Trends 2021
„Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.“
Nach den Thesen für 2020, Fotografie & Technik: Trends 2020, will ich mich auch an Thesen für 2021 versuchen.
• Die Sensor-Auflösung wird weniger wichtig
• Welche Entwicklungen gibt es bei den Sensoren?
• Video wird die treibende Kraft
• Autofokus
• DUAL IS
• Kommunikation und Datentransfer
• Objektive
• Der Wechsel von DSLR zu Spiegellos wird sich beschleunigen
• Weniger Crop-Kameras
• Smartphones werden marktfähig
Die Sensor-Auflösung wird weniger wichtig
Weit über 20 Jahre war die Sensorauflösung der treibende Faktor bei neuen Kameramodellen. Die Auflösung war ein einfaches, jedem verständliches Qualitätsmerkmal, und Auflösungssprünge von 3 auf 5 MP oder von 5 auf 8 MP waren deutlich sichtbar. Eine verbesserte Auflösung war immer ein Grund, auf das Nachfolgemodell zu wechseln. Zum Beispiels Canon dreistellige: 300D – 6 MP, 350D – 8 MP, 400D MP – 10 MP, 450D – 12 MP, 500D – 15 MP, 550D – 18 MP. Neue Sensoren kamen im 18-Monate-Takt, auch im Einstiegsegment.
Inzwischen liegen alle APS-C-Kameras bei 20+ MP und weiterer Bedarf scheint nicht zu bestehen. Canon hatte 2019 einen 32,5 Sensor mit Dual Pixel AF für APS-C gebracht. Die Canon APS-C Kameras von 2020 hatten wieder den älteren 24 MP Sensor.
2020 kam es zu keiner Verbesserung der Auflösung, und die Auflösung scheint weniger Gewicht zu haben. Seit Jahren wabern neue Sensorgrößen durch die Gerüchteküchen. Canon soll einen hochauflösenden Sensor haben, die vermutete Auflösung steigt von Jahr zu Jahr, erst 60+ MP, dann 70 MP, 80 MP und jetzt 90 MP. Eine konkrete Kamera ist aber noch nicht in Sicht. Von Nikon gab es 2018 oder 2019 das Gerücht, dass sie einen Vertrag mit Sony über einen 60 MP-Sensor geschlossen hätten – das müsste der zur Sony a7R IV sein. Nikon hat seitdem einige neue Kameras gebracht, aber nichts mit 60 MP.
Von Nikon wurde ein interner Bericht durchgestochen, der besagt, dass sich die Z 6 viel besser verkaufe als erwartet, zu Lasten der Z 7. Z 6 und Z 7 sind Twins, die sich praktisch nur durch die Sensorauflösung unterscheiden. Viele Kunden sind mit 24 MP voll zufrieden und nicht bereit, mehr Geld auszugeben, nur um mehr Auflösung zu erhalten. Auch bei Sony verkauft sich die a7-Reihe besser als die A7R-Reihe (für Japan gibt es manchmal Zahlen nach Modell). Sony hat dieses Jahr die meiste Aufmerksamkeit und viel Lob für die a7S III mit nur 12 MP erhalten.
Es werden 2021 Vollformatkameras mit hohen Sensorauflösungen kommen, sie werden sicher auch viel Aufmerksamkeit bei Presse, Funk und Fernsehen erhalten, aber sie werden keine wichtigen Umsatzträger für die Hersteller sein – deswegen auch die Verzögerungen, die wir aktuell erleben. Anderes ist wichtiger.
Welche Entwicklungen gibt es bei den Sensoren?
Wenn die Auflösung nicht mehr die treibende Motivation für die Entwicklung neuer Sensoren ist, was dann?
Die zweite Kriterium nach der Auflösung für die Qualität eines Sensors ist Dynamikumfang bzw. das Rauschverhalten. Früher ein häufiger Kritikpunkt, wurde inzwischen ein sehr hohes Niveau erreicht. Besonders Sony mit den BSI-Sensoren (back side illuminated) war führend. In den letzten Jahren ist dieses Niveau zum Plateau geworden, weiter geht es nicht. Selbst die neue Sony a7S III hat das gleiche Dynamikverhalten wie die Vorgängerin a7S II. Canon hat kein BSI, konnte aber mit der R5 und R6 die Lücke zu Sony schließen. BSI ist bei Canon in der Pipeline, es gibt ein Patent für einen Dual Pixel-Sensor mit BSI.
Kriterium Drei ist der Autofokus. Bei DSLR sitzen die Sensoren für den Phasen-AF im Gehäuseboden, das Licht kommt durch den teildurchlässigen Spiegel dorthin. Anfangs verfügten spiegellose Kameras nur über Kontrast-AF. Kontrast-AF ist präzise, hat keinen Fehlfokus, ist aber langsam und daher dem Phasen-AF unterlegen. Bei Fujifilm, Nikon, Olympus, Sigma und Sony wurden AF-Messzellen im Sensor eingebettet, sie sitzen zwischen den regulären Pixeln, die die Bildinformationen liefern. Canon verwendet Dual Pixel-AF, alle Pixel können sowohl Bildpunkte als auch AF-Messdaten liefern. Jede Veränderung am AF-System verlangt nach neuen Sensoren. Nur Panasonic benutzt die Messmethode depth from defocus, die ohne AF-Messpunkte auf dem Sensor auskommt (die Methode wurde schon 1994 publiziert, zu Analogzeiten).
