Zeit für die Renaissance des Galan Teil 1
Was ist ein Gentleman? Gut, diese Frage wird in der Gruppe heiß diskutiert und manchmal erscheint die Frage schon Anlass, zu zeigen, welche Alpha-Männchen die Definitionsmacht besitzen.
Daher ein „neuer“ Begriff, ein antiquierter - zugegeben! Der Galan (frz.) ursprünglich auch der „cavalier servente“ (ital.). Aber in einer Zeit der #MeToo-Debatte, in der Frauen sich beschweren, dass bisher „rühmliche“ Männer, gar mit akademischer Ausbildung, sich benehmen, wie Heinrich VIII auf Koks, wird man als „Mann“ doch mal nachdenklich werden. Nicht um die Nächste in irgendwelche Besetzungskisten zu bekommen und den Frauenversteher zu machen, sondern um zu schauen, wie es auch um ein Stück „Würde“ des männlichen Daseins bestellt sein sollte, ohne letztlich nach der Karriere im Knast zu landen.
Wie wäre es mit etwas mehr Etikette und die Haltung eines Galans? Braucht es nicht mehr Männlichkeit als weniger? Und muss die heute feminin angepasst sein?
Ich denke: Ja zum Ersten und Nein zum Zweiten.
Warum nicht auf ältere Muster, zumeist aus dem 19. Jahrhundert zurückgreifen und es variieren und modernisieren? Der alte Knicke ist zwar tot, aber Anstand nicht. Und nein, die Galanterie eines Gentlemans endet auch nicht, wenn er mit der Dame alleine ist. Anstand kann auch Teil eines Sicherheitsbedürfnisses sein, die man Frauen zubilligen sollte, nicht weil sie „das schwache Geschlecht“ wären, sondern weil dieses Bedürfnis zum Grundrecht des Menschen schlechthin gehört. Also auch für Kinder, Männer und sogar heute bezogen auf Tiere und Umwelt. Eine Haltung der Fürsorge, auch dort, wo wir alle so selbstständig und autonom sein wollen.
Galanterie, Etikette, Anstand - als Grundhaltung des Respekts. Als Verhalten, dass einen Mann angenehm macht in der Gegenwart von Frauen. Ein Typ, mit dem frau es in Gesellschaft, auf der Party, im Restaurant, sogar mit ihm allein im Raum und möglicherweise entfernt auch im Bett gerne zu tun hat. Es besteht die Aussicht, dass sie sich an ihn später - auch wenn keine langjährige Beziehung entsteht, mit einem Lächeln im Gesicht erinnert. Diesen Eindruck hinterlässt der Galan. Es wäre nicht der Schlechteste. Ist das heute zuviel verlangt?
Galan zu sein, und sei es für einen Abend, verlangt volle Konzentration und Aufmerksamkeit. Auch eine gehörige Portion Selbstsicherheit und sicheres Auftreten. Das Smartphone bleibt ausgeschaltet. Sie sind allein für sie da, und nur für sie und keinesfalls mit den Gedanken woanders. Das kann man erlernen und üben. Und zwar im Umgang mit jeder Frau, sogar mit der eigenen Schwester, der eigenen Mutter, der Lehrerin, also all jenen Frauen, die nie und nimmer für eine sexuelle Partnerschaft in Frage kämen. Ein dankbares Übungsfeld, bevor es dann ernst wird.
