… und manche Eltern
Also … ich gehe immer wählen, habe eine Tochter die jetzt gerade vor den Abi-Prüfungen steht und bin zusätzlich auch noch in der Elternpflegschaft.
Die Darstellung und auch Bewertung von Rezo kann ich durchaus nachvollziehen, aber …
- die Welt hat sich seit April um einen Monat weiter gedreht und
- auch (manche, viele, wenige?) Eltern sehen die „Notwendigkeit“ von Prüfungen.
Worauf will ich hinaus?
Nicht nur die NRW-Schulministerin (zusammen mit ihren 15 Kollegen) wollte unbedingt Abi-Prüfungen haben, auch von Eltern habe ich gehört, dass es doch kein richtiges Abi ist, wenn am Ende keine Abschlussprüfungen waren, bei denen man sich ja nochmal verbessern könnte und für die (manche) ja auch schon viel gelernt hätten.
Auch mein damals schon vorgebrachtes Argument, dass die Prüfungen in der Regel schlechtere Ergebnisse haben als der Durchschnitt der vorhergegangen Halbjahre (in den Abitur-Fächern) wurde nicht als Begründung für einen Vorteil eines Ø-Abis akzeptiert.
Auch ich persönlich glaube schon, dass es immer wie ein Makel an den Schülern hängen würden, wenn sie das Abi (gefühlt!) geschenkt bekommen hätten. Insofern glaube ich auch, dass die Durchführung von Prüfungen schon versucht werden sollte. Allerdings nur, wenn dies ohne größere Gefährdung möglich ist.
Und damit komme ich zum 2. Teil:
Der aktuelle Stand der Erkenntnis scheint zwar zu sein, dass die Schulschließung einen relativ großen Anteil an der jetzt kleineren R-Zahl hat, aber ich bezweifle ein wenig, dass dies alleine durch das Wegbleiben der Schüler aus den Schulen hervorgerufen wurde, sondern vielmehr durch die Begleitumstände (Betreuung durch die Eltern, welche dann auch nicht mehr zur Arbeit gehen konnten).
Selbst in Gangelt wurde, sofern ich Prof. Streeck richtig im Kopf habe, kein Fall gefunden, bei dem eine Ansteckung von einen Schüler ausging.
Ebenso bin auch ich etwas hin und hergerissen, ob die Gefahr im Moment tatsächlich noch so groß ist, wie sie Mitte März war. Dabei habe ich sehr wohl den Vergleich mit der Verhütung verstanden – und manche Mitmenschen scheinen die Lage auch so zu behandeln –, will aber nicht außer Acht lassen, dass manche Menschen ihr Verhalten im täglichen Miteinander schon geändert haben und auch das einen Beitrag zu einer geänderten Ansteckungsrate leistet.
Wie groß ist denn tatsächlich die Gefahr, dass ich mich oder meine Tochter sich an einem der 2 %o bekanntermaßen akut Infizierten in meinem Landkreis ansteckt. Selbst bei einer 10-fach größeren Dunkelziffer wären es „nur“ 2 % Infizierte im Landkreis (wobei die Heinsberg-Studie „nur“ auf eine 5-fach höhere Dunkelziffer kam).
Und unter den aktuellen Umständen ist die Ansteckungsgefahr sicherlich niedriger als sie es noch Anfang März war. Ob also tatsächlich eine übermäßige Gefährdung von Menschen durch die Vorbereitung und das Ablegen der Abi-Prüfungen gegeben ist, ist ebenso ungeklärt.
Persönlich könnte ich schon damit leben, dass meine Tochter keine Abi-Prüfungen macht und trotzdem ein Abi bekommt, gerade weil sie auch zu denen gehört, bei denen die Schulnoten nichts (oder wenig) über ihre Befähigung aussagt.
Ich kann aber auch gut verstehen, wenn andere Eltern, und auch Schüler, das anders sehen. Und eine Freiwilligkeit bei dieser Sache fände ich auch blöd.
Und alle Schüler*innen, die unter diesen Umständen ein Abi (mit Prüfungen) geschafft haben, könnten auch mit einem gestärkten Selbstwertgefühl aus dieser Krise gehen.
Schwieriger ist es in den Fällen, wo eine Prüfung dann nicht mehr durchgeführt werden kann, weil vor Ort eine Infektion festgestellt wurde.
Zumindest bei der von meiner Tochter besuchten Schule bin ich aber zuversichtlich, dass man dort eine relativ kreative Lösung finden würde.