Die ehemalige „Tagesschau“-Sprecherin hat mit ihrem Text über „Sodom und Gomorrha“ empört, aber auch einige zustimmende Reaktionen im Internet provoziert. Nun hat Herman ihren Kritikern geantwortet.
Während kurz nach der Tragödie von Duisburg erste virtuelle Kondolenzbücher im Internet eröffnet wurden und sich Trauernde über Twitter meldeten, setzte sich auch Eva Herman an ihren Computer. Noch am Wochenende veröffentlichte sie auf der Homepage ihres Verlages, des Kopp-Verlages, einen mit dem Titel „Sex- und Drogenorgie Loveparade: Zahlreiche Tote bei Sodom und Gomorrha in Duisburg“ überschriebenen Text, in dem sie weniger die Sicherheitsvorkehrungen denn die Loveparade, deren Teilnehmer und daran anschließend die Unmoral der heutigen Gesellschaft anprangerte. Die Netzwelt reagierte sofort und in Extremen – oft mit totaler Entrüstung, zuweilen auch mit uneingeschränkter Zustimmung.
Der Medienjournalist Stefan Niggemeier schreibt in seinem Blog von einer „Radikalisierung“ der ehemaligen Nachrichtensprecherin, und einer seiner Leser kommentiert: „So etwas kommt wohl dabei heraus, wenn Menschen auf der Autobahn Richtung Fundamentalien in ihrem inneren Reichsparteitag einen Gottesdienst abhalten …“. Die beiden reagieren damit auf die einschlägige religiös-konservative Haltung Hermans, welche die ehemalige „Tagesschau“-Sprecherin auch in ihrem Text zur Loveparade zeigte: Bei der Betrachtung der Bilder habe sie geglaubt, „in der Verfilmung der letzten Tage gelandet zu sein, wie sie in der Bibel beschrieben werden“ – sie meinte nicht die Bilder vom Unglück in Duisburg, sondern die Bilder vergangener Loveparades.
Im Gros stoßen Hermans Thesen auf Fassungslosigkeit, mancherorts auf Aggression: „ Wenn ich die mal interviewen sollte, dann geb ich ihr nen Schwinger!!!“ schreibt ein Facebook-Mitglied, ein anderes fragt sich „langsam, aus welchem Paralleluniversum diese Frau ausgebrochen ist“. Vielen Lesern des Pamphlets scheinen die Thesen Hermans derart unerklärlich, dass sie dahinter nichts als einen Werbecoup vermuten – mit dem provokanten Beitrag solle wohl Aufmerksamkeit für den Verlag erregt werden, heißt es.
Viel Aufmerksamkeit bekommt Herman tatsächlich, am meisten für den Satz: „Eventuell haben hier ja auch ganz andere Mächte mit eingegriffen, um dem schamlosen Treiben endlich ein Ende zu setzen.“ Die angedeutete tödliche Strafe Gottes für das ausgelassene, drogengeleitete Auftreten des tanzenden Volkes („Man muss nicht ausgesprochen prüde sein, um sich hier nach kurzer Zeit mit Grausen abzuwenden“) stieß jedoch auch auf Verständnis. „Steht dem, was auf dem Straßenstrich in der Nähe abläuft, in nichts nach. Einfach widerlich, wie schamlos manche (sicherlich nicht alle) dieser Leute sind“, schreibt der Leser einer Klatschseite. In der Kommentarliste eines Nachrichtenportals heißt es: „Nicht nur, dass schon Kindergartenkinder von Playstation und Wii und....wie hypnotisiert sind,es wird ihnen durch lallende Junkies,die ihre innere Leere durch Drogenkonsum verdraengen schon ein Ausweg aus schlechten Zeiten vorgelebt...Vielen Dank,Frau Herman.Richtig so,weiter so.“
Manche Kommentatoren danken Herman für ihren Mut, das zu äußern, was andere nur denken: „-sie spricht doch nur die wahrheit aus -die keiner mehr in deutschland hören will“. Ein anderer Nutzer schreibt unter der Überschrift „Eine interessante Meinung“: „An der Meinung von Eva Hermann kann ein jeder sein Demokratieverständni prüfen“. Der vorhersehbaren Kritik am Demokratieverständnis der Kritiker kommen Blogger wie Niggemeier zuvor: „Dabei darf sie das alles denken und sagen. Und ich darf sie dafür verachten“, schreibt er.
„Für diesen Traum kämpfe ich“
Mittlerweile hat Herman auf der Seite des Verlages auf die Empörung, die ihr Text ausgelöst hat, reagiert: „Einige junge Leute waren ärgerlich, weil sie die Menschen, die bei dem Unglück in Duisburg ums Leben kamen, durch einige meiner Worte diskriminiert sahen. Mir ist es wichtig, klarzustellen, dass dies nicht geschehen ist, sondern dass ich im Gegenteil in dem Artikel mein tiefstes Beileid ausgesprochen habe“, schreibt sie, wiederholt aber im Wesentlichen ihre Thesen. „Mein Herz ist schwer, wenn ich die vielen Fehlentwicklungen mit ansehen muss, die heutzutage bereits als völlig normal gelten“ , schreibt sie und erneuert ihre Kritik an den Achtundsechzigern, die sie für den Sittenverfall verantwortlich macht. Herman rechtfertigt ihre Attacken mit ihrem „Traum eines Landes mit glücklichen Menschen, ohne Drogen, ohne übermäßigen Alkohol, ohne eine sexualisierte Gesellschaft, sondern eines Landes, in dem Menschen leben, denen Verlässlichkeit und gegenseitiger Respekt wichtig sind. Wünschenswert wäre ein Land, in dem die Menschen sich füreinander verantwortlich fühlen, ein Land, in welchem Politiker nicht mehr die Unwahrheit sagen dürfen, ein Land mit Medien, die wahr berichten. Ein Land mit geistiger Freiheit und Hilfe sowie Liebe für den Nächsten. Für diesen Traum kämpfe ich.“
quelle : fokus kultur