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Das Video ist ganz nett und über die grundlegende Problematik, die es am Anfang (mit dem Kochrezept) sehr schön beschreibt, kann gar nicht oft genug diskutiert werden.
Zwischendurch wird es aber doch recht reißerisch-propagandistisch und technisch unscharf.
Der Überwachung der Übermittlung privater Nachrichten (per Email) beispielweise kann sich jeder mittels pgp-Verschlüsselung hinreichend entziehen. Insofern wird das Wuchern privater Netzwerke nur dann unterbunden werden können, wenn der elektronische Nachrichtenverkehr vollständig lahmgelegt wird. Das wird nicht geschehen.
Die Musikindustrie ist nur erstes Opfer der sehr grundlegenden Umstrukturierung in der Informationsgesellschaft geworden: Wie im Video sehr anschaulich dargestellt, gibt es einen fundamentalen Unterschied bei der Vervielfältigung von materiellen Gütern einerseits, und Informationen (Dateien) andererseits.
Jeder Computer ist im Grunde wie eine gigantische Fabrik, die Informationen theoretisch zu Nullkosten unendlich oft vervielfältigen kann. In dieser Vervielfältigung steckt aber keine menschliche Arbeit und also auch kein Mehrwert.
Deshalb folgt der Handel mit Informationen notwendig vollkommen anderen Gesetzen als der Handel mit Brot, Dildos, Tamagotchis oder Leopard-Panzern.
Geistiges Eigentum kann man auch nicht so gut vererben wie Aktien: Was nutzen meinen Kindern nach meinem Tod meine Bücher, wenn sie sie nicht selber gelesen haben?
Informationen können gar nicht gestohlen werden: Was ich gelesen, gehört, gesehen und gerochen habe, wird in meiner Erinnerung bleiben, das kann mir niemand mehr wegnehmen. Ich kann es nur mit-
teilen.
Der Schritt in die Informationsgesellschaft wird also notwendig erfordern, dass der kapitalistische Begriff von (Privat-)Eigentum neu definiert wird. Diese Umstrukturierung wird noch ganz andere Kollateralschäden nach sich ziehen, als ein paar Urheberrechtsklagen gegen pubertierende Jugendliche oder Köche.
Wichtiger als das Lamentieren gegen diese Entwicklung und das Unterzeichnen von Petitionen erscheint es mir aber, dass jeder sich ein wenig anstrengt, die technischen Grundlagen zu verstehen. Teile des Videos sind nämlich genau so unseriös und verlogen, wie das, was die ACTA-Initiatoren selber treiben.