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Die Sprache der Vergangenheit

*******irl Frau
488 Beiträge
Themenersteller 
Die Sprache der Vergangenheit
Es gab so viele Worte die
einfach verschwunden sind die
kaum jemand mehr kennt die
niemand mehr
versteht.
So viel ist unter
gegangen
und noch mehr wird
weichen
einer neuen und
einfacheren Sprache
in Zeiten von
Twitter und Co.
Ich finde das immer schade
und mein Schatz
staunt oft wie viele
Wörter und Wendungen ich noch
ganz selbstverständlich
gebrauche weil sie für mich noch
dazugehören - wie lange noch?

Ich nehme manchmal Zuflucht
zur Sprache der Vergangenheit ihr
Reichtum ist wie ein Mantel
den ich mir umlegen kann als Schutz
und Zuflucht.
Und ich hatte mal den
Gedanken ein Blog
zu machen von einer
ZeitReisenden die unseren Alltag
in ihrer früheren Sprache beschreibt.

Leider kam dann immer wieder
Krankheit und Alltagskram
dazwischen aber ich
will es weitermachen
irgendwann denn ist es
nicht so dasz Sprache auch unser
Denken und Fühlen unsrer
Betrachtung der Dinge
beeinflussen kann?
Nehme ich die Dinge anders
und achtsamer wahr wenn ich
sie in altmodischer
Sprache empfinde?

So zumindest ging es mir dabei
Schade dasz man
nicht alle Tage die nötige
Musze dazu hat!

*************

Hier mal ein solcher Text, der "Brief" ist literarische Form und keineswegs eine Clubmail an irgendjemand gewesen.

Mein Liebster,
ich bin auf dem Friedhof gewesen.
Die Luft ist heut wunderbar mild.
Und trägt diesen feinen Schleier aus Feuchte und Taglicht.
Die ersten Blätter lagen am Weg in der Nässe, matt.
Das ist heute wahrlich kein Tag zum Tanzen.
Aber viele sind noch oben und erwarten ihre Stunde.
Das wird ein schöner Herbstball,
wenn erst der Wind die Nässe weggeweht hat.
Meine Augen labten sich an so mancherlei Grün
in allen Tönen, die ein Maler nur aus seiner Palette hervorzaubern kann.
Und ich dachte daran, wie wir hier oft gegangen sind, früher.
Vier prächtige Geranien hab ich gerettet vom Kompost,
die können noch blühen und uns erfreuen derweil der Oktober dahingeht.
Und ein Alpenveilchen, weiß cyclamengeflammt
das hat noch so viele Knospen, die nur darauf warten
zu erblühen und Duft zu verströmen.
Noch eines mehr in meiner Sammlung auf dem Fenstersims.
Unter der Eiche lagen kleine Zweige voller Blätter, wie kleine Bouquets.
Ich hab sie zum Strauße gebunden und morgen wirst Du sie sehn.
Gehab Dich wohl, bis balde

*************

Das ganze habe ich hier veröffentlich (ja, dasbin auch ich, bitte nicht gleich wieder löschen liebe JC-Polizei!)
https://rudolfinevonbettingerodeblog.wordpress.com/
Aber ich kam mit der Funktion von Wordpress nicht so zurecht und werde es mir noch rüberholen auf Blogspot, sobald ich mal dazu komme.
Es sollte so eine Art Briefblog werden, auch Briefe an ein Kind und anderes...
Schreibübungen, um vergessene Sprache lebendig zu halten.
Die deutsche Sprache hat so reichhaltige Möglichkeiten, sich auszudrücken. Leider gerät dies zunehmend in Vergessenheit. Schade.
*******eben Mann
535 Beiträge
Auch ich liebe eine leicht altertümliche Sprache, sintemalen sie eine Erweiterung der Ausdrucksmöglichkeiten bringt. Deshalb habe ich auch immer alte Lutherübersetzungen oder die klassischen Buddhaübersetzungen von Neumann sehr gemocht. Generell die Ausdrucksweise von der Romantik bis in die zwanziger Jahre hinein.Das hat etwas von sakraler Sprache, die einen Raum erschließt, der jenseits von Stress und Hektik liegt.
*******irl Frau
488 Beiträge
Themenersteller 
Jaa, Du kannst es besser sagen als ich!
Aber ich empfinde es genau so.

Grüsze in die Ferne - da trifft man sich nun hier... *zwinker*
Fototour durch den Schloßpark. Das Bild wurde von @mariediv gemacht.
*******2001 Mann
802 Beiträge
Sprache ist lebendig ...
... das sollten wir bei aller - manchmal durchaus berechtigter - Trauer über die Tendenzen der Verarmung und Simplifizierung nicht ganz außer Acht lassen. Wenn ich das hier so lese, dann habe ich das Bild vor Augen, dass jemand auf einem Dachboden den Staub der letzten Hundert Jahre von den Schellack-Platten pustet, das Grammophon des Urgroßvaters aufzieht und sich am kratzigen Klang erfreut.
Derweil füllt ein Stockwerk tiefer ein Klangwunder eines bekannten Herstellers mit B die Räume mit fantastischen akustischen Erlebnissen und Junior streamt gerade die neuesten Charthits aus dem Netz auf seine 7.1 Kopfhörer.

Wir können uns der modernen Entwicklung nicht gänzlich verweigern, weil wir als Sprachliebhaber ansonsten unter uns bleiben und vom Rest der Deutsch sprechenden Menschen nicht mehr verstanden, wohl aber belächelt werden. Wem etwas an unserer Sprache liegt, der schlägt die Brücke zwischen dem Früher und dem Morgen, verharrt nicht romantisierend im Vorgestern aber hütet auch seinen Wort-Schatz, indem er ihn benutzt, verstreut und weitergibt. Wir sollten auch nicht vergessen, dass Sprache ein Werkzeug ist, ein Mittel, uns zu entäußern. Dazu müssen wir allemal auch etwas zu sagen haben.

Wehren wir uns gegen die Modernisten, die meinen, alles und jedes klein schreiben zu müssen, auf Interpunktionen verzichten zu können und deren Weisheit letzter Schluß ist, jedes Satzfragment mit beliebig vielen Punkten zu beenden, als wären sie Brotkrumen, die den unausgesprochenen eigentlichen Gedanken als Wegweiser dienen.

Wehren wir uns dagegen, dass es heute schick ist, von benefit zu reden, wo es um Nutzen geht, von feedback, wo wir eine Rückmeldung erwarten und alle busy sind und nicht beschäftigt.

Wehren wir uns auch dagegen, dass die mangelnde Kenntnis der Regeln der Grammatik sich inzwischen auch im Duden niederschlägt, wo immer häufiger der Dativ erlaubt wird, wo eigentlich eine Genitivkonstruktion die ganze Raffinesse deutschsprachiger Ausdrucksmöglichkeiten zur Geltung brächte.

Es gibt genug Möglichkeiten und auch Notwendigkeiten, den lebendigen Leib unserer Sprache zu schützen und zu bewahren. Dazu sind SMS, E-Mails und Whatsapp-Nachrichten nicht immer die geeigneten Orte und Medien. Hier geht es in allererster Linie um konzentrierte Informationsübermittlung, eine dürre aber effiziente Art, sich mitzuteilen, die nur aus dieser Effizienz ihre Berechtigung erfährt. Das Problem ist, dass diese Art von stammelnder Verständigung inzwischen für zwei Genrationen die nahezu einzige Art der Artikulation geworden ist und unsere humanistische Schulbildung dem nichts Adäquates entgegen setzen kann. Bücher lesen zum Beispiel. Nicht Verfilmungen von Büchern anschauen, Bücher lesen.
In Brandenburg machen Schüler Abitur und haben keine Zeile von Goethes Faust gelesen.

Es gibt aber auch zunehmend Haushalte in diesem Land, in denen Regale vollgestellt sind mit DvDs und Bluerays - zum Ruhigstellen der Kleinen, wenn die Eltern schlafen wollen - aber die einzigen Bücher die Weight-Watchers Kochbücher von Mutter sind, wenn sie die nicht auch als eBook auf dem Kindle hat.

Lesen Lernen beginnt im Kindesalter und bedeutet nicht nur, die Buchstaben aneinanderreihen zu können. Ich habe Lesen gelernt, weil mein Vater, wann immer seine Zeit es erlaubte, ein Buch vor der Nase hatte und ich wissen wollte, was er da liest. Es waren manchmal Bastei-Schmöker aber meistens waren es Bücher voller lebendiger deutscher Sprache. Meinen Gebrauch der deutschen Sprache habe ich genau dort gelernt.

Also, liebe Mitstreiter in Sachen lebendiger, gepflegter, kraftvoller, zärtlicher, gefühlvoller, deutscher Sprache, nicht trauernd ob der alten Zeiten im Schmollwinkel bleiben, sondern aktiv werden. Das wollte ich eigentlich nur anmerken. Sorry, ich kann mich nicht kurz fassen. *schweig* *undwech*
*******irl Frau
488 Beiträge
Themenersteller 
Hast du gut zusammengefaszt. Genau so meine ich es ja auch und wenn ich solche Blogprojekte mache, dann eben genau dazu: zur Pflege schöner und achtsamer Sprache und um den Wortschatz lebendig zu halten.

Es wird heute so viel von Achtsamkeit geredet und geschrieben und ich meine: sorgfältige Sprache - also in dem ich in solcher wortreichen Sprache auch denke, ist eben (für mich) ein guter Weg zur Achtsamkeit. Wenn ich mir Zeit nehme die Welt so wahrzunehmen und zu bedenken, wie oben in dem kleinen Text, dann macht das erst einmal für mich selbst eine schönere Stimmung als wenn ich nur wahrnehme und sage:
"Eh Alder, nu sinnse ab, de Blätter"
- mal ganz krass ausgedrückt.

Für mich ist es einfach die Beobachtung, dasz sprachlicher Reichtum auch eine Art innerliche Bereicherung ist. Deswegen bin ich dafür, ihn zu pflegen und: ja natürlich gebrauche ich meinen Wortschatz aktiv und im täglichen Alltag.
Nicht nur für altmodische Briefe an fiktive Personen.

Diese Veränderungen der Grammatik ärgern und irritieren mich oft.
Wenn es plötzlich heiszt: Ich kletter jetzt auf die Palme statt ich klettere.
Und all dieser Dativ und manches mehr.
Es dauert ja oft, bis ich überhaupt wahrnehme, dasz das jetzt gut und richtig sein soll -
*******irl Frau
488 Beiträge
Themenersteller 
Ehe das hier jetzt gründlich miszverstanden wird
Es kann jeder Mensch schreiben, sprechen und denken, wie er mag und ihm zumute ist.
Was ich im Eingangspost meinte, ist lediglich meine eigene Erfahrung, daz man durch Reichtum von Sprache und Wortschatz eine eigene innere Bereicherung erfahren kann (natürlich nicht: musz!) - jedenfalls mir geht es so.

Ja gut, es irritiert und ärgert mich öfter, wie schluderig oft mit Sprache umgegangen wird, ob in der Werbung, im TV oder sonstwo. Aber selten äuszere ich das öffentlich (sorry, wenn ich das hier mal getan hab!) und es ist eben mein Weg dagegen, mich an einer reichen Sprache, z.B. in der Literatur früherer Jahrhunderte zu laben und zu erfreuen. Sprache als ein Rückzugsort, wenn ich das so sagen darf, ohne wieder miszverstanden zu werden.

Was ich ausdrücken wollte, ist einfach mein Bedauern über das Sterben von Wörtern und die Versimpelung und Verknappung der Sprache.
Ich wollte damit niemandem zu nahe treten und habe mich auch nicht darüber aufgeregt.

Ja, ich mache Fehler, oft sogar - wegen Sehschwäche in Forentexten häufig und manchmal auch bewuszt: "sz" als die österreichische Schreibweise gewählt und nicht, weil ich die Taste nicht finde.
Es hat persönliche Gründe, aber das führt jetzt zu weit.
Es ist trotzdem noch verständliches Deutsch, denke ich. Und damit nicht gegen die Regeln des Joyclub (der sich selbst Englisch bezeichnet *zwinker* )

Ja, ich wähle öfter - und längst nicht nur hier - eine Schriftform, die ein wenig an Lyrik erinnert.
Ich verzichte dabei ganz bewuszt auf Interpunktion, obwohl mir ihre Regeln geläufig sind.
Dadurch - und mit diesen Zeilenumbrüchen, die ganz bewuszt etwas brüchig bzw. an der "falschen Stelle" sind - kann ich erreichen, dasz ein Leser aufmerksamer liest. Jedenfalls mir geht es so, bei von anderen Leuten geschriebenen Texten - ich bin beim Lesen erst ein wenig irritiert und dann gebe ich mir eben mehr Mühe, den Sinn zu erfassen und nicht einfach das Ganze im Eiltempo zu überfliegen -

Auch habe ich das Gefühl, dasz manche Wörter - oder kleinere Gruppen - eine Zeile für sich verdient haben um nicht unterzugehn.
Im Meer der Fliesztexte und so.
Ist ein persönliches Gefühl und seit ich aus der Schule heraus bin, denke ich schon, ich kann mir sowas erlauben - denn es tut niemandem weh.
Und wem meine Texte in den Augen schmerzen... der braucht nicht unbedingt hinzuschauen oder weiterzulesen.
Manche Menschen stören sich auch an türkisfarbenen Haaren und andere finden es schön - warum denn nicht?

So, das jetzt ohne Zeilenumbrüche.
Obwohl ich es so lieber geschrieben hätte.
*******eben Mann
535 Beiträge
@whisper2001
Nun ja, alles hat seinen Ort und seine Zeit. Wie das Einatmen und Ausatmen. Ich liebe zum Einatmen einen abgehobenen quasi sakralen Raum der Sprache. Und zum Ausatmen das Experimentieren mit dieser, u. U. auch das bewusste Regelbrechen.
Das eine schließt das andere nicht aus.

Ansonsten mag ich eigentlich kein vereinnahmendes "wir".
Fototour durch den Schloßpark. Das Bild wurde von @mariediv gemacht.
*******2001 Mann
802 Beiträge
Oh Entschuldigung
ich wollte hier niemanden vereinnahmen und auch niemandem zu Nahe treten. Ich finde es übrigens ziemlich einsam in einem sakralen Raum, der mir als Sprache dienen soll. Atmen ist für mich ein Reflex. Sprechen auch, Sprache allerdings setzt bewusstes Denken voraus. Ich hatte wirklich geglaubt, dass wir in unserer Liebe zur deutschen Sprache etwas Gemeinsames haben. Dem scheint aber nicht so. Also liebt jeder seine Sprache und alle machen, was ihnen gerade einfällt und halten es für legitim, weil sie schon aus der Schule raus sind oder so abgehoben, dass allgemein anerkannte Regeln für sie nicht gelten. Das ist dann Kunst?
Ich bin raus.
*******eben Mann
535 Beiträge
Ich bin etwas erstaunt, was für Schlussfolgerungen Du aus meinem Statement ziehst, die so nirgends bei mir stehen.
Ich stimme Dir aber zu, dass es wohl am besten ist, wenn wir uns künftig aus dem Wege gehen.
In diesem Sinne alles Gute!
*****one Frau
13.323 Beiträge
Gruppen-Mod 
unsere sprache...
und sicher auch jede andere- ist immer auch abbild der zeit.
ich gebe zu, dass mich die deutsche romantik sprachlich sehr interessiert.
und die sprachbilder von RRM, die mich schon als kind begeistert haben.
dazu könnte ich noch viele beispiele nennen.
allerdings schätze ich auch moderne lyrik in allen varianten. für meine schreiberei schöpfe ich aus allen töpfen.

...Nun ja, alles hat seinen Ort und seine Zeit. Wie das Einatmen und Ausatmen. Ich liebe zum Einatmen einen abgehobenen quasi sakralen Raum der Sprache. Und zum Ausatmen das Experimentieren mit dieser, u. U. auch das bewusste Regelbrechen.
Das eine schließt das andere nicht aus...


so sehe ich das auch.
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