Corvus Corax: der gerade Rhythmus
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Unweit des Hauses in dem mich meine Bank noch leben läßt steigt der Hügel an, auf welchem "Schloss" Kaltenberg mit seiner Arena steht. In dieser veranstaltet Prinz Ludwig, Wittelsbacher und Nachfolger der bayrischen Märchenkönige alljährlich ein Turnier mit Lagerleben. (
http://www.ritterturnier.de/) Dort habe ich gleich nach meinem Einzug vor bald 23 Jahren Corvus Corax zum ersten Mal erlebt. Sie waren noch ziemlich unbekannt und spielten auf einer kleinen Bühne. Ihre nackten Oberkörper zeigten junge Haut und die elastischen Muskeln die bereits alt griechische Steinmetze zu ihren klassischen Schönlingen inspirierten.
Doch das wahrhaft Faszinierende war ihre Musik. Sie spielten Dudelsäcke und mittelalterliches Schlagwerk welches bis dahin wegen ihres faden Klangs keinen Rockfan vom Hocker riss. Doch Corvus Corax gelang die Wende. Bei ihnen klingen die Dudelsäcke magisch-klagend und erzeugen eine dramatische Stimmung. Dazu der konsequent gerade geschlagene Rhythmus der Trommeln. Bestimmte seit Kriegsende der sykopierte Rhythmus des Blues und Rock'n Roll die ganze populäre Musik - Corvus Corax bleibt bei der Rhythmik des Mittelalters und weckte in den vielen begeistert mittanzenden Jugendlichen Erinnerungen an nie erlebte Ekstasen unserer Altvorderen. Ausserdem singen sie in Latein - eine Sprache die sich der normale Joyclubber wohl nur aus dem Mund pädophiler Geistlicher vorstellen kann.
Dazu eine Bühnenshow mit wild züngelnden Fackeln vor nackten Männeroberkörpern, die jedem Stadionrocker verblüfft hätte. Sie handhabten ihre altehrwürdigen Dudelsäcke wie Jimi Hendrix seine Gitarre (nur, dass sie sie zum Schluß nicht zertrümmerten). Sie sprangen im Rhythmus ihrer Musik und wirbelten sich durch die Luft.
Die Musik wirkt unmittelbar und sehr erotisch. Man sieht viele Paare, die sich aneinaderschmiegen, ganz offenbar zu mehr als nur romantisches Kuscheln. Gerade die jungen Paare kleiden sich gerne in weit schwingendes Leinen, welches viele Freiheitsgrade zuläßt. So ähnlich muß es auch damals in Woodstock gewesen sein
Und: in Kaltenberg gab es, zumindest damals, ausserhalb des Stadions keine Verstärker! Alles war echt und natürlich. Was für Anforderungen das an Musiker stellt die vor einem Publikum ausrastender Youngsters spielen, kann man sich kaum vorstellen.
Inzwischen sind sie erfolgreich, fett und bequem geworden, treten mit Sinfonieorchesterbegleitung auf und röhren in Mikrofone. Nach Kaltenberg kommen sie nichtmehr.
BFlat