Es gibt verschiedene Möglichkeiten,
mit dem Fetisch anderer umzugehen - nette, tolerante, naserümpfende, i-gitt, interessant - habe ich alle in diesen 5 Seiten gefunden. Natürlich alle wesentlich gewandter ausgedrückt und besser verpackt als es die Kumpel am Biertisch tun. Ich schließ mich da mal an mit einer kleinen Geschichte, damit das Ganze nicht so trocken wird:
Sie war eine ziemlich kleine Frau, die beim Tanken gerade so über ihren roten Mini schauen konnte. Dummerweise sah sie genau in meine Richtung und irgendetwas funkte da mächtig zwischen uns. Wir waren noch beim Sortieren dessen, was da gerade in unseren Köpfen Unfug machte und so bekamen wir deswegen nicht mit, dass wir nicht beide gleichzeitig durch den Eingang zur Kasse passten.
Ein paar Entschuldigungen und eine halbe Stunde später saßen wir uns in einem kleinen, um diese Nachmittagszeit wenig besuchten Kaffee gegenüber und ich hatte Zeit, sie mir in Ruhe anzuschauen. Alles an ihr war klein, der schön gezeichnete, ausdrucksstarke Mund, die Nase, die sich vorwitzig ein wenig nach oben bog und auch die gepflegten, langfingrigen Hände. Nur ihre Augen passten nicht in dieses Bild, denn jedes Mal, wenn sie mich anschaute, wurden sie groß und dunkel und der fehlende Kontrast zu ihrem langen, schwarzen Haar erhöhte die Faszination dieser Augen nur noch.
Irgendwann wussten wir im Laufe des Gesprächs, das eigentlich mehr aus Schweigen als aus Reden bestand, nicht mehr wohin mit unseren Händen und der Zufall wollte es wohl, dass wir sie auf die gleiche Stelle der Tischplatte ablegten. Sie errötete leicht, als sie ihre Hand sanft auf die Meine legte, aber sie ließ sie dort und ich genoss es einfach. Die roten Wangen machten aus ihrem um diese winterliche Jahreszeit sehr blassen, ungeschminkten Gesicht ein kleines Schneewittchen.
Viele Telefonate, Kaffe- und Barbesuche später fanden wir uns nach einem halben Jahr in diesem Hotelzimmer wieder und sie hatte, auch wenn es jetzt Sommer war, wieder das Schneewittchengesicht, als sie mich auf dem Bett das erste Mal lange und leidenschaftlich küsste. Wir waren beide keine siebzehn mehr, mit einer bestimmten Absicht in diesem Hotelzimmer und mussten deswegen nicht viel Reden. Irgendwie war es selbstverständlich, dass sie mich auszog, genau wie ich kurz darauf sie. Als ich sie so völlig nackt vor mir sah, war da nichts mehr an ihrem Körper, das klein war. Es passte einfach, die Proportionen waren perfekt und als sie meinen Blick spürte, drehte und wand sie ihren Körper im Licht der Nachttischlampe mit einem kleinen, verlegenen Lächeln, so dass ich auch jedes Detail erkennen konnte. Es war eine angenehme Überraschung, denn ich kannte sie zuvor immer nur in Jeans und den verschiedensten Pullovern, die auch nicht die geringste Andeutung ihrer Traumfigur preisgaben.
Sie schien ziemlich genau zu wissen, was sie wollte und als sie sich auf mir zu bewegen begann, wollte ich mich ihr angleichen, aber sie schüttelte nur den Kopf und klammerte mich noch ein wenig mehr mit ihren Schenkeln fest.
Ich hasse es, wenn eine Frau das tut. Es sollte gemeinsam beginnen und auch gemeinsam enden. Ich bin kein Pascha, für den eine Frau sich so richtig ins Zeug zu legen hat, denn wenn ich eine Frau begehre, dann möchte ich, dass sie glücklich ist und nicht ich alleine. Ich bin da ziemlich komisch gestrickt, aber sie wollte genau das nicht zulassen.
So bewegte sie sich auf mir, beobachtete genau meine Reaktion und passte sich mit ihren Bewegungen meinem Stöhnen an, das ich bald nicht mehr unterdrücken konnte. Sie wurde schneller, heftiger, wilder und ich konnte sie nicht mehr festhalten mit meinem Blick. Sie benutzte nicht mich für ihre Lust, sondern ihren Körper für meine und ihr Blick fesselte meinen, ließ ihn einfach nicht los, bis sich meiner trübte, weil einfach nicht mehr genug Blut da war, das hätte die Augen versorgen können. Sie presste mich wie in einem Schraubstock zusammen, noch heftiger wurden ihre Bewegungen, bis sie schließlich meine Explosion spürte und das Zimmer um mich herum im Dunkel der Erlösung versank.
