Bericht über die Insel "Gavdos"
Hallo zusammen!Heute mal wieder ein Reisebericht, dieses Mal von der kleinen Insel Gavdos, ca 35 südlich von Kreta.
Schon seit mehreren Jahren wollte ich nach Gavdos, erst macht Corona einen Strich durch die Rechnung und 2022 das Wetter, aber im September 2023 schaffte ich es dann doch.
Die Anreise erfolgte mit der ANEK Lines von Piräus nach Chania und wie man es von der ANEK auf der Kreta-Route gewohnt ist, mit Verspätung, dieses Mal jedoch erheblich , über 1 Stunde, was natürlich angesichts der Tatsache, dass ich von Chania aus rund 65 km teils über die hohen Berge in das an der Südküste gelegene Chora Sfakion fahren musste (Natürlich wie immer mit dem Bock ), da die Fähre von dort nach Gavdos pünktlich um 9.00 abfährt, was im Prinzip bei normaler Ankunft in Chania zwischen 6 und 6:30 kein Problem darstellt, aber dieses Mal verließ ich den Pott erst gegen 7:20, das Wetter war bewölkt und die Berge wolkenverhangen , was nichts Gutes versprach, somit waren die gut 1,5 Std nach Sfakion eine Herausforderung.
Kurzum, 10 vor 9 kam ich zur Fähre in Sfakion, durchgefroren und bis auf die Unterwäsche nass, denn in den Bergen schüttete es aus Eimern, was auf gut 1000m und keine 10° nicht unbedingt ein Genuss ist, zumal die nassen Serpentinen eine Speed von höchstens 30km/h erlaubten, alles andere wäre eine Einladung gewesen, mich mit dem Bike langzulegen.
Wie dem auch sei, meine Bikerstiefeletten waren voll Wasser und die Besatzung erbarmten sich meiner und brachte mir einen heissen Kaffee . Auf der rund 3 stündigen Überfahrt herrschte sonniges, warmes Wetter und ich kam trocken auf Gavdos an.
Soviel mal zur Anreise, nun zu Gavdos selbst.
Gavdos ist eine kleine Insel ohne Pauschal- oder Hoteltourismus. Es gibt wunderbare, schöne Strände, die Insel selbst ist größtenteils eher karg, aber von unheimlich wilder und unberührter Schönheit, gut zum Wandern, ein Ort, bei dem einem 1 Woche wie 2 Wochen vorkommen, ohne Stress, ohne viel Autos, keine Hektik, ausser, wenn die Fähre nach Sfakion anlegt, aber dazu komme ich später.
Gavdos ist der südlichste Punkt Europas, dieser ist auch mit einem überdimensionalen Stuhl am Kap von Trypiti gekennzeichnet, für die nicht sandalentaugliche Wanderung von der Parkmöglichkeit bis Trypiti braucht man ca. 1-1,5 Std, jenachdem wie fit jemand ist, da es teilweise recht bergig und einige Abschnitte ein wenig zum „kraxeln“ ist, wie man in Bayern sagt, aber alles machbar. Wichtig ist jedoch, genügend Wasser mitzunehmen, dort ist man quasi im Niemandsland ohne Versorgungsmöglichkeit. Und auch nach 16:00 sollte man nicht mehr losgehen, denn insgesamt sind rund 4 Std. zu planen, wenn man einen Badeaufenthalt am wunderschönen, großkiesigen Strand mit einbezieht.
Gavdos hat natürlich noch einige, andere schöne Strände, die man auf Schusters Rappen erreichen kann.
Aber nun zum Kern des Berichtes. Gavdos ist, wie bereits erwähnt, keine „typische, griechische Urlaubsinsel“, sonder eher für Individualisten, die ihr Zelt zwischen den Dünen unter den Tamarisken am Strand aufstellen und eine interessante, ruhige Zeit abseits jedweglichen Trubels verbringen möchten.
Was für die Hippies in den 70ern Matala auf Kreta war, ist heutzutage in gewisser Weise Gavdos, aber sicherlich etwas anders, als damals. Die Gäste sind überwiegend jüngere Leute, meistens Griechen, aber auch viele aus dem europäischen Ausland, das Alter liegt irgendwo zwischen 18 und 60+, was aber eher die Ausnahme ist, da viele in dem Alter eher auf Komfort, als auf Zeltaufenthalt Wert legen.
