Aggressivität
Männer und Aggressivität ist ein ziemlich komplexes Thema. Um es in eine Sexismusdebatte einzubringen vielleicht zu sperrig. Besonders wenn man die neuesten Untersuchungen zu männlichen Hormonschwankungen und zu Testosteronmessung ansieht, dann ist das eines der Felder, wo die Wissenschaft noch erschreckend wenig weiß. (Vielleicht hats jemand mitgekriegt, die simulierte Marsmission in Russland ergab Hinweise darauf, dass auch Männer unter Hormomschwankungen leiden; es gibt Untersuchungen, dass der Testosterongehalt von Vätern drastisch sinkt, wenn sie viel Bezug zum Baby haben; und es gab eine Versuchsreihe, die herausgefunden zu haben meint, dass der bislang gemessene hohe Testosterongehalt nach Aggressionen WÄHREND der Aggression entsteht und mitnichten deren Ursache ist.) Kurz gesagt: Ob wir in 20/30 Jahren noch vom männlich, aggressiven Testosteronbomber reden, oder auch hier die Biologie der Philosophie/Sozialpsychologie folgt und eine Mischung aus Biologie und Gender herauskommt, halte ich für sehr offen. So offen, dass ich eigentlich gar nicht über eine "natürliche Aggressivität" sprechen mag.
Schon gar nicht im Sinne eine Entmündigung, die zwangsweise zu bestimmten Gesellschaftsstrukturen führen muss.
Vielleicht sind wir ja in 50 Jahren so weit wie die Amarete, oder sogar noch weiter. (
http://de.wikipedia.org/wiki/Amarete)
@*****mus direkt
Für mich bleibt der Sexismus ein zweitteiliges Problem. Einerseits die Machtfrage, die dazu führt, dass wir meistens über Frauen sprechen müssen, wenn es darum geht, wer unter Sexismus zu leiden hat.
Andererseits, das will ich doch auch mal würdigen, die Verknüpfung von Individuum-sex-Gender-Verhaltenserwartungen, die beide Geschlechter gleichermaßen trifft.
Vielleicht kommt das Unbehagen von Männern (und manchen Frauen) an der Debatte auch einfach daher, weil sie den zweiten Punkt klar sehen oder auch nur empfinden, den ersten aber nicht so im Blick ihrer Lebensrealität haben. (Toll übrigens, dass es Frauen gibt, die das nicht erleben.
)
Denn natürlich haben auch Männer unter zu strikten Rollenmustern zu leiden. Nur, und dabei bleibe ich, gibt es viele Frauen, die unter beiden Phänomenen zu leiden haben: strikte, beängende Rollenmuster und eine untergeordnete Machtposition.
Das würde eine Analyse des modernen Feminismus aufnehmen. Dieser würdigt auch die Sorgen, die Männer oder Angehöriger bestimmter Rassen oder Ethnien besitzen. Sie sagen jedoch, dass in fast allen Kulturen das "Frau-Sein" in der Summe als Benachteiligung dazu kommt. Kurz: Fast jeder Mann hat, selbst wenn er am Ende der gesellschaftlichen Hierarchie steht, noch eine Frau, auf die er herabsehen kann.
Das passt zu Heidis Hausvorstand-Beispiel.
In der Sexismus-Debatte läßt das zwei Möglichkeiten. Entweder man stellt die Debatte unglaublich weit auf, so dass alle anderen Benachteiligungen auch zur Sprache kommen, oder man verengt es auf einen bestimmten Punkt.
Die Abwehrreaktionen von mir (und so habe ich auch einige andere verstanden) laufen darauf hinaus, dass wir es nicht zulassen wollen, dass die Sexismus-Debatte in einen riesigen Kontext gestellt wird und dann irgendwann nur noch als Nebenwiderspruch in der Fußnote vorkommt. Wir wollen, dass sie pointiert gewürdigt wird, weil nur so etwas bei rumkommt.
Es geht also um die Doppelung: Rollenvorstellung qua gender/sex PLUS die tendenzielle Machtkonstellation.
Unnötiger Einwand von mir? In der "kontrovers"-Sendung des Deutschlandfunks zu dem Thema (letzter oder vorletzter Montag) war eine Position von dreien: "Hatten wir alles schon, nix Neues, es gäbe soviel wichtigeres über das man debattieren könnte, das wächst sich raus, muss man alles in einem größeren Kontext sehen."
Die Position hatte insoweit recht, dass die zweite Frauenbewegung entstand, weil die damalige linke, marxistisch-kommunistische Szene ähnlich argumentierte.
Die Unterdrückung der Frau sei ein Nebenwiderspruch, der sich mit dem Untergang des Kapitalismus mit auflösen würde.
Vielleicht ist ja der eine oder andere bereit die Verengung der Sexismus-Debatte zu ertragen, wenn man in einer Fußnote anmerkt, dass dies nicht das einzige Problem im Land ist?