@dreilicht
Nun, ein Fakt, ist es keineswegs...es gibt zunehmend Pädagogen, die die frühzeitige Sonderbehandlung hochintelligenter Kinder bezüglich der kognitiven Entwicklung für nicht notwendig (...) halten.
Das stimmt zunächst. Die Debatte gibt es schon seit langem, ob man gezielte Förderung von Kindern auf "schlechte" Schüler beschränken sollte, weil die guten Schüler ihren Weg schon allein finden würden.
Aber abgesehen davon, daß es für den einzelnen Underachiever schön wäre, mit gezielter Förderung sein überdurchschnittliches Potential auszuschöpfen, sollte man sich mal vor Augen führen, daß man mit Hochbegabtenförderung nicht nur "die Reichen noch reicher macht", sondern daß davon auch die Allgemeinheit profitiert! Warum? Ganz einfach: Je mehr Menschen ihr Potential ausschöpfen, desto mehr kann eine Gesellschaft leisten. Gerade die großen naturwissenschaftlichen, ingenieurtechnischen oder z.B. medizinischen Errungenschaften, die unser Leben besser machen, werden aber nur von einem ganz, ganz kleinen Prozentsatz von Menschen entdeckt bzw. erfunden. Jeder einzelne Hochbegabte, der nicht nur gerade so seinen Weg selbst findet und genausoviel Steuern zahlt, wie sein Anteil an den Staatskosten beträgt, sondern dank Förderung mehr leistet, steigert das
Potential unseres Fortschritts.
Natürlich kann man behaupten, die Forschung sei heutzutage eine Industrie und nicht mehr wie vor 200 Jahren auf einzelne Genies angewiesen, und gewisse Erfindungen seien irgendwann sowieso "überfällig". Aber wenn z.B. aus Versuchen auch nur ein einziges Jahr früher jemand den richtigen Schluß zieht und letztlich ein Heilmittel für bestimmte schwere Krankheiten findet, wieviele Leben werden dadurch gerettet? Wieviele Leben werden gerettet, wenn in einem schweren Konflikt zum rechten Zeitpunkt
ein ganz bestimmter Friedensstifter auf den Plan tritt? Ich kann aus schmerzlicher beruflicher Erfahrung sagen, daß
insbesondere im Akademikerbereich viel zuviele Menschen auf den falschen Posten arbeiten und daher Dinge tun, die andere viel besser leisten könnten, während ihre wahren Fähigkeiten brach liegen. Und was macht unser staatliches Bildungssystem? Es läßt Schüler in der vierten Klasse die Weichen für die Zukunft stellen, zu einem Zeitpunkt, wo sie noch nichts weiter von der Welt gesehen haben ...
sehr hohe IQ´s [machen] eh die psychosoziale Entwicklung eher störanfälliger
Das kann ich nicht nachvollziehen - worauf begründest Du diese Annahme? Daß intelligente Kinder, wenn sie zu sehr gelobt werden, zu arroganten Misanthropen werden? Dem würde ich entgegenstellen, daß sie grundsätzlich aufgrund ihres IQs auch eher in der Lage sind, falsches Verhalten als solches einzuordnen. Zum Beispiel.
Daß viele Eltern krankhaft danach trachten, sich mit einem ganz besonderen Kind zu schmücken, da gebe ich Dir allerdings völlig recht. Das ist jedoch ein Problem, das mit der Förderung
tatsächlich hochbegabter Kinder
gar nichts zu tun hat.
Der IQ hat darüber hinaus mit der Weisheit der eigenen Weltsicht nun gar nichts zu tun
Stimmt, aber das habe ich auch nicht behauptet. Ich sprach lediglich von dem größeren
Potential hochintelligenter Menschen.
zu viele Synapsen führen leicht zu unfälligen Verschaltungen...
Wäre es da nicht umso wichtiger, per gezielter Förderung für die - in Deinen Worten -
richtige Verschaltung zu sorgen?
Eine hohe Intelligenz zu besitzen, ist gleichermaßen Fluch wie Geschenk....
Ein beliebter Ausdruck - ich empfinde es allerdings etwas weniger dramatisch: Für mich ist es eher ein Geschenk, mit dem eine Verantwortung einhergeht.
aber man sollte nicht zuviel drauf geben
Da gebe ich Dir wiederum recht. Aber wie gesagt: Hohe Intelligenz macht einen nicht zu einem besseren Menschen, sie eröffnet nur mehr Möglichkeiten. Sie ist einfach nur ein überdurchschnittlich großes Potential, daß konstruktiv wie auch destruktiv eingesetzt werden kann, ausgeschöpft werden oder weitgehend ungenutzt bleiben kann. Sie ist wie ein Batzen Geld, den man für gute Zwecke wie für böse Zwecke ausgeben kann, den man nutzen oder einfach nur herumliegen lassen kann. Sollten wir vor diesem Hintergrund nicht das Unsrige tun zu helfen, daß die besonderen Potentiale in der Gesellschaft voll und nutzbringend eingesetzt werden?
Förderung heißt nicht: Auf einen Sockel stellen und anhimmeln.
Förderung heißt: Helfen, das Beste draus zu machen.