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Wintertagebuch

**********gosto Frau
16.056 Beiträge
Themenersteller 
Wintertagebuch
Heute habe ich mein nächstes Schreibprojekt beschlossen. Drei Monate lang, November, Dezember, Januar, will ich täglich 500 Wörter zu Papier bringen - bzw. papierlos ins Schreibprogramm - über alles, was mir im Kopf herumgeht und auf der Seele brennt.

Die Texte sollen nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sein, auch nicht für die im JOY, und mir deshalb die Freiheit verschaffen, alles zu formulieren, was sich das liebe Mädchen, die wohlerzogene Tochter aus gutem Hause noch nie zu sagen traute.

Hier soll alles Platz finden, Schmerz, Zorn, Trauer, Angst - aber auch Boshaftigkeit, Schadenfreude, Rachsucht, Hass und Neid und was sonst noch ans Tageslicht will.

Damit will ich der Depriphase zu Leibe rücken, in die mich das Romanprojekt über die Lehrerin mit Burnout gezogen hat.

Hach, endlich alles aussprechen, was ich der Welt schon immer sagen wollte! Das stell ich mir toll vor und ich freu mich drauf! *pirat*

© luccioladagosto 31.10.2017
*******316 Mann
182 Beiträge
Aber auch bestimmt Liebe, Lust, Freude und Glücksgefühle. Auch das sollte dazugehören.
Hi Luccio !

Ich diariiere seit 2012. Angefangen damit habe ich, weil ich damals unter extremen Schmerzen litt und das Tramal ("Tramadol") mein Arbeitsgedächtnis total "zerschossen" hatte. Ich wußte buchstäblich mittags nicht mehr, was ich zum frühstück gegessen hatte und auch alles davor war weg: ganze Tage fehlten ...

Aber schon im Sommer 2012 ist das Tagebuch zum Instrument meiner Selbstanalyse geworden ... ist es noch heute.

Ein paar Gedanken dazu:

Tagebuchschreiben halte ich auf jeden Fall für eine gute Sache. Denn es ist so: ein paar kurze Notizen vom Tag reichen aus, um noch viel mehr von dem Tag wieder zu Bewußtsein zu rufen, wenn man "nach Jahr und Tag" wieder nachblättert. Es ist also wirklich eine Stütze für das Gedächtnis und hilft, die eigene Geschichte im Griff zu behalten. Ausserdem entlastet das Tagebuch, vor allem, wenn man es abends führt. Man schreibt die Dinge auf, die einem Tagsüber begegnet sind - ob in der Aussenwelt oder in der "Welt im Kopf". Damit verarbeitet man sie und sie verfolgen einen nicht mehr so arg. Das Tagebuch ist ein gutes Schlafmittel. Leider bin ich selbst auf den Trip gekommen, frühmorgens im Bett zu tagebuchen ... da muß ich mal wieder runter von.

Deswegen sehe ich auch Deine Beschränkung auf die Winterzeit etwas "kritisch". Auch weil man Tagebuch schreiben erst mal lernen, sich daran gewöhnen muß. Das dauert einige Wochen und Monate. Also solltest Du vielleicht nicht unbedingt schon wieder damit aufhören wollen, wenn Du grade erst "reingekommen" bist.

Und ich würde von Hand zu Fuß in eine Kladde schreiben - man ist "näher drann" und schreibt langsamer, überlegter, weil es kein copy&paste gibt, kein "entf" und kein "einf". Es kommt nicht drauf an, viel zu schreiben, ausgefeilt zu schreiben. Das kann man, wenn man will. Ein paar Stichworte "Tagebuchnotizen" reichen aber auch völlig aus.

Für den Anfang empfiehlt sich eine feste Struktur, von der man sich lösen kann, wenn man "drinn" ist: Womit hat man den Tag verbracht ? Was hat man gegessen, getrunken ? Die Wege, die man gegangen ist, "erledigt" hat. Posteingang und Postausgang. Das Wetter, der Hund, Begegnungen, Lektüre, Geschreibsel - und natürlich für unsereinen: Sex. Vom Pornogucken und Wichsen bis zur Orgie im Club oder im Pornokino. Kam es gut, mässig, mies ? Und warum war es so ? Gab's was Besonderes ?

Gedanken: woran dachte man, an wen. Was begrübelte man, Entscheidungen, Vorhaben, Ideen, "Projekte". "Heute will ich endlich mal das Klo putzen!" - Wenn das morgens ins Tagebuch geschrieben wird, kann man sich viel weniger drum rumdrücken und deswegen schreibe ich sowas erst garnicht rein ...

Und wenn Du das Tagebuch benutzen willst, um mit früheren Begegnungen "abzurechnen" - dann kannst Du "Briefe in die Vergangenheit" schreiben - im Tagebuch oder einer separaten Kladde.

Wichtig ist noch: beim Schlafen - ob beim Mittagsschläfchen oder in der Nacht - muß das Tagebuch neben der Schlafstelle liegen. Mit Stift, Brille, Licht in Greifweite. Träume muß man wirklich sofort aufschreiben. Der Weg zum Lichtschalter oder das Suchen nach der Lesebrille kann schon ausreichen - und der Traum ist wieder weg !

LG
Niki
*******irl Frau
488 Beiträge
Viel Glück dabei!
Mir geht grad wieder durch den Kopf: ich könnte niemals Tagebuch schreiben.
Da hab ich eine totale Barriere.
Geht einfach nicht.
Denn alles, was ich aufschreibe, macht mich angreifbar, verletzbar... liefert mich anderen aus.

Ging es Euch nie so, dasz in Schulklassen Liebesbriefe vorgelesen wurden zum Gaudi aller?
Oder Mütter nicht eher ruhten, bis sie das Teeni-Sorgenbuch gefunden hatten und sich drüber mokierten, Väter sich lustig machten oder es einen Riesenkrach gab, nur wegen der unzensierten Gedanken, die man hatte?

Worte sind so endgültig.
So sichtbar.
Worte sind die Quelle der Miszverständnisse, sagte der Kleine Prinz.

Mag sein, dasz ich deswegen immer lieber gemalt habe.
Abstrakt natürlich.
Unverständlich.
Absichtlich.

Aber wenn ich Worte schreibe, sind sie immer an jemanden gerichtet.
Oder sowieso für die Öffentlichkeit.
Blogtexte.
Forum.
Sonstwas.
Aber niiiiiiiiemals persönlich.
So für niemanden bestimmt.
Das behalte ich lieber bei mir.
Ist einfach sicherer.
Damit es mir nicht gewaltsam genommen werden kann.
Gewalt hatte ich mehr als genug.
Musz ich nicht noch dadurch provozieren.

Auch diese ganzen Bucket-, Glücks-, Frust- und sonstigen Listen würde ich nie machen (können).
Wozu mich Magazine wie" Flow" etc. immer animieren wollen.
Schaffen sie aber nicht.

Dir viel Glück dabei. Wenn Du so etwas kannst.

Ging mir gerade so durch den Kopf beim Lesen.
Für heute: Gute Nacht und schöne Träume *g*
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