Und die Tomate sorgfältig achteln oder...

Und die Tomate sorgfältig achteln oder: Wenn du nichts raffst, bleibt alles glatt

Das Frühabendnickerchen muss ich mir abgewöhnen, wegen der Träume.
Genau dann träume ich von meinen Unzulänglichkeiten.
Als ob eine übelgelaunte, ständig mit erhobenem Zeigefinger fuchtelnde Übelfee die Macht über mein Unterbewusstsein hätte.
Alles hat mit NICHT zu tun:
Nicht gemacht, nicht gesagt, nicht geantwortet, nicht…
Das Wachdämmern ist eine Plage. Dringend muss ich an meine Kaffeemaschine um mir den Kaffe zu kochen, den ich um diese Zeit nicht mehr vertrage.
Beim Einzählen der Kaffeemenge in den Filter habe ich ein unangenehmes Gefühl in meiner Poritze. Garantiert habe ich das Klopapier nicht sorgfältig genug benutzt.
Also ab ins Bad, von meinen Unzulänglichkeiten getrieben.
Irgendwie müsste jetzt der Kaffee durch sein, hätte ich Wasser in die Maschine gegeben. Aber es riecht nur angebrannt oder- so wie früher neben der Kaffeerösterei- nach alten Lumpen.
Also alles auf Anfang, diesmal mit Wasser.
In Erwartung meines Kaffees zappe ich mich durch das Fernsehprogramm. Kochshows allerorten. Eine Sterndekorierte achtelt gerade in sekundenschnelle Cocktailtomaten. Das muss die Sternekunst sein, die winzigen Dinger auch noch zu achteln.
Und wie geschickt sie die Frischhaltefolie über eine Schüssel spannt, genial.
Kann ich nicht, denn wenn ich mir ein Stück abrollen und schneiden will, dann habe ich entweder alles am Arm zu kleben oder das Zeug haftet nicht.
Aber ich lege ohnehin viel lieber einen Teller drauf, das ist so wunderbar umweltfreundlich!
Und nun sitze ich da, trinke den im zweiten Anlauf mehr schlecht als recht gelungenen Kaffee.
Rauche mir eine an und bin entschlossen, meine Unzulänglichkeiten zu lieben.

(bk) 2014/ 2017