Selbstverständlich halten wir der Dame die Tür auf, wenn wir den Raum betreten. Und nun wird es schon schwierig, und erfordert Aufmerksamkeit. Dreht die Tür nach innen oder außen? Welcher Raum wird betreten? Einen, den beide kennen, der sicher ist, dass keine blöden Überraschungen warten? Dann kann der Herr die Tür ihr nach außen öffnen und sie geht hinein und er folgt ihr. Wollen beide aber z.B. eine Bar betreten zum ersten Mal in einer fremden Stadt, dann wird die Tür ihr von innen aufgehalten und er geht ihr voran. Er ist für diesen Abend nicht nur ihr Begleiter, sondern auch ihr Bodyguard, der den „fremden“ Raum auf mögliche Gefahren hin „scannt“. Es könnte sein, dass sich die angesagte Bar ja doch als eine üble Kaschemme entpuppt, wo eine ganze Horde von lüsternen Wikingern jeden Augenblick über „seine“ Dame herfallen. Ist das der unwahrscheinliche, aber dennoch der Fall, und eine Kneipenschlägerei würde losbrechen, gilt alle Kraft und Aufmerksamkeit dem Schutz der Dame. Es macht sich also nicht gut, sich ins Schlachtengetümmel zu werfen und der Dame imponieren zu wollen, dass man den schwarzrosa Gürtel in einer exotischen Kampfsportart besitzt und endlich die Möglichkeit bekommt, dies auch öffentlich zu demonstrieren. Nein, es gilt, die Dame sicher aus der Gefahrenzone zu lotsen. Das sollte ebenso geschehen, wenn die Örtlichkeit nicht ihrem Anspruch genügt oder sonstige Störfaktoren des Wohlbefindens auftreten. Die Dame besitzt in jedem Fall die volle Aufmerksamkeit und den Vorrang, an der Bar, am Tisch und sogar mit dem Hinweis, wo die nächste Toilette zu finden ist. Auch das gehört gleich abgecheckt. Bei Bedarf genügt ein kleiner Hinweis, nicht mehr.
Sollte sich übrigens die Dame selbst kampfeslustig ins Getümmel stürzen, so sind Sie trotzdem für Sie zuständig und treten nicht etwa den Rückzug an. Sie können aber dann sicher sein, dass Sie es so wollte und sollten Sie mit Rippenbrüche einige Wochen auf der Pflegestation zubringen müssen, dann werden Sie von ihr sicherlich herzlich besucht. So oder so sind Sie dann ihr Held des denkwürdigen Abends, einen, deren Erinnerungen Sie lange mit ihr teilen werden und Ihre Narben bezeugen, dass sie kein „Weichei“ waren. Provozieren sollten Sie das jedoch nicht. Nicht jede Versicherung macht solche Spielchen mit.
Der Galan ist eine andere Art von „Held“. Und glauben Sie, jede Frau steht auf „Helden des Alltags“ und seien die Damen von heute noch so emanzipiert.
Sie begleiten ihre Herzensdame angemessenen Schrittes an diesem Abend, haben zuvor ein Taxi bestellt - Sie sitzen mit der Dame immer hinten und Zärtlichkeiten im Taxi sind nicht angebracht! - und dann, wie es das Schicksal so will - bricht beim Ausssteigen, währen Sie die Wagentür aufhalten und ein Stück Weges gegangen sind, ein High-Heel. Das kann passieren. Umdisponieren, auch wenn die Opernkarte noch so teuer war und Sie als Galan nun barfuß laufen und ihre Dame in ihren Schuhen zum nächsten Taxisstand wandelt. Und am nächsten Tag besorgen Sie ihr gefälligst unaufgefordert und zeitnah ein neues Paar High-Heels von der gleichen Marke. Und lassen ihr diese bringen, natürlich mit Karte und einer Rose und bedanken sich für diesen ereignisreichen Abend artig. Das hat Stil und Fantasie. Sie dürfen insofern diese kleine „Schwäche“ der Dame sogleich ausnutzen und es zaubert mit Sicherheit wiederrum ein Lächeln auf ihr Gesicht und Sie bekommen mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Ihre eigenen Schuhe zurück und auch die Möglichkeit zu einem zweiten Date. Es zeigt der Dame im Übrigen das, was einen Gentleman auszeichnet: „Ich mache aus jedem Missgeschick das Beste daraus!“ Und solche Männer, seien wir doch mal ehrlich, braucht das Land.
©Dreamy2018