Die Situation wie im Eingangspost beschrieben, habe ich dreimal erlebt.
Beim ersten Mal als Angestellter, welcher sein Bankkonto über die Straße rüber bei der gleichen Bank wie mein Arbeitgeber hatte. Als wieder mal bei mir und allen Kollegen das Gehalt ausblieb bin ich rüber zu meiner Kundenbetreuerin bei der Bank und fragte was los sei. Die Antwort: Wir dürfen Ihnen zu der Situation Ihres Chefs keine Auskunft geben, können Ihnen aber sagen, dass Sie Ihr Gehalt in einer Woche erhalten werden. Das ist mit Ihrem Chef so verabredet. - Das war diplomatisch ausgedrückt und dabei deutlich genug. Ich machte mich sofort auf zum Arbeitsamt und erfuhr dort, dass auch da die Situation bereits bekannt war, weil Aussendienstmitarbeiter sich bereits zur Vermittlung angemeldet hatten. Als erster der "Inneren" hatte ich einen neuen Job und verlies als "stärkste Ratte" zuerst das sinkende Schiff. - Andere aber machten es noch besser, warteten bis zum Schluss, kauften dann aus der Insolvenzmasse die teuren Messgeräte, gründeten ein gleichartiges Ingenieur-Unternehmen selbst und stellten auch noch die Sekretärin, unsere Kollegin, sogleich ein.
Ein anderes Mal war ich freier Mitarbeiter - das Unternehmen verhielt sich exakt wie im Eingangsthread beschrieben - zahlte rundum verspätet und zwar standardmäßig. Täuschte und betrog. Und erhielt ständig gelbe Briefe. Ich übte Druck aus und machte dabei den Fehler, auf Gericht und Insolvenzverwalter zu setzen. Zuletzt schmiss ich über Nacht hin, weil ich noch rein um des Kunden willens noch einen riesengroßen Auftrag zu Ende bringen wollte (das war ein Fehler). In der folgenden Auseinandersetzung blieb ich nicht hart genug und hatte zuletzt noch zehntausend Euro Außenstände. Diese musste ich einklagen.
Die Gegenseite log vor Gericht dass sich die Balken bogen. Man zog alle Register beginnend mit "ich hätte da nie gearbeitet". Ich musste alles nachweisen, gewann den Prozess, musste mir von der Richterin auch noch Schmähungen anhören. Gegenseite ging in Berufung - und anschliessend in Insolvenz. Ich habe mein Geld nie gesehen.
Bei der Insolvenzeröffnung war ich anwesend und trug vor, dass es sich um Insolvenzverschleppung und sogar um "ungenehmigte Weiterführung des Betriebes nach Insolvenz" handelte. Da der Insolvenzverwalter UND das Gericht sich einig waren, alles schnell vom Tisch zu kriegen, wurde meine Einrede zurück gewiesen. Das Unternehmen ist heute weiterhin auf dem Markt tätig und macht Marketing mit meinen Unterlegen, für die ich nie bezahlt wurde.
Im dritten Fall bahnte sich eine ebensolche Sache auch an. Auf Anraten eines Schulfreundes, der selber Insolvenzverwalter war und alle Anzeichen und auch die Tricks kannte, blieb ich über Nacht sang und klanglos dem Unternehmen fern.
Zur Insolvenzeröffnung kam ich als einziger von allen Gläubigern über 400 km extra angereist. Es ging auch skurriler weise um die Wahl des Insolvenzverwalters, welcher sich heftig sträubte, sich mit meiner einzigen Stimme wählen zu lassen. Er argumentierte, Forderungen gegen mich zu haben, wohingegen ich ebenso Forderungen gegen das insolvente Unternehmen hatte. Das Gericht entschied, dass ich nicht wählen dürfe, der Insolvenzverwalter aufgrund Abwesenheit aller anderen von Gerichts wegen eingesetzt wurde.
Mit dem Insolvenzverwalter machte ich einen Vergleich, der allerdings so ausging, dass das, was er beanspruchte, er bis heute noch nicht hat.
Ich hatte gelernt und zwar, dass man in solchen Fällen selber rotzfrech werden muss und sämtliche zwanzig Ellenbogen rausnehmen muss, um überhaupt was zu kriegen. Auf Gericht und Titel kann man sich nicht verlassen, denn was nützt ein Titel, wenn der Schuldner dann trotzdem nicht zahlt ?
Das einzige was hilft bei solchen Angelegenheiten:
Sofort raus - so früh wie möglich. Egal wie - als Angestellter fristlos kündigen, als freier MA einfach hinschmeissen.
Und als Angestellter: Sofort bzw vorher zum Amt - so früh wie möglich. Alle Aktionen unter dem Schutz des Amtes.
Das sind meine Lebenserfahrungen, welche ich hier dringend anrate.