Lingua et persona
beim Lesen eines eigentlich mehr als mittelmäßigen Krimis wurde ich gerade mit mir! interessant erscheinenden Thesen konfrontiert, inwieweit Sprache Persönlichkeit konstituiertMacht mich die Tatsache, mit Deutsch als Muttersprache aufgewachsen zu sein, per Zungenschlag zu einem Menschen, der "typisch" deutsche Verhaltensweisen im Duktus, in Mimik und Gestik annimmt? Wie verändert sich ggf. meine Selbstdarstellung in den Momenten, in denen ich in eine andere Sprache wechsele
Da ich dies selber im Moment nicht so schlüssig darstellen kann, zitiere ich mal die Passage, die mich zu diesem Thema angeregt hat
es ist einer der bemerkenswerten Aspekte von Sprachen, dass wir scheinbar allein durch das erzeugen für uns ungewohnter laute andere persoenlichkeiten annehmen können. Den zweisprachigen unter uns erscheint dies so offensichtlich, dass es kaum einer Erwähnung bedarf: muehelos flattern sie von einer Sprache zur anderen - so fliesst ein strom typisch englischer laute und Redewendungen beinahe ohne die kleinste Welle zu verursachen hinüber in die satzbauten und Betonungen, die dem urdu eigen sind -, wobei solche Leute meist ganz beiläufig von ihrem "pakistanischen ich" und ihrem "englischen ich" sprechen. Aber für diejenigen von uns, die erst spät zu einer anderen Sprache kamen, ist es jedesmal irgendwie eine besondere erfahrung, dies zu fühlen und zu erleben. Dieser Moment, wenn man merkt, dass eine andere persoenlichkeit die gewohnte uebernimmt, der Moment, wenn man "Italienerin" oder "Japanerin" wird. Es ist der Moment, wo man aufhört, sich ueber Grammatik und Aussprache Gedanken zu machen, und einfach zulässt, dass die andere Sprache von der eigenen Person Besitz ergreift, durch sie hindurchgeht, sie verwandelt.
Wenn ich spanisch spreche, die Sprache, die ich neben englisch am besten beherrsche, merke ich, wie die Strukturen meiner Gesichtsmuskeln sich veraendern und neue, dennoch vertraute Gebärden meine Hände dirigieren. Ich sehe mich die Schultern zucken und meinen kopfnnach hinten werfen, die Mundwinkel herunterziehen und die augenbrauen heben. Ich fasse permanent meine Mitmenschen an,und es macht mir nichts aus, dass sie ganz nahe bei mir stehen und mir ihren Zigarettenrauch Ilona Gesicht blasen. Ich spreche schneller und flüssiger und gebrauche ausdrücke, die keine Entsprechung im englischen haben
Wenn ich spanisch spreche, die Sprache, die ich neben englisch am besten beherrsche, merke ich, wie die Strukturen meiner Gesichtsmuskeln sich veraendern und neue, dennoch vertraute Gebärden meine Hände dirigieren. Ich sehe mich die Schultern zucken und meinen kopfnnach hinten werfen, die Mundwinkel herunterziehen und die augenbrauen heben. Ich fasse permanent meine Mitmenschen an,und es macht mir nichts aus, dass sie ganz nahe bei mir stehen und mir ihren Zigarettenrauch Ilona Gesicht blasen. Ich spreche schneller und flüssiger und gebrauche ausdrücke, die keine Entsprechung im englischen haben
Aus: Barbara Wilson "Trubel in transsylvanien"
[alle Schreibfehler sind meinem iPad geschuldet ^^]
Wenn man nicht zweisprachig aufgewachsen ist ... damit meine ich, dass der Erwerb einer zweiten Sprache vor dem Erreichen des 14. Lebensjahres (für mich der Zeitpunkt, zu dem die Fähigkeit zur Abstraktion einsetzt und damit Sprache nur noch per Vokabeln-pauken und Grammatik erlernt werden kann) ... wird man wohl in keiner anderen Sprache als der eigenen einen vergleichbar grossen Wortschatz erwerben ,einhergehend mit der Fähigkeit, sich über jedes Thema, in dem man Wissen erworben hat, auszutauschen.
Wenn ihr es euch aussuchen könntet, welche Sprache würdet ihr welchem Lebensbereich zuordnen?
Latein für Religion? Griechisch für Philosophie? Englisch für Technik? Französisch für liebe? Italienisch für Romantik?
Ich habe jetzt im Sinne einer Diskussion keine tiefschürfenden Fragen formuliert ... sondern möchte euch einfach einladen, über eure Meinungen und Erfahrungen zu diesem Thema zu schreiben
Noch ein "Schmankerl" über die deutsche Sprache aus besagtem Buch
wenn Verben der Motor einer Sprache sind, dann ist das deutsche eine Serie von Autobahnunfällen. Saemtliche Hauptwörter und Adjektive fahren ruhig vorneweg, während man am Ende jedes Satzes eine Massenkarambolage von Verben auseinandersortieren muss
In diesem Sinne: viel spass beim Sortieren
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