Test mit 24 Jahren. Weil mir immer ganz eigenartige Dinge passierten, die ich nicht begriff.
Ich nahm an, ich würde, sobald ich unkontrolliert sei, alles falsch machen.
Meine Eltern hatten keine Zeit für mich und wir zogen öfter um: Häufige Schulwechsel.
Und "Du denkst zuviel" und "Du bist faul".
Ich wollte einfach sein wie alle anderen auch. Und habs nie geschafft.
Sobald ich mich rührte, wurde ich "entdeckt" und ich hatte keine Vorstellung, was man eigentlich von mir erwartete.
Ich hatte dann Angst, war verunsichert, fühlte mich vollkommen überschätzt und wußte nicht, wie ich solche für mich unangenehmen Situation verhindern konnte.
Das hat Auswirkungen aufs Leistungsprofil.
Begabungen fallen durch ihre Leistungen auf. Für mich bedeutete das Ärger, Verunsicherung, Ausgrenzung.
Ich wollte ein ruhiges Plätzchen und meinen Frieden, geriet aber immer wieder in besondere Situationen und bekam Möglichkeiten geboten, die sich andere allenfals erarbeiten können. Ich kann Dinge, die man sich nicht erarbeiten kann. Ich wollte sie nicht.
Und so kams letztlich zu diesem Test, ich dachte, ich sei schizophren oder sowas. Zu dumm, um irgendwas richtig zu machen und richtig zu verstehen, aber ich schien die Fähigkeit zu haben Menschen zu suggerieren, ich könne sehr viel mehr. Aber wie?
Ich wollte wissen, ob ich einen an der Waffel habe und wenn nicht, was ich beruflich machen könne.
Ich hoffte auf die Waffel. Es war aber weit überdurchschnittliche Begabung, Underachiever. Abitur und Berufsempfehlung.
Nun nahm ich an, ich sei bislang einfach zu faul gewesen und mit weit überdurchschnittlichen Begabungen müßte man, mit ein wenig Fleiß, ein gutes, durchschnittliches Abitur hinbekommen.
Die Empfehlung, mich bei Mensa einzuklinken ignorierte ich geflissentlich. (Das empfand ich als vollkommene Überschätzung)
Sprich: Ich hatte nichts begriffen.
Wollte ich auch nicht. Ich wollte einfach wie alle anderen sein, dazugehören.
Mit therapeutischer Begleitung legte ich los. Und rannte dann so richtig alles über den Haufen. Weil ich begriffen hatte, dass man nichts falsch macht, wenn man lernt.
Meine Erfahrung in der Kinderheit: Lernen = Ärger.
Das ging mit ganz viel tapfer sein und einfach weiter machen eine ganze Weile gut.
Ich war Gesprächsthema im Kollegium. Jeder hat seine eigene Art mit solchen jungen Frauen umzugehen ... und die Wirkung meiner Beine usw. hatte ich auch noch nicht realisiert. Ich bekam zunehmend Probleme mit der übergroßen Aufmerksamkeit. Die alten Probleme.
Das Größte: Wenn Lehrer vor versammelter Klasse spontan die Rückmeldung auf die Begabung gaben.
Die erste Zeit war ich überrascht, dann motivierte mich das und dann wurden die mit diesem Plätzchen verbundenen sozialen Konflikte wieder dichter, ich erstarrte innerlich zunehmend, immer verunsicherter und irgendwann stand ich in solch einer Situation einfach auf und ging und saß heulend draußen. Ab da hatte ich viele Fehlzeiten und lernte nichts mehr.
In der Therapie traute ich mich nicht mehr den Mund aufzumachen.
Und hatte den Eindruck, dass kein Mensch nachvollziehen kann wies mir ging. Und ich verstand nicht warum es mir so ging.
Ich beendete die Therapie.
Mir war immer noch nicht klar, was mit mir los ist. Mit einem miesen Abi in der Tasche flüchtete ich in die Normalität.
Wirklich funktioniert hat das natürlich wieder nicht.
Ein paar heftige Begabungserfahrungen weiter, ging mir dann ein Kronleuchter auf.
Und daraufhin ließ ich mir alles ganz genau erklären und lernte diese Tests zu lesen.
Und mich zu verstehen. Um zu verstehen, was andere eigentlich wahr nehmen.
Die Phase, bevor ich begriff: Ich bin wie ich bin und muß mich für nichts rechtfertigen ... war hart.
Ohnmacht, Wut, Hilflosigkeit. Vor allem, weil ich meine eigentliche Begabung in einen Bereich "investiert" hatte, in den kein Mensch mit meinen Fähigkeiten freiwillig hineinrutscht. Wenn man das begreift: Die Hölle.
Als Kind habe ich gelernt, dass man einzelne Begabungen haben kann. Dass Mädchen eben besser Deutsch können, dass man nicht gut in Naturwissenschaften ist, wenn man in Sport gut ist usw.
Meinem Begabungsprofil kann man nicht entnehmen, ob ich Weiblein oder Männlein bin.
Der Therapeut (Neurologe, Psychologe und Psychotherapeut) hat mir das Thema Hochbegabung in einer konkreten Situation veranschaulicht:
Ich habe das absolute Gehör, bin musisch begabt und habe flinke Finger. Die Idee, dass nicht zwangsläufig alles gegeben sein muß, kam mir gar nicht.
Andere müssen ganz viel lernen und üben, vor allem Theorie, bevor sie annähernd das können, was ich einfach so kann. Und manches, das ich kann, können sie nicht, weil man das nicht lernen kann.
Herbe. Ich verstand zum ersten Mal, warum meine Ziehschwester damals so garstig zu mir war. Wir ließen beide unsere Hausaufgaben gerne von Oma erledigen.
Sie hatte sehr schlechte Noten in den Klassenarbeiten. Ich nicht.
Worauf ich wirklich stolz bin: Ich kann mit den Ohren wackeln, wenn ich übe. Meine Kinder vertrauen mir absolut. Mein Kartoffelsalat macht süchtig. Und meine Kollegen vermissen mich. Und ich habe Freunde.
Wer sich hier geringschätzig über Hochbegabung äussert und so tut, als gäbe es soetwas nicht und wenn, seis irrelevant, dem kann ich nur sagen: Was ich mir an idiotischen und schwachsinnigen Verhaltensweisen und Reaktionen von Zeitgenossen gefallen lassen mußte, die sich nicht vorstellen können, dass nicht jeder Mensch vom Wunsch beseelt ist besser als andere dazustehen oder andere klein aussehen zu lassen, würde hier den Rahmen sprengen.