Ich finde besonders diesen Gedichtzyklus von Rilke interessant. Hier die ersten drei Gedichte ... und nein, die haben wir NICHT in der Schule gelesen.
I
Auf einmal faßt die Rosenpflückerin
die volle Knospe seines Lebensgliedes,
und an dem Schreck des Unterschiedes
schwinden die linden Gärten in ihr hin.
II
Du hast mir, Sommer, der du plötzlich bist,
zum jähen Baum den Samen aufgezogen.
(innen Geräumige, fühl in dir den Bogen
der Nacht, in der er mündig ist.)
Nun hob er sich und wächst zum Firmament,
ein Spiegelbild das neben Bäumen steht.
O stürz ihn, daß er, umgedreht
in deinen Schoß, den Gegen-Himmel kennt,
in den er wirklich bäumt und ragt.
Gewagte Landschaft, wie sie Seherinnen
in Kugeln schauen. Jenes Innen
in das das Draußensein der Sterne jagt.
Dort tagt der Tod, der draußen nächtig scheint.
Und dort sind alle, welche waren,
mit allen Künftigen vereint
Und Scharen scharen sich um Scharen
wie es der Engel meint.
III
Mit unsern Blicken schließen wir den Kreis,
daß weiß in ihm wirre Spannung schmölze.
Schon richtet dein unwissendes Geheiß
die Säule auf in meinem Schamgehölze.
Von dir gestiftet steht des Gottes Bild
am leisen Kreuzweg unter meinem Kleide;
mein ganzer Körper heißt nach ihm. Wir beide
sind wie ein Gau darin der Zauber gilt.
Doch Hain zu sein und Himmel um die Herme
das ist an dir. Gieb nach. Damit
der freie Gott inmitten seiner Schwärme
aus der entzückt zerstörten Säule tritt.