faszinierend...
schon deshalb lohnt es sich.
wissen ist für mich wertvoller als wurst...
aber wonach suchen wir eigentlich?
hier mal etwas kurzes von
Egon Friedell:
Ist die Erde bewohnt?
In ihrer genaueren Formulierung lautete diese Frage, die vor zwei Lichtjahren auf dem innersten Planeten des Sternenpaars Cygni ("die Schwäne"), eines der uns zunächst gelegenen Sonnensysteme, gestellt wurde: "Sind die Trabanten des Fixsterns 501 bewohnt oder wenigstens bewohnbar?"
Sie wurde von den Gelehrten einstimmig verneint. Sie erklärten:
Nur Planeten von Doppelsonnen sind bewohnbar, weil nur sie durch die einander aufhebenden Anziehungskräfte der beiden Gegensonnen in Gleichgewicht und Ruhe erhalten werden. Sol ist jedoch ein Einzelstern und seine Planeten daher Drehsterne. Die hierdurch bewirkte grauenvolle Bewegung läßt jeden Gedanken an dortiges Leben als Wahnwitz erscheinen.
In der Atmosphäre der Soltrabanten wurden beträchtliche Mengen des Sauerstoffs festgestellt, jenes bösartigen Giftgases, von dem schon geringe Spuren genügen, um alle Lebenskeime zu vernichten.
Der Sauerstoff verbindet sich auf den Satelliten unseres Nachbarsternchens mit einem zweiten Stoff, über den noch nichts Genaueres bekannt ist, zu einem Gas von einer für Cygnoten ganz unvorstellbaren Dichte, das große Teile der Planetenoberfläche mit einer tiefen Kruste überzieht. Daß es gänzlich unmöglich ist, in oder auf diesem Medium zu leben, bedarf wohl keiner weiteren Erörterung.
Es steht völlig außer Zweifel, daß auf keinem Soltrabanten die Durchschnittswärme 500 Grad übersteigt, ja auf manchen sinkt sie bis zu 100 Grad! In einer Temperatur, die so weit davon entfernt ist, Violettglut erzeugen zu können, vermag Leben nicht zu entstehen, geschweige denn sich zu höheren Formen zu entwickeln.
Sol ist einer der lichtschwächsten Fixsterne. Die gesamte Lichtmenge, die er während eines Solarjahres produziert, würde gerade noch genügen, um die Bewohner des nächsten seiner Planeten eine Cygnalsekunde lang zu ernähren! Selbst wenn man also einen Augenblick lang die absurde Hypothese annehmen wollte, daß auf einem sauerstoffverpesteten, in blitzschneller Rotation befindlichen Ball 'Lebewesen' existieren können, so könnten diese eben nur einen Augenblick lang leben, denn im nächsten wären sie bereits an Lichthunger elend zugrundegegangen.
Sämtliche Solplaneten sind ungeheuer schwer. Selbst der leichteste von ihnen, der dreiundzwanzigste, wiegt noch immer etwa vierzigtausendmal so viel wie beide Cygni zusammen. Infolgedessen müssen diese Monstra eine Gravitationskraft besitzen, die die Existenz luftartiger Geschöpfe völlig ausschließt. Da Leben nur in Gasform möglich ist, so erledigt sich schon durch diese Tatsache die ganze Frage nach der Bewohnbarkeit dieser Weltkörper.
Da Sol eine immerhin mehrtausendfach höhere Temperatur und eine viel geringere Dichte als seine Planeten besitzt, so wäre die Möglichkeit, daß er selbst bewohnt ist, theoretisch denkbar. Aber auch sie muß verneint werden, denn die Spektralanalyse hat festgestellt, daß er einen hohen Prozentsatz an Eisen enthält. Von diesem furchtbaren Gas würde ein Milligramm ausreichen, um Myriaden von Cygnoten durch die Kraft seines Magnetismus auf der Stelle zu töten. Die ehernen Naturgesetze, die die Wissenschaft entschleiert hat, gelten eben auch für die Lebenserscheinungen und umspannen unerbittlich den ganzen Kosmos, weshalb man müßige Spekulationen über die Bewohnbarkeit unserer benachbarten Liliputsonne und ihrer toten Drehsterne den Romanschriftstellern überlassen sollte."
Nur ein verrückter Privatdozent der Philosophie erklärte:
"Selbstverständlich sind alle Solplaneten bewohnt, wie überhaupt alle Weltkörper. Ein toter Stern: das wäre ein Widerspruch an sich selbst. Jeder Weltkörper stellt eine Stufe der Vollkommenheit dar, einen der möglichen Grade der Vergeistigung. Jeder ist ein Gedanke Gottes: also lebt er und ist er belebt, wenn auch seine Bewohner vielleicht nicht immer so aussehen, wie ein Professor der cygnotischen Astronomie";
worauf ihm wegen Verhöhnung der Fakultät die Befugnis zur öffentlichen Gedankenübertragung entzogen wurde.