Was wird 2021 passieren? Am spannendsten für die Sensorentwicklung wird das Profi-Segment für Reportage, Sport und Wildlife sein. Dort wurde die Sensorgröße seit 10 Jahren kaum verändert. Canons EOS 1Dx von 2011 hatte 18 MP, die aktuelle Mark III aus diesem Jahr hat 20 MP. Nikon D5 und D6 haben 21 MP und Sony a9 liegt bei 24 MP. Jetzt sind aber Gerüchte über eine Sony a9-Version mit 50 MP aufgetaucht. Ich tippe auf ein Sondermodell für Videografen. Ich glaube nicht, dass die Standard-Profikameras auf 50 MP gehen werden. Canon hat auch etwas Besonderes für das Profi-Segment im Köcher (bzw. in der Gerüchteküche). Einen 20 MP-Sensor mit Global Shutter, 120 Bildern/Sekunde – Foto – und Quad Pixel AF könnte Ende 2021 in einer spiegellosen Version der 1Dx – Canons Profikameras – kommen; EOS R1 wäre ein passender Name.
Seit Jahren wird an neuen Sensoren geforscht. Der Faveon-Sensor war das bisher einzige marktreife Produkt für Kameras. Sigma, die die Firma Faveon übernommen hatte, hat 2018 die Faveon-Sensoren mit Cropfaktor 1,7 auslaufen lassen und eine Vollformat-Kamera Faveon-Sensor angekündigt. Sie sollte 2019 kommen, dann 2020. 2021 könnte es endlich soweit sein.
Die Smartphone-Sensoren werden viel variantenreicher weiterentwickelt mit dem Ziel mehr Leistung aus den kleinen Sensoren zu erhalten. Pixel binning, Quad-Bayer, Tetracell, Nonacell oder neue Farbmaskierungen, weg vom Bayer-Muster Rot-Grün-Grün-Blau sind die Schlagworte. Es sieht nicht so aus, ob 2021 etwas davon für die Kamerasensoren übernommen wird.
kurze Erklärungen
Global Shutter
Elektrische Verschlüsse haben einige Vorteile gegenüber den mechanischen, kein Verschleiß, sehr kurze Verschlusszeiten, geräuschlos. Bisher werden die einzelnen Pixel hintereinander, zeitversetzt ausgelesen. Das führt zu hässlichen digitalen Artefakten bei bewegten Motiven und beschränkt die Blitz-Synchronisation. Der Global Shutter verspricht das zeitgleiche Auslesen aller Bildpixel. Damit wären sehr kurze Verschlusszeiten möglich und es gäbe keine Bewegungsartefakte.
Dual Pixel AF / Quad Pixel AF
Bei Dual Pixel AF (DPAF) setzt sich jedes Pixel aus zwei Fotodioden zusammen, die beide für die Fokussierung über Phasenerkennung, jedoch auch für die Bildinfo zuständig sind. Bei Sony-Sensoren sind dagegen die AF-Phasendetektoren in den Sensor eingebettet. Wo die Detektoren sitzen, liefert der Sensor keine Bildinformationen; diese werden vom Prozessor interpoliert. DPAF ist ein sehr gutes AF-Messsystem, wenn die Kontraststrukturen aber parallel zur Messebene liegen, kann es ins Straucheln kommen. Beim klassischen Phasen-AF der DSLRs legt man deswegen zwei Liniensensoren senkrecht übereinander. Das Gleiche macht Quad Pixel AF (QPAF). Ein Sensorpixel wird in vier Sub-Pixel aufgeteilt, die wie ein Kreuzsensor agieren können.
Back side illuminated
Ein Sensor besteht aus kleinen Fotodioden, die Licht einfangen (Photonen) und diese Information in Elektronen speichern. An jede Fotodiode müssen verschiedene Leitungen herangeführt werden, damit das Pixel angesprochen und ausgelesen werden kann. Bei herkömmlichen Sensoren (front side illuminated, FSI) liegen diese Leitungen oberhalb der Fotodiode. Obenauf liegt ein grüner, roter oder blauer Farbfilter, die für die Farbinformation verantwortlich ist und ganz oben sitzt die Linse, die das Licht für die Fotodiode einfängt.
Wenn die Leitungen oberhalb der Fotodiode sitzen, verdecken sie ein Teil des Lichts, das von der Linse eingefangen wird. Daher haben verschiedene Hersteller (z.B. Omnivision, Sony oder Toshiba) die Sensoren umgedreht, so dass die Leiterschichten unterhalb der Fotodiode sitzen. Das hat auch Nachteile, höheres Grundrauschen und höhere Dunkelströme, aber nachdem die Nachteile abgemildert werden konnten, überwogen die Vorteile. Das Abdecken der Diode bei FSI ist umso kritischer, je kleiner die Pixelfläche wird. Daher profitieren besonders Smartphones und Kompaktkameras von der BSI-Technik, aber Sony hat BSI bis zum Vollformat geführt.