@bill 41
Menschen bedürfen keines "Führers", aber die meisten Menschen bedürfen einer Führung und vor allem einer Hierarchie. Die Hierarchie sollte meritokratisch und Ausdruck eines Konsenses innerhalb der in einer Hierarchie lebenden Menschen sein, aber hierarchiefreie, glückliche Gesellschaften gab es noch nie und wird es nie geben.
Der Versuch solche zu schaffen, endet immer in Diktaturen einer sozialen, rassischen, ideologischen Klasse...
Die Kehrseite des reflexhaften Politikerbashings ist die reflexhafte Erwiderung: macht es doch selber und besser.
Nun gibt es eine Menge Menschen, sicher auch hier, die in ihrem Leben schon einmal parteipolitisch tätig waren. Die meisten werden die Erfahrung gemacht haben, dass eine exponiertere Position in unserem Parteiensystem mit einem normalen Berufsleben nicht vereinbar ist. Die Folge ist der Typus des opportunistischen Karrierepolitikers, der einem schon morphologisch standardisiert aus den Jungparteikadern entgegengrinst und in Ermangelung echter Expertise genauso gut dem verteidigungspolitischen, wie dem gleichstellungsrechtlichen oder dem umweltpolitischen Arbeitskreis angehören kann..
Zum anderen werden strukturell wichtige Entscheidungen nicht von den "einfachen" Parteimitgliedern geplant und beschlossen, sondern lediglich abgenickt...wenn man sie auch meist dazu bringt, den Beschluss als freie und offene Meinungsäußerung mißzuverstehen.
Die wahre Machtebene kennt im Zweifel keine Parteigrenzen und changiert in ihren Entscheidungsmotiven zwischen Lobbyinteressen und purem Machtopportunismus hin und her.
Darüber hinaus haben wir ein Parteisystem, das echten Dissens nicht mehr kennt. Ob man FDP, Grüne, SPD, CDU/CSU oder die Linken wählt, ist letztendlich wurscht. Dissente, störende Parteimitglieder werden in allen Parteien konsequent marginalisiert. Selbst in der ehemaligen DDR gab es da substanbtielleren Dissens..wenn auch außerparlamentarisch. Im Parlament saßen halt die Blockflöten...wer sich an was erinnert fühlt...
Die Parteipolitiker verstehen es, parteiübergreifend stimmungsabhängige (=machtpolitische) Entscheidungen aus dem Hüftgelenk zu schiessen, ohne die Konsequenzen solcher Entscheidung (Beispiel Energiepolitik) den Wahlschafen darzulegen.
Wer nachfragt, stört. Jedwede Entscheidung wird als "alternativlos" gebrandet.
Konsistente (wenn auch korrekturfähige) Haltungen, rationale Entscheidungsfindungsprozesse, Transparenz finden nicht mehr statt.
Andererseits ist es den jeweils regierenden Parteien möglich, de facto unsere staatliche Selbstbestimmung peu a peu abzuschaffen, eine europäische Transferunion einzugehen und auf die Art und Weise den deutschen Bürger zwangszuenteignen, ohne dass dies größere Aufmerksamkeit oder gar Unmut erregen würde.
Die machtpolitische Szene definiert für sich den Volkswillen, den es dann konsequent - im Zweifel gegen das Volk - umsetzt. Wer da "aua" zu sagen wagt, ist fast schon ein "Volksfeind", zumindest aber "nicht hilfreich".
Die Emotionalisierung (die als Politisierung mißverstanden wird) findet nämlich anlässlich Bahnhofsneubauten und eigentlich jeder Sau statt, die durchs eigene Dorf gejagd werden soll. Die publizistische Aufmerksamkeit, die bei der Saujagd erregt werden kann, verkennt das Volk als Ausdruck demokratischer Zustände...einer bürgerlichen Emanzipation..dabei werden die Sauhetzer manipuliert, wie es gerade passt.
Ich bin bezüglich der Möglichkeit einer politischen Reform in Deutschland sehr skeptisch. Aber im Rahmen der Parteipolitik wird sie nie stattfinden. Das System schafft sich nicht selber ab...
Hier ein kleiner aktueller Einblick in das zunehmend totalitäre Selbstverständnis "unserer" Politiker:
“Ich wage sogar die Prognose: Parteien wie auch Unternehmen, die sich außerhalb dieses Konsenses stellen, werden das Schicksal der Dinosaurier teilen und aussterben.”
Umweltminister Norbert Röttgen, bezugnehmend auf die Energiekonsenskomission, deren Zusammensetzung von Frau Merkel persönlich bestimmt wurde und die keinen einzigen Energiefachmann aufweist...dafür aber Kirchen-, Gewerkschafts- und diverse Philosophie- und Soziologievertreter.
Wer da noch etwas einzuwenden wagt, stellt sich selber außerhalb...und wird aussterben. Und wenn man nachhelfen muss...
Da fällt mir nur noch das Pippi Langstrumpf-Credo ein...