweite führt automatisch auch zu einer Veränderung der Proportionen. Je größer die Brennweite, desto näher rücken die einzelnen Motivelemente näher heran. Bei einem Portrait mit langer Brennweite rücken also die Ohren näher an die Nase heran und das führt automatisch zu einer Veränderung.

Was die einzelnen Brennweiten bei einem Portrait ausmachen, ist hier schön erklärt
https://fotoschule.fotocommu … aet-und-brennweite-12-70-mm/
*****cat Mann
784 Beiträge
Zitat von *****San:
Die Veränderung der Brennweite führt automatisch auch zu einer Veränderung der Proportionen. Je größer die Brennweite, desto näher rücken die einzelnen Motivelemente näher heran. Bei einem Portrait mit langer Brennweite rücken also die Ohren näher an die Nase heran und das führt automatisch zu einer Veränderung.

Wie erwähnt: Ausschließlich ein Effekt der Perspektive. Die Brennweite brauchst du letztlich nur, um einen bestimmten Abbildungsmassstab gewährleisten zu können: Sprich, damit du aus deiner Perspektive heraus den richtigen Bildwinkel erfasst. Lies dir einfach den kurzen Artikel durch, den ich verlinkt habe. Der ist didaktisch absolut wertvoll.

Kurzversion: Wenn sich die Nase halb soweit entfernt vor der Optik befindet, wie die Ohren, dann werden die Ohren im Verhältnis eben nur halb so groß abgebildet = Knollennase. Bist du *100* mal weiter entfernt, ist die Nase nur noch 1% näher dran, was in punkto Vergrößerung kaum mehr bemerkt wird und sehr flach wirkt. Mit welcher Brennweite du den Effekt aufzeichnest ist im Prinzip völlig irrelevant. Nur wird es eben mit einer langen Brennweite und 10 cm Abstand lediglich ein Nasenauschnittsportrait, weil der Bildwinkel für mehr nicht reicht.

lg daniel
*********nackt Paar
7.465 Beiträge
Themenersteller Gruppen-Mod 
Zitat von *****San:
Bei einem Portrait mit langer Brennweite rücken also die Ohren näher an die Nase heran

Das will ich im Interesse meiner Ohren nicht hoffen. Die sollen mal schön da bleiben, wo sie sich derzeit befinden. *smile* Es kommt – Gott sei Dank – nur auf den Abstand zum Motiv an.

Meine Ohren liegen, grob geschätzt, 15 cm hinter der Nasenspitze. Wenn die Kamera 30 cm von der Nasenspitze entfernt ist, ist die Strecke Sensor - Nase 30 cm und die Strecke Sensor – Ohren 45 cm lang. Das ergibt ein Streckenverhältnis 2 zu 3 und die die Ohren werden deutlich kleiner abgebildet. Ist der Abstand zur Nasenspitze dagegen 5 m oder 500 cm, ist das Verhältnis 100 zu 103, also fast 1 zu 1. Die Ohren werden (fast) gleichgroß wie die Nase dargestellt.

@*****cat hat Recht, die Brennweite ist nicht wichtig.

Machen wir mal ein Gedankenexperiment. Wir nehmen eine Phase One XF mit Rückteil IQ4 150MP und das Schneider Kreuznach Sektor 35mm f3,5 LS D. Damit machen aus 5 m ein Foto. Die Kamera hat 151 MB auf einer Sensorgröße von 53,4 × 40 mm², das Objektiv 89° Bildwinkel (ein Schnäppchen, die beiden Teile kosten zusammen nicht mal 60 Mille).

Dann schneiden wir das Foto auf das Format des Sensors der Canon 400D, 22,2 × 14,8 mm². Es bleiben 24,5 MP übrig. Die Bildwirkung wird dann so, als ob es an der 400D mit einem 88 mm Objektiv aufgenommen wäre, Cropfaktor 2,5 zur Phase One. Die geometrischen Verhältnisse (Ohren, Nase) bleiben gleich, denn der Abstand ist immer noch 5 m.

