Unsere Wochenenden verbringen wir ganz unterschiedlich. Es gibt so viel Sehenswertes in der näheren und weiteren Umgebung. Das sieht dann z.B. auch mal wie folgt aus:
Ein großer Klöppel schadet der alten Dame…..
oder Audienz bei der Königin
Der Sonntag – ein strahlend blauer Himmel, wunderschöner Sommerherbsttag. Genau wie für unseren Ausflug gemacht, den wir für diesen Tag planten. Wir fuhren über Land Richtung Erfurt. Dort hatte ich um 13 Uhr eine Führung für einen Besuch der Gloriosa gebucht. Ohne Voranmeldung ist das nicht möglich, denn eigentlich dürfen immer nur 15 Personen gleichzeitig bei der Königin erscheinen, alles andere wäre zu viel.
Die Gloriosa – die grösste freischwingende mittelalterliche Glocke der Welt. Mit einem Durchmesser von 2,56 m und einer Höhe von 2,62 m ein Schwergewicht. Absolut sehenswert – also machten wir uns am Vormittag bereits auf den Weg. Auf dem Hinweg wollten wir noch eine Kleinigkeit essen, aber es kam wieder einmal ganz anders wie geplant.
In Gräfentonna gab es früher einen Grillstand – mit einer ausgezeichnet schmeckenden Wurst – dort haben wir uns oft die rohen Bratwürste geholt um sie dann zu hause zu braten. Doch diesmal? Der kleine Laden war nicht mehr da, der Bratwurststand ebenfalls verschwunden, also fuhren wir weiter.
In Dachwig – das wusste ich auch von früher - gab es einen grossen Parkplatz für LKW-Fahrer und da war ein kleiner Imbiss. Früher jedenfalls. Man bekam dort einfache Gerichte wie Kartoffelsalat mit Schnitzel oder Frikadellen und andere kleine Mahlzeiten. Wir kamen in Dachwig an.
Der grosse Parkplatz war zwar da – aber der kleine Imbiss hatte sich zu einem Restaurant gemausert – unsere Frage nach einem Tisch für zwei Personen wurde ablehnend beschieden – wir sollten es doch beim Nachbarn versuchen. Neuer Versuch im Mühlenhof – doch auch hier kein Plätzchen frei, aber wir wurden weitergereicht in einen weiteren Teil dieses Restaurantbetriebