Ich möchte Euch gerne mitteilen, welche Erfahrungen ich in bezug auf Portraits gesammelt habe. Die sind natürlich rein subjektiv, haben sich bei mir aber gut bewährt.
Das Licht ist wichtig. Draußen mache ich die besten Portraits im Schatten. Durch die Wolken wird das Licht weich gestreut, das Model muss nicht von der Sonne geblendet die Augen zusammenkneifen, es gibt weniger oder keine harten Schlagschatten im Gesicht. Das Licht draußen ist besonders schön, wenn es entweder ganz früh morgens oder nachmittags ist. Dann ist das Licht von oben am wenigsten grell, im besten Falle schmeichelnd warm. Wenn das Modell vor einem sehr hellen Hintergrund steht, kann es passieren, dass das Gesicht ganz dunkel abgebildet wird und der Himmel natürlich sehr hell erscheint. Will man das Model so positionieren, dann sollte man einen Aufhellblitz einsetzen, also auch bei Sonnenschein blitzen. Hat der Fotograf das Licht im Rücken, trifft es in der Regel gut auf das Model und es wird gut ausgeleuchtet. Licht von der Seite formt das Gesicht und macht auf einer Seite hell und auf der anderen Seite Schatten. Das kann sehr markant und toll aussehen (z.B. bei tollen Männerköpfen), verstärkt aber auch gerne jede Linie im Gesicht. Nicht jede Dame möchte sich so sehen. Viel weiches Licht von vorne - auch Beautylicht genannt - läßt Fältchen verschwinden und macht eben "Beautybilder".
Die Brennweite ist wichtig. Portraits mit einem Weitwinkelobjektiv macht große Nasen und verzerrt das Gesicht. Finde ich nicht gut. 50 mm Brennweite sind eine tolle Einstellung für praktisch verzerrungsfreie Bilder, aber auch die klassische 85-er Brennweite ist toll. Auch mit 120 mm Brennweite habe ich schon richtig tolle Portraits gemacht. Die werden dann - wenn man möchte - formatfüllend, denn man muss dem Model nicht so sehr auf den Pelz kriechen.
Wichtig ist auch, die Augen scharfzustellen. Steht das Modell etwas seitlich, fokussiert man das nähere Auge an. Hier kann man auch gut die Gesichtserkennung einsetzen. Setzt man beim Portraitieren eine offene Blende ein (also eine Blendenzahl, die möglichst niedrig ist, z.B. 1.4, und stellt man das Model dann mit etwas Abstand vor einen Hintergrund, wird das Model (in dem Fall besonders das fokussierte Gesicht mit den Augen) scharf abgebildet, der Hintergrund verschwimmt. Das nennt man Freistellen und bewirkt, dass der Blick des Betrachters auf das Wesentliche, nämlich das Gesicht, gelenkt wird.
Ich fotografieren am liebsten mit Festbrennweiten, da sie in der Regel schärfer abbilden. Aber das ist Geschmackssache. Auch an einem Zoomobjektiv kann man die entsprechende Brennweite einstellen und wenn möglich, eine kleinere Blendenzahl wählen.
Schön ist auch, wenn man sich vorher überlegt, welchen Charakter das Portrait haben soll. Welche Umgebung passt zum Typ des Models? Will ich das Model in die Mitte des Bildes setzen oder eher an den Rand, weil ev. etwas Umgebung zu sehen sein soll, die die Bildaussage untersteichen könnte?
Da könnte man noch sehr ins Detail gehen. Das ist so meine persönliche Prioritätenliste. Ich hoffe, ich konnte ein paar Anregungen geben.
Liebe Grüße,
Sue