Statement
Zuerst mal - da ich neu in der Gruppe bin - ein herzliches Hallo Ich bin Physiker und beschäftige mich mit der primordialen Nukleosynthese, also mit der Entstehung der leichtesten chemischen Elemente in den ersten Minuten nach dem Big Bang. Außerdem bin ich in einem christlichen Umfeld aufgewachsen, habe mich kurz vor meinem 19. Geburtstag taufen lassen und bin überzeugter Christ. Ich bin außerdem davon überzeugt, dass wir alle Geschöpfe sind. Mit dem Widerspruch zwischen diesen Überzeugungen und meinem Beruf muss ich leben und kann das auch ganz gut.
Ob es einen Urknall gab oder nicht, ist für den Schöpfungsgedanken unbedeutend. Wenn man die ersten Verse der Bibel genau liest, ist von einem ungeordneten Chaos der Dinge die Rede. Wie alt das Chaos ist, ist dabei gar nicht wichtig.
Interessant ist aber, auf welche Weise Ordnung in das Chaos kam. Ich persönlich kann mir - eben auch mit tieferem Einblick unter die Motorhaube unserer Welt - vieles nicht vorstellen, was ich glauben müsste, wenn ich Atheist wäre. Sicher ist es im Labor gelungen, organische Stoffe aus einer anorganischen "Ursuppe" zu gewinnen. Sicher haben diese auch mal ein wenig Komplexität gehabt. Aber - selbst bei einer Milliarde Jahren: Der Schritt von einer giftigen Lösung, die Spuren von Aminosäuren enthält hin zu einem funktionierenden Protein ist enorm groß. Der Schritt von einem Protein zu einer stabilen vermehrungsfähigen Struktur ist enorm groß. Und der Schritt von einer solchen Struktur zu einer Zelle mit ordnungsgemäß codierter DNA, Kern, Organellen und Membran ist gewaltig. Für sich genommen klingt das alles vielleicht unproblematisch, aber das ist es nicht. Ich wage zu behaupten: Wer sich ohne Ideologie an den angeblichen Ursprung des Lebens heranwagt, wird das nicht mehr glauben können, was ihm in der Schule erzählt wurde.
Leider benötigt die Alternative ein schaffendes Wesen, und das darf es nicht geben. Also bleiben wir bei unseren Scheuklappen und versuchen weiter, die alte These zu stützen. Allerdings ist das unwissenschaftlich.
Wissenschaftlich wäre es, wenn man von gar keiner Hypothese (Gott/kein Gott) ausgeht und einfach mal wieder Fragen an die Natur stellt. Sie wird ihre Antworten geben. Diese sind dann zu interpretieren, wiederum ohne Hypothese. Das ist Wissenschaft. Etwas zu belegen, was man vorher zu wissen glaubt, ist keine Wissenschaft, weil man zu gern die Indizien mit einer gefärbten Brille interpretiert.
Wenn ich meinem Beruf nachgehe, klammere ich meinen Glauben aus. Ich weiß also erstmal nichts, kenne natürlich die einschlägigen Theorien, aber sie werden an der Realität geprüft. Leider bin ich kein Evolutionsbiologe, deswegen sind meine Aussagen über den Ursprung des Lebens natürlich mit Vorsicht zu genießen. Ich denke aber, dass viel Ideologie in der Wissenschaft mitschwingt - auf der einen wie auf der anderen Seite - was schade ist, für tiefe Gräben sorgt und niemanden unbedingt der Wahrheit näherbringt.