Wir schneiden noch weiter, bis nur noch 10 MP übrig sind. Soviel hat die 400D auch. Dann ergibt sich ein Cropfaktor von 3,88 und das Bild wirkt so, als ob es mit 136 mm (an der noch verbliebenen Sensorfläche) aufgenommen wäre.

Es ist verwirrend. Schuld sind unsere Vorfahren, die vor 150, 170 Jahren ihre Objektive mit der Brennweite auszeichneten, statt mit dem eigentlich wichtigeren Bildwinkel. Hätte wenigstens Leica vor 100 Jahren auf sein erstes Objektiv statt »Brennweite 50 mm« »Bildwinkel 46°« graviert, wäre der Vergleich zwischen Sensoren unterschiedlicher Cropfaktoren heute viel einfacher.

Wenn wir aber akzeptieren, dass wir zwar »Brennweite« sagen, aber »Bildwinkel« meinen, hat auch der Brennweitenvergleich einen Sinn.
*********nackt Paar
7.465 Beiträge
Themenersteller Gruppen-Mod 
Wie kommt es zu dieser These, Brennweite verändere die Perspektive?

Machen wir auch dazu wieder mal ein Gedanken-Shooting. Wir gehen auf einen Fußballplatz und stellen das Model ins Tor, auf die Torlinie.

Wir nehmen unser weitwinkeligstes Objektiv und fotografieren so, dass die linke und rechte Bildgrenze genau mit den beiden Torpfosten übereinstimmt. Damit haben wir eine eindeutige Bildbegrenzung. Dann nehmen wir die nächstlängere Brennweite und fotografieren wieder mit den gleichen Bildgrenzen. Und so weiter mit allen Objektiven und allen Brennweiten.

Dann sehen wir genau das, was @*****San sagte:
Zitat von *****San:
Die Veränderung der Brennweite führt automatisch auch zu einer Veränderung der Proportionen.

Das Fußballtor ist immer genau bildfüllend. Das Model, dass auf der Torlinie steht, ist immer gleich groß. Die Proportionen vor und hinter der Torlinie verändern sich dagegen.

Was haben wir die unserem Shooting gemacht? Mit jeder längeren Brennweite sind wir weiter vom Tor weggegangen. Mit einem Extremweitwinkel stehen wir drei, vier Meter von der Torlinie weg, dann am Elfmeterpunkt und irgendwann am Mittelkreis oder in der anderen Spielhälfte.

Genau diese Veränderung des Abstands zwischen Fotograf/Sensor und Motiv ist für die Veränderung der Proportionen verantwortlich.

Würden wir vom weitesten Punkt mit der kürzesten Brennweite fotografieren und dann das Tele-Bild ausschneiden (croppen), blieben die Proportionen unverändert.

Dieses Extrem-Croppen macht keiner. Stattdessen wählen wir – instinktiv, automatisch – einen um so größeren Abstand zum Objektiv, je länger die Brennweite ist; oder umgekehrt, je größer der Abstand, desto länger ist die Brennweite, die wir wählen. Porträitaufnahmen mit einem 500er wären genauso ungeschickt wie wilde Löwen mit einem 50er.
*****cat Mann
784 Beiträge
Zitat von *********nackt:
Wie kommt es zu dieser These, Brennweite verändere die Perspektive?

Klassisches Problem der Verwechslung von Korrelation und Kausalität. Wenn man ein Motiv formatfüllend abbilden will, ergibt sich die Korrelation zur Brennweite ja zwangsläufig und zweifelsfrei, nur die Ursache liegt dann eben trotzdem oft woanders, weil man unwillkürlich andere Faktoren mit verändert (in der Statistik "Mediatoren" genannt). Solche Irrtümer, die einer klaren Korrelation eine Bedeutung der Ursache beimessen wollen, gibt es erstaunlich viele.

lg daniel
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