„Bei einem Portrait mit langer Brennweite rücken also die Ohren näher an die Nase heran
Das will ich im Interesse meiner Ohren nicht hoffen. Die sollen mal schön da bleiben, wo sie sich derzeit befinden.
Es kommt – Gott sei Dank – nur auf den Abstand zum Motiv an.
Meine Ohren liegen, grob geschätzt, 15 cm hinter der Nasenspitze. Wenn die Kamera 30 cm von der Nasenspitze entfernt ist, ist die Strecke Sensor - Nase 30 cm und die Strecke Sensor – Ohren 45 cm lang. Das ergibt ein Streckenverhältnis 2 zu 3 und die die Ohren werden deutlich kleiner abgebildet. Ist der Abstand zur Nasenspitze dagegen 5 m oder 500 cm, ist das Verhältnis 100 zu 103, also fast 1 zu 1. Die Ohren werden (fast) gleichgroß wie die Nase dargestellt.
@*****cat hat Recht, die Brennweite ist nicht wichtig.
Machen wir mal ein Gedankenexperiment. Wir nehmen eine Phase One XF mit Rückteil IQ4 150MP und das Schneider Kreuznach Sektor 35mm f3,5 LS D. Damit machen aus 5 m ein Foto. Die Kamera hat 151 MB auf einer Sensorgröße von 53,4 × 40 mm², das Objektiv 89° Bildwinkel (ein Schnäppchen, die beiden Teile kosten zusammen nicht mal 60 Mille).
Dann schneiden wir das Foto auf das Format des Sensors der Canon 400D, 22,2 × 14,8 mm². Es bleiben 24,5 MP übrig. Die Bildwirkung wird dann so, als ob es an der 400D mit einem 88 mm Objektiv aufgenommen wäre, Cropfaktor 2,5 zur Phase One. Die geometrischen Verhältnisse (Ohren, Nase) bleiben gleich, denn der Abstand ist immer noch 5 m.
Wir schneiden noch weiter, bis nur noch 10 MP übrig sind. Soviel hat die 400D auch. Dann ergibt sich ein Cropfaktor von 3,88 und das Bild wirkt so, als ob es mit 136 mm (an der noch verbliebenen Sensorfläche) aufgenommen wäre.
Es ist verwirrend. Schuld sind unsere Vorfahren, die vor 150, 170 Jahren ihre Objektive mit der Brennweite auszeichneten, statt mit dem eigentlich wichtigeren Bildwinkel. Hätte wenigstens Leica vor 100 Jahren auf sein erstes Objektiv statt »Brennweite 50 mm« »Bildwinkel 46°« graviert, wäre der Vergleich zwischen Sensoren unterschiedlicher Cropfaktoren heute viel einfacher.
Wenn wir aber akzeptieren, dass wir zwar »Brennweite« sagen, aber »Bildwinkel« meinen, hat auch der Brennweitenvergleich einen Sinn.