Gedanken niederschreiben
Wenn in meinem Kopf das Gefühlschaos überhand nimmt, dann schreibe ich. Musik an, Licht aus. Ruhelose Finger, die über die Tastatur huschen.
Es hilft mir meine Gedanken zu ordnen, mich selbst zu hinterfragen, Gefühlen einen Rahmen zu geben, mich nicht zu sehr darin zu verlieren.
Eine Art Selbsttherapie.
Die meisten dieser Texte sind nur für mich, ab und zu jedoch lasse ich sie auch andere lesen.
Heute Abend habe ich wieder geschrieben, und ich lasse euch einfach mal daran teilhaben (wenn ihr wollt ).
Wer gerne mit Musik liest:
Ich balanciere auf einem Stahlseil. Mit nackten Füßen stehe ich auf dem harten Material. Fühle die leichten Schwingungen, die durch meine Bewegungen entstehen.
Mein Blick, der sonst zielgerichtet geradeaus zeigt, schweift ab. Nach unten.
Dort ist Wasser. Schwarz und ruhig kündet es von unendlicher Tiefe.
Magisch zieht es mich an. Lockt mich. Ob ich mich ihm ergebe? Ich müsste mich nicht einmal bewegen. Allein meine Gedanken sind ausreichend, um mich im Schwarz zu verlieren.
Ich stelle mir vor wie es da unten wohl ist. Kalt, undurchdringliche zähe Dunkelheit, Hoffnungslosigkeit. Tauche ich ein, werde ich dann ohne eine rettende Hand wieder auftauchen? Das Seil fassen können, mich wieder hochziehen? Wieder meinen Weg aufnehmen können?
Nein, heute würde ich es nicht schaffen. Heute bin ich schwach, ich fühle es in meinem Herzen.
Sehnsüchtig lasse ich meinen Blick über die Wasseroberfläche schweifen, sehe mein Spiegelbild. Schatten in meinem Gesicht, die Augen blass, der Mund ein schmaler Strich. Die Schultern fallen leicht nach vorn, der ganze Körper leicht gebückt.
Ich schließe die Augen, hebe meinen Kopf, nehmen die Schultern zurück, richte mich auf. Es schmerzt, doch ich gehe weiter.
Vorsichtig einen Schritt vor den nächsten setzen. Mit jedem Schritt werde ich sicherer.
Ich habe es schon soweit geschafft, auch den Rest werde ich meistern.
Da bleibe ich stehen, lege langsam meinen Kopf in den Nacken, blicke nach oben.
Auch über mir ist Schwärze. Doch von ganz anderer Art als unter mir. Denn dort oben schimmern Sterne und eine Leichtigkeit ergreift mich.
Dort möchte ich sein, Freiheit fühlen, Schönheit sehen, mich vom Licht der Sterne umarmen lassen, mich der unendlichen Leichtigkeit hingeben.
Ich strecke meine Arme aus, versuche die Sterne zu greifen, doch gleiten sie mir durch die Finger. Immer wieder.
Wieso ist es so leicht sich in schwarze Hoffnungslosigkeit zu stürzen? Doch das, was mich glücklich macht, scheint unerreichbar? So stehe ich mutlos auf dem Seil, der Körper bebt vor unterdrückten Tränen.
Mit einem Schrei tue ich meinen Frust kund. Ich schreie mir den Schmerz vom Leib. Bis ich keine Stimme mehr habe, und keine Luft mehr in der Lunge.
Ganz ruhig werde ich, höre mein Herz schlagen, fühle, wie sich mein Brustkorb hebt und senkt.
Langsam beginne ich zu schwingen. Zuerst zaghaft, dann immer kräftiger. Das Seil vibriert unter mir, bewegt sich mit mir auf und ab. Fast meine ich es ächzen zu hören. Immer tiefer drücke ich es, bis es fast die Wasseroberfläche berührt. Immer höher trägt es mich, näher an die Sterne heran.
Und dann lasse ich meine Gedanken los, leere meinen Kopf. Ich fühle mich leicht, und so lasse ich mich mit dem letzten Schwung des Seiles nach oben katapultieren. Und plötzlich bin ich zwischen ihnen, sie funkeln überall, die Sterne. Ich schwebe zwischen ihnen, lasse mich von ihnen leiten.
Ich lache, Freudentränen glitzern in meinen Augenwinkeln.
Meinen Weg setzte ich nun hier oben fort, denn zumindest die Grenzen in meinem Kopf kann ich überschreiten.