Als ich meine Augen wieder öffnete, saß sie noch immer auf mir und ich konnte das Pulsieren in ihrer Vagina spüren, mit dem sie noch ein wenig mit meinem Glied spielte. In ihren Augen sah ich eine seltsame Mischung aus Befriedigung und Traurigkeit – und es tat mir weh. Nicht sie tat mir weh, sondern ich mir selbst. Irgendetwas hatte ich übersehen, irgendetwas nicht richtig gedeutet. Hätte ich mich doch gegen ihr Solo wehren sollen? War es dass, was sie gewollt hatte? Jetzt war es zu spät für diese Frage, und als sie von mir herunter glitt, so sanft und zart, wie sie sich auch auf mich gesetzt hatte, wurde mir kalt.
Sie drehte sich noch einmal zu mir.
„Schlaf ein wenig, mein Schatz. Bitte denk nicht darüber nach, es war sehr schön für mich.“
Sie wendete sich mit dem Rücken zu mir, rückte ganz dicht an mich heran und nachdem sie meinen Arm über ihren Körper gelegt hatte, schloss sie die Augen. Minuten später verrieten mir ihre tiefer werdenden Atemzüge, dass sie einschlief.
Mich floh der Schlaf, obwohl mein Körper todmüde war und irgendwann stand ich leise auf, umrundete das große Bett und setzte mich neben sie. Sie lag auf der Seite, mit einem Arm klemmte sie die Decke über der Brust fest und der andere lag ausgestreckt, die kleine Hand zur Faust geballt, halb auf dem Nachtschrank.
Ich dachte immer noch darüber nach, was ich falsch gemacht hatte und als die Wolken dem Mondlicht gestatteten, das Zimmer ein wenig zu erhellen, sah ich, dass sie etwas in der zur Faust geballten Hand hielt. Der Zipfel eines Tuches schaute daraus hervor und als ich ihn ihr vorsichtig aus der Hand nahm, spürte ich, dass es sich um ein Seidentuch handelte.
Ich war ein Idiot. In dem gleichen Moment, als das kühle Material meine Hand berührte, fiel mir wieder der Beginn des Abends ein. Als wir ins Bett gingen, hatte sie ein paar Utensilien auf den Nachtschrank gelegt, Kondome, einen Vibrator und genau dieses Tuch. Ich hatte ein bisschen gefrotzelt und gesagt, das ich es toll finde, dass sie sich so stabsmäßig vorbereitet hat, aber wenn wir Kondome benutzen, benötigen wir kein Tuch. Sie war knallrot geworden und hatte irgendetwas von einem Talisman gesagt. Pustekuchen, es war ganz etwas anderes.
Ich schaute es mir genauer an, und als ich an ihm roch, stieg mir ihr betörender Duft wieder in die Nase. Da ich selbst Materialien, die glatt und glänzend sind, sehr mag, hatte ich mich auch ein wenig mit Seide beschäftigt und was ich hier in der Hand hielt, war ein Tuch aus Habotai-Seide. Das ist ein sehr teures Material, das auch als Leinwand für Seidenmalerei verwendet wird, weil es unglaublich glatt und fließend ist. Eine Berührung dieses Stoffes ist wie das Gefühl eines ganz zarten Streichelns, ein Gefühl, als würde es sich an die Haut anschmiegen und sie liebkosen.
Das war es also, was ihr gefehlt hatte. Sie hatte einen Fetisch und schämte sich so sehr dafür, dass sie es mir nicht sagen konnte. Die Traurigkeit in ihrem Blick war die Enttäuschung darüber, dass ich nicht tief genug in sie hineingesehen hatte, das ich nicht verstanden hatte, wie sehr sie sich wünschte, ich möchte es erkennen und ihn mit ihr ausleben.
Es war noch nicht zu spät und so zog ich ganz sacht die Decke von ihrem schönen Körper und als hätte der Mond ein Herz für Verliebte, schickte er in diesem Moment wieder seine Strahlen und tauchte ihre Haut in ein schimmerndes, warmes Licht. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich nicht mitbekommen hatte, wie sie wach wurde und als sich unsere Blicke jetzt begegneten, wusste ich, was ich zu tun hatte …
(C) by me, Jan 2011