einige kurze Anmerkungen zu dem A. R.:
Bezogen auf die deletären Ideologien, die sich infolge der Französischen Revolution, beginnend mit dem terroristischen Furor der Jakobiner, entwickelten, sind es meines Erachtens insbesondere drei Punkte, die R. den totalitären Ideologen in die Toolkiste gelegt hat:
1) Sein utopistisches, realitätsverkennendes Weltbild.
"Der Mensch ist frei geboren, und überall liegt er in Ketten."
"Allmächtiger Gott, befreie uns von der Erleuchtung unserer Väter: führe uns zurück zur Einfalt, Unschuld und Armut, den einzigen Gütern, welche unser Glück befördern ..."
R. wie er leibte und lebte...
All dies ist jedoch Quatsch mit Sauce….weder in evolutionärem noch im ontogenetischen Maßstab wurde/wird der Mensch als „Freier“ geboren und entwickelt(e) sich in Richtung Unfreier.
Rousseau konstruiert einen Naturzustand - von dem er selbst sagte, daß es ihn vielleicht nie gegeben habe. In ihm lebe der Mensch als starker Einzelgänger in einer natürlichen Ordnung. Die ordnende Instanz sei das Gefühl. Es gebe eine allgemeine Freiheit und Gleichheit aller Menschen. Friede, Freude, Eierkuchen.
Dazu fällt mir ein Spruch Woody Allens ein, der meinte, es sei einfach, glücklich zu sein, wenn man als Dorfidiot sich nur darüber Gedanken machen müsse, ob die Spucke nach links oder rechts aus dem Mund tropft.
Diesen paradiesischen Zustand gab es in der realen frühen Menschheitsgeschichte genauso wenig, wie es ihn irgendwo im Tierreich zu beobachten gibt.
Es werden Wunschvorstellungen... nicht existierende Konstrukte den bestehenden Realitäten entgegengehalten.
Aber Wunschvorstellungen verbessern die Welt nicht, im Gegenteil! Sie verschlechtern sie.
Diese Rousseausche Variante des Paradieses geht seiner Meinung nach durch die Entwicklung von Vernunft und Kultur verloren.
"Allmächtiger Gott, befreie uns von der Erleuchtung unserer Väter: führe uns zurück zur Einfalt, Unschuld und Armut, den einzigen Gütern, welche unser Glück befördern ..."
Man meint, man hört Käsmännchen oder einen grünen Stadtratsabgeordneten flehen...
Dieser, der Zivilisation geschuldete, Zustand kann nach R. durch einen „Gesellschaftsvertrag“ überwunden werden.
Dieser führt zum
2) Konzept des Neuen Menschen
Der ideelle „Gemeinwille“ (Volonté générale) müsse den Menschen vom im Zivilisationsprozess zum Egoismus degenerierten „Eigenwillen“ erlösen.
Der Eigenwille habe sich freiwillig und im bestverstandenen Eigeninteresse einem „Gemeinwillen“ zu unterwerfen. Da der Mensch aber zivilisationsgeschädigt (und für seine eigentlichen Interessen blind) ist, muss er im Zweifel zu seiner Erlösung, Befreiung
gezwungen werden.
Der einmal mehrheitlich konstituierte „Gemeinwille“
darf nicht nur, er
muss Minderheitsmeinungen…“Eigenwillen“ verfolgen, zum Schweigen bringen, da jeder Dissens das utopistische Projekt der Erlösung des Menschen von seiner zivilisatorischen Last gefährdet.
Dissidenten sollen nach R. einfachheitshalber hingerichtet oder verbannt werden.
Ein Prozess , den wir nur allzu gut kennen, und der letztendlich in der Schaffung des „Neuen Menschen“ münden soll, der sich dem „Gemeinwillen“ dann willig und als konstruktives Glied in der Masse unterwirft.
Der Lackmustest für die „Gemeinwillen“-kompatibilität des Einzelmenschen besteht in der Ausprägung seiner
3) Tugendhaftigkeit
R. ´s Qualitätskriterium für die Menscheit besteht in ihrer Tugendhaftigkeit, in ihrem „Mitgefühl“. Nun ist Tugendhaftigkeit immer sehr subjektiv und im Zweifel bigott und Mitgefühl sehr flüchtig und willkürlich.
Sprich, ein „Tugendterror“ kann zum einen zur bewußten politischen Manipulation benutzt werden, in dem rationale Überlegungen durch moralistische Appelle ersetzt werden und zum anderen zu deletären politischen Entscheidungen führen, da die Entscheidungsgrundlage die „gefühlten Wahrheiten“ sind.
Es fällt nicht schwer, diese Komponenten nicht nur in der grausamen Groteske eines Pol Pot, sondern auch in der Tugendgesellschaft Deutschlands im Jahre 2011 wiederzuerkennen, in der der Staat immer mehr Sphären des Privaten regulieren will… existentielle Themen, wie die Einwanderungspolitik, als diskursfreier Raum definiert und Widerspenstigen ala Sarrazin nicht auf der argumentativen Ebene begegnet wird, sondern die soziale Stigmatisierung als Amorale droht….und in der wichtige Grundsatzentscheidungen wie die Energiepolitik flottierenden und manipulierten Massenstimmungen unterworfen sind.
R. Existenz war übrigens von zunehmender Megalomanie, Paranoia und sozialer Isolation gekennzeichnet….er sah sich als nicht genügend gewürdigtes Genie. Wie viele nach ihm, die die Welt retten woll(t)en….
PS: R.´s Gedanken zur Pädagogik mögen damals orginell gewesen sein, aber aus den oben genannten Punkten sollte man auf die Idee kommen können, dass sie schwerlich Grundlage realer pädagogischer Konzepte sein können.