Es gibt zwei Hauptstrände, an denen die Zelte aufgestellt werden, das ist einmal Sarakiniko Beach und Paralia Agios Ioannis, wobei mir persönlich letzterer besser gefällt.
Ich stellte mein Zelt in den Dünen auf, 3 Gehminuten zum wunderschönen Strand mit glasklarem Wasser, das im übrigen überall rund um die Insel zu finden ist und zum schnorcheln bestens geeignet ist.
Nun zu den Gästen. Ich war anfänglich gespannt, was mich da erwartet, vielleicht hemmungslos agierende Personen, die überall ihre Gelüste ausleben und auf nichts und niemanden Rücksicht nehmen, aber genau das Gegenteil war der Fall. Obwohl die Leute freizügig, unverklemmt und „open minded“ sind, war der Respekt und gegenseitige Achtung der einzelnen Individualität überall sicht- und spürbar. Ob Heteros Hand in Hand am Strand entlanggingen oder Homosexuelle ihre gegenseitige Zuneigung unter dem Sonnenschutz zeigten, niemand kümmerte sich drum oder zeigte gar mit dem Finger auf die Menschen. Im Gegenteil, man sprach miteinander oder man sah sich für einen Nachmittagskaffee bzw. zum Abendessen in einer der einfach gehaltenen Beachbars oder Taverne.
Was auf mich einen sehr positiven Eindruck machte, war die Tatsache, dass niemand, aber auch wirklich niemand oben ohne (Ausnahme ab und zu Männer an der Beachbar), geschweige denn nackt in der Beachbar oder beim Essen war, was ich sehr angenehm empfand, denn für mich persönlich gibts nichts abstoßenderes, als wenn die Leute nackt beim Essen oder an der Bar sitzen, da vergeht mir jeder Appetit.
Auch machte ich die Erfahrung, dass ältere Personen, die natürlicherweise nicht mehr den jugendlichen Körper haben, wie die Jungen, bekleidet am Strand waren oder unbekleidet einem einsameren Strand besuchten. Ich hatte beim Abendessen mal ein Gespräch mit einem Paar, vielleicht Mitte 60, die sagten ganz einfach „Wir wissen, dass wir optisch nicht mehr soooo schön sind und wir möchten den anderen Badegästen den Anblick ersparen“
Na gut, kann jeder halten, wie er will, aber ich fand diese Einstellung schön, auch wenn die beiden es nicht nötig gehabt hätten, sich zu verstecken, immer noch eine sportliche Figur.
Dass sich Nachts oder am frühen Morgen ab und zu ein Pärchen dem Vergnügen hingab, oder aus den Zelten ein paar Meter weiter lustvolle Geräusche zu hören waren, ist doch schön. „Viel Spaß“...dachte ich mir nur.
Alles in allem war es eine sehr schöne Woche mit vielen, netten Kontakten zu jüngeren Menschen, interessanten Gesprächen, Spaß, Lachen, hin und wieder lag ein „Duft“ von Gras in der Luft, aber weder alkoholisierte oder „stoned people“ waren zu sehen.
Die Preise sind absolut in Ordnung, niedriger als in reinen Touristengegenden, obwohl alles mit der Fähre gebracht werden muss, oder der Betrieb mittels Generatoren läuft. Eine große Flasche Wasser z.b. 1.-, aber man weiß dort auch, dass die Gäste sicherlich keine Personen sind, die Managergehälter kassieren, sondern natur- und umweltbewusste junge Menschen, die eine schöne, unbeschwerte Zeit dort verbringen möchten, ob für 1 Woche oder den ganzen Sommer lang.
Duschmöglichkeit gibts übrigens an den Beachbars, wenn man Gast ist oder, wie es viele machen, einfach freiwillig einen Obolus in die „Duschkasse“ geben, denn das Wasser wird ja auch per Schiff angeliefert.
Für mich war es ganz sicher nicht das letzte Mal, dass ich auf Gavdos war, zum entschleunigen einfach ideal, um mit dem Geist und den Gedanken wieder auf den Boden zu kommen.
Was auf alle Fälle zu beachten ist, dass man die Fähre von/nach Gavdos unbedingt reservieren soll, wenn man motorisiert unterwegs ist, denn meistens ist die Fähre PKW/Moto-mäßig immer komplett voll.
In diesem Sinne hoffe ich, dass euch der Bericht gefallen hat, auch, wenn dieser „etwas“ komplexer und länger ausfiel!
VG aus Athina