Erfahrungen aus Theorie und Praxis
Ich bin als Techniker ja immer für technische Superlative zu begeistern. Wenn wir aber mal ganz ehrlich zu uns selbst sind, ist absolut nichts verwerfliches an den Telezooms von Tamron und Sigma. Die sind nicht nur so gut, dass sich die Fotografen vor 15 Jahren noch die Finger danach geleckt hätten, sondern auch nach heutigen Maßstäben grundsolide. Selbst die absoluten Highend-Performer (Telefestbrennweiten), obgleich in quasi jeder Hinsicht zweifellos überlegen, liefern optisch Verbesserungen, die größtenteils nur noch messtechnisch relevant sind. Oder anders ausgedrückt: Wer mit den modernen Telezooms kein gutes Bild hinbekommt, sollte den Fehler in erster Linie bei sich suchen.
Um mal konkreter und praktischer zu werden, hab ich dir hier Fotos von meinem Tamron SP 150-600mm F/5-6.3 Di VC USD (also noch die erste Generation) als JPG SOOC angefügt. (Die langweiligen Motive und mäßige Gestaltung bitte ich zu entschuldigen.)
Wem das nicht scharf genug ist, dem ist nicht mehr zu helfen. Was die optische Leistung betrifft, ist das auch so ziemlich der worst Case, denn wir reden nicht nur von hohen oder maximalen Brennweiten und offenen Blenden, sondern oft auch über APS-C-DSLR für deren hohe Pixeldichte die Optik einfach nicht konstruiert ist.
Am AF habe ich relativ wenig auszusetzen; der zeigt sich an den meisten Kameras schnell, treffsicher und zuverlässig. (Ich hatte tatsächlich erst in diesem Jahr nach einem halben Jahrzehnt Einsatz eine etwas ernüchternde Erfahrung - also insgesamt ein guter Schnitt, zumal der Fehler nur von kurzer Dauer war.) Wirklich begeistert bin ich auch vom Bildstabilisator, der wirklich einen irren Job leistet. Inzwischen habe ich mir auch das G2 zugelegt, obwohl ich mit der ersten Generation wirklich durchweg zufrieden bin. Das Upgrade geschah hauptsächlich aus Kompatibilitätsgründen für die neuen Spiegellosen.
Wenn Du meinem Urteil nicht vertraust, dann schau dir bitte die Arbeit von hauptberuflichen Naturfotografen wie Morten Hilmer an, die auch als Besitzer einer 600mm f/4 Festbrennweite noch ein Tamron SP 150-600mm F/5-6.3 Di VC USD G2 ihr Eigen schimpfen und damit Ergebnisse erzielen, die ihren professionellen Ansprüchen genügen. Was ihm recht ist, kann uns Amateuren wohl billig sein.
Der Vergleich zu den Superlativen bringt mich auch schon zu dem meiner Meinung nach wichtigsten Punkt: Nachdem wir uns darauf geeinigt haben, dass die technische Qualität selbst nach kritischen Maßstäben als befriedigend angesehen werden kann, müssen für die verbleibende Auswahl auch andere Kriterien hinzu gezogen werden. Da die Lichtstärke bauartbedingt höchst vergleichbar ist käme für mich dann schon relativ bald das Gewicht.
Ich muss dazu sagen, dass ich meine Fotoausflüge in die Natur zum größten Teil mit dem Rad und zu Fuß bestreite und Größe und Gewicht also auch logistisch eine Rolle spielen. Aber selbst, wer mit dem Auto bis auf einen Meter an seinen Fotospot heran fährt, sollte einen Gedanken daran verschwenden. Mit zunehmendem Gewicht sinkt die Fähigkeit diese Objektive über eine Minute ruhig in der Hand halten zu können, nämlich rapide ab. Und selbst, wenn ich oft mit einem Stativ oder zumindest Einbein unterwegs bin, entstehen die allermeisten Fotos situationsbedingt doch aus der Hand.
Der Hinweis auf das Gewicht kommt übrigens nicht von einem Jammerlappen: Ich bin es gewohnt mit professionellen Camcordern zu arbeiten, die um die 10 kg wiegen.
Lange Rede, kurzer Sinn: Ich würde sowohl das Sigma 60-600mm F4,5-6,3 DG OS HSM Sports (1.700€, 2,7 kg) als auch das Sigma 150-600mm F5-6,3 DG OS HSM Sports (1.500€, 2,86 kg) links liegen lassen, wenn daneben solche attraktiven Kandidaten, wie das Sigma 150-600mm F5-6,3 DG OS HSM Contemporary (850€, 1,93 kg), Tamron SP 150-600mm F/5-6.3 Di VC USD G2 (960€, 2,01 kg) oder Tamron SP 150-600mm F/5-6.3 Di VC USD "G1" (760€, 1,95 kg) stehen.
Hoffe das hilft.