Hallo an Allen.
Ich würde gerne ein paar Dingen (leider aus Erfahrung) beitragen.
Also, ... ja, nach dem Art. 142, Punkt 8. des CodiceDellaStrada (ital.StVO) bei Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerorts von 11 bis 40 km/h ist ein Bußgeld zw. 173€ und 694€ und 3 Punkte fällig.
In der Regel wird der kleinste Betrag verhängt (also in dem Fall 173€), hinzu kommen aber alle mögliche "Gebühren" wie Zustellungsgebühren per Einschreiben mit Rückschein, Gebühren für die Ermittlung des Fahrzeugshalter über das sogenannte "cross-border-Verfahren" (ein EU-Abkommen für die Übermittlung von KFZ-Zulassungsdaten) und auch gerne die Kosten für Übersetzung in die Zielsprache.
Die Behörde, die die Ordnungswidrigkeit festgestellt hat (Polizia Stradale, Carabinieri oder Polizia Municipale), hat in Italien 90 Tage Zeit für die Zustellung des Bußgeldbescheids per Einschreiben (wichtig per Einschreiben).
Fürs Ausland jedoch 360 Tage! (Aber auch per Einschreiben!!! Denn ohne Einschreiben haben sie keinen Beweis der ordnungsgemäße Zustellung)
Wenn das Bußgeld ohne weitere Aktionen (Widerspruch) nicht bezahlt wird, hat die italienische Behörde zwei Möglichkeiten: entweder das Kennzeichen in die Fahndungsliste aufzunehmen (nur für Italien) und beim nächtens Besuch in Italien wird man schnell zur Kasse gebeten, (ggf. für die doppelte Summe mit zusätzlichen Zinsen; wenn man angehalten wird muss man in der Lage sein die komplette Summe SOFORT zu begleichen, egal ob in bar, mit Ec- oder Kreditkarte, ansonsten kann das Fahrzeug sogar beschlagnahmt werden), oder es findet eine Forderungsabtretung an das Zielland statt, d.h. dass zum Beispeil die deutsche Behörde den Titel bekommt das Bußgeld einzutreinben.
Bei der zweiten Möglichkeit, weiß ich, dass dieses internationale Abkommen existiert, allerdings weiß ich nicht ob es je angewendet worden ist.
Bei der Ersten hingegen, kennen ich leider ein paar Fällen im Bekanntenkreis.
Punkte und ggf. Fahrverbot: ja, in Italien können auch ausländische Fahrer Punmte und einen Fahrverbot bekommen. Das gilt aber ausschließlich für Italien. Diese werden nicht an die ausländische Punkteregister übermittelt und auch nicht mit Punkten aus anderen Ländern addiert.
Wenn man ein Fahrverbot bekommt (1, 3, 6 Monate oder mehr) gilt das nur als Sperre für Italien.
Den ausländischen Führerschein einbehalten bei einer Kontrolle dürfen sie NICHT! Außer bei schwere Ordnungswidrigkeiten wie Fahren unter Einfluss von Alkohol oder Drogen oder bei Verkehrsunfälle mit Verletzten oder Todesfällen.
Sollte die italienische Poliziekontrolle den ausländischen Führerschein einbehalten (wie es mir passiert ist) obwohl sie es nicht durten (aber bis dahin wusste ich das nicht), hat man NICHT automatisch die generelle Fahrerlaubnis verloren, denn das Fahrverbot gilt nur für das Land in dem den Verstoß begangen hat, in dem Fall Italien.
Meine zuständige Führerscheinstelle hat mir damals eine provisorische Fahrerlaubnis (in Papierform) ausgestellt, bis die Sache geklärt wurde.
30% Ermäßigung: ja, seit 2013 (glaube ich) hat man die Möglichkeit sich einen quasi Skonto von 30% abzuziehen, wenn man innerhalb 5 Tagen vom Verstoß, wenn man Vorort angehalte wurde und den Verstoß mit Unterschrift zugestimmt hat oder innerhalb 5 Tagen von der Zustellung des Bescheids (auch hier ist wichtig das Datum der Zustellung des Einschreibens), bezahlt.
Aber Achtung, günstig ist es zwar schon, jedoch hat man sich dadurch jegliche juristische Wege, um gegen den Bußgeldbescheid vorzugehen, abgeschnitten.
Bezahlen mit Ermäßigung bedeutet den Bescheid akzeptieren, auch wenn der Verstoß beispielsweise fehlerhaft ermittelt wurde, falsch berechnet oder Formfehler in der Zustellung sind.
Sollte der Fahrer im Beweisbild (meistens wird man in Italien von hinten geblitzt) nicht eindeutig zu erkennen sein und man will oder kann keine Angaben zu dem Fahrer abgeben, werden die Punkte in Bußgeld umgewandelt. I.d.R. wird das Bußgeld verdoppelt.
Nun zu den Fragen vom TE:
Müsst Ihr, die Ihr in Italien wohnt, auch solche unglaublich hohen Strafen zahlen?
Ja, müssen sie. Der Bußgeldkatalog unterscheidet nicht zwischen In- uns Ausländer. Der einzigen Unterschied sind die zusätzliche Gebühren für Ermittlung, Übersetzung und Zustellung.
Wen von euch hat es auch schon mit vergleichbaren Vorgängen erwischt und wie seid Ihr vorgegangen?
Ja, ... mich
und Freunden von mir, sowohl italiener als auch Deutsche.
Widerspruch?
Manchmal loht es sich, vorallem wenn die Strafe hoch ist. Man braucht aber GUTE Argumente, einen italienischen Anwalt, der sich in der Materie gut auskennt und viel Geduld.
Zahlung unter Vorbehalt?
Soweit ich weiß geht das nur durch Hinterlegung einer Kaution, die in der gleichen Höhe des verhängtes Bußgeldes liegt (d.h. doppelt zahlen). Danach den juristischen Weg zu dem Giudice di Pace mit einem Anwalt antreten.
Wenn man Recht bekommt, kriegt man die komplette Summe zurück überwiesen. Wenn nicht, nur die Kaution.
Aussitzen?
Kann man. ... Wenn jenes Auto (bzw. Kennzeichen) und/oder der Fahrzeughalter (falls der Halter keine Firma ist) den italienischen Boden nicht mehr betreten werden.
Ob da eine Verjährung gibt, weiß ich nicht.
Ich würde allerdings diesen Weg nicht empfehlen.
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Ein paar - vielleicht - nützliche Hinweise von mir.
Alle elektronische Geschwindigkeitskontrolle, egal welcher Art, müssen durch einen Schild angekündigt sein.
Auf manchen Autobahnen steht ein Schild mit "controllo elettronico della velocità con sistema tutor". Das bedeutet, dass die Geschwindigkeit nicht nur auf einem Punkt gemessen wird, sonder es wird die Durchschnittsgeschwindigkeit zwischen zwei Messpunkte errechnet. (Eine Liste der 159 Autobahnstrecke, die mit dem System Tutor gemessen werden, ist im Internet offiziel zu finden)
Bei fest installierte Blitzer steht immer ein fest installiertes Schild, auch wenn der Blitzer nicht aktiv ist.
Bei mobile Blitzer muss auch ein mobiles Schild auf angemessener Entfernung am Straßenrand stehen. Sie stehen i.d.R. an einem Pfosten angelehnt oder auch an einem eigenen kleinen Ständer. Wie viele Meter vor dem Blitzer stehen müssen, habe ich nicht gefunden.
Egal welcher Farbe (ob Orange, blau, grün oder grau) und egal welcher Form (ob rund oder eckig) nicht alle sind echte Blitzer. Manche sind nur Bländer/Attrappen, auch wenn Blitzerwarner-Apps oder Navis sie als echte erkennt. Diese genau zu unterscheiden bedarf etwas Erfahrung. "Probieren geht über studieren! "
Echte Blitzer sind aber nicht immer aktiv. Außerorts bedarf die zietliche Anordnung des Prefettos.
Das zu prüfen bedarf Akteneinsicht durch den Anwalt.
Blitzergeräte jeglicher Art (außer Ampelblitzer) müssen jährlich von zertifizierten Firmen geeicht werden und das Datum der letzten Eichung muss im Bußgeldbescheid erwähnt werden.
Das Kennzeichen muss im Beweisbild eindeutig zu erkennen sein. Ein durch den Operator oder ein durch ein separates Kennzeichenerkennungsgerät zugeordnetes Kennzeichen ist nicht gültig.
Wenn auf dem Beweisbild zwei Autos zu sehen sind ist die Messung ungültig.
Ein Gerichtsurteil hat auch den Fall von zwei Autos in entgegenzusetzen Fahrtrichtung als ungültig erklärt.
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So, ich glaube es reicht für heute
Ich wünsche allen viele schöne unfall- und strafenfreie Fahrte nach und durch Italien