Jetzt wird es ja immer interessanter
Ich frage mich, ob es berechtigt ist zu fragen, ob einem der beiden Momente in uns der Vorzug gehört, d.h. von der Natur der Vorrang gegeben wurde. Aus dem gesagten bleibt für mich plausibel, dass jeder einzelne für sich da ist, um erst dann für andere da zu sein. Die umgekehrte Möglichkeit scheidet für mich aus, denn gerade die Einsicht in die Notwendigkeit von Zusammenhalt zeigt sich als egoistisch. Man hält nicht wegen der anderen, sondern wegen sich selbst mit anderen zusammen.
Sicher gehören beide zusammen - Altruismus und Egoismus. Wobei man bei Egoismus unterscheiden muss zwischen dem "allgemeinen" Egoismus (ich nehme, was ich kriegen kann - solange ich damit anderen keinen Schaden zufüge) und dem "speziellen" Egoismus (Egoismus im engeren Sinne, ich nehme mir, was ich kriegen kann - selbst wenn andere dabei zu kurz kommen).
Ich lass die erste Form mal außen vor, weil umgangsprachlich unter Egoismus wohl eher die zweite Form gesehen wird. Wenn ich im Folgenden von Egoismus rede, meine ich also den "Ellenbogen-Egoismus".
Und auch dieser Egoismus ist wichtig, aber nur in Notsituationen. Hier ist die normale Reaktion der meisten Menschen von Natur aus wohl: "Jeder ist sich selbst der Nächste" - egal, welches Alter. Erst die Erziehung oder auch eine sehr enge Bindung zu einer anderen Person schwächt diesen Egoismus in solchen Situationen ab und lässt uns uneigennützig handeln - manchmal. Man kann aber niemandem verübeln, der in einer Notsituation das eigene Wohl über das von anderen stellt - weil es die "natürliche" Reaktion ist. Im normalen Alltag aber ist der Mensch von Natur aus eher altruistisch eingestellt, er wird jemandem, der "Not leidet", helfen. Der Mensch ist ein soziales Wesen. Erst, wenn er Angst hat, durch die Hilfe selbst in "Not" zu geraten, kommen egoistische Gedanken dazu, erfolgt ein Abwägen.
Es steht natürlich außer Frage, dass dieses natürliche Verhalten durch entsprechende Konditionierung in beide Richtungen verschoben werden kann.
Dazwischen haben wir die mehr oder weniger ausgeprägten Formen von zwischenmenschlichen Beziehungen von Kooperation bis Liebe. Jeder dieser beinhaltet aber auch und gerade das Merkmal des Nutzens für sich (auch die grenzenlose aufopfernde Liebe halte ich für einen Mythos).
Mit "grenzenlos aufopfernder" Liebe hat das nichts zu tun. Fast jede Beziehung geht man ein, um auch einen persönlichen Vorteil daraus zu ziehen - im besten Fall zum gegenseitigen Vorteil. Einzig das Gefühl der Liebe ist erwartungsfrei (ich mag hier das Wort "bedingungslos" nicht).
Wenn ich jemanden liebe, dann erwarte ich nichts von dem Anderen. Es ist ein Gefühl, dessen Entstehung nur schwer zu erklären ist (man könnte jetzt hier mit Biochemie und so anfangen - aber eigentlich ist es egal).
Und wenn dieses Gefühl erwidert wird - dann, und nur dann, kann daraus eine Liebesbeziehung entstehen. Und selbst erwarte ich keine "Gegenleistung" - nicht, solange ich den anderen Liebe.
Deswegen würde ich mich aber nicht für eine Liebe grenzenlos aufopfern - das würde ja eine Abhängigkeit bedeuten. Abhängigkeit (emotionale wie soziale oder auch materielle) widerspricht aber meiner Vorstellung von Liebe.
Mit Budget meinte ich ein nach Umfang begrenztes Vermögen sich für andere zu interessieren.
Ich habe da bisher noch keine Grenze gespürt. Ich habe bisher aber auch noch nicht mehr als drei Partner gleichzeitig geliebt - vielleicht deshalb
Zuletzt noch eine Bemerkung zu deinem Menschenbild. Es blendet offenbar die Schwäche im Menschen und die von mir angedeutete Differenzierung aus.
Nein, ich weiß, dass Menschen Schwächen haben, egoistisch handeln können und teilweise auch verlogen sind. Aber ich setze es nicht als gegeben voraus, sondern achte nur darauf, um vor unangenehmen Überraschungen geschützt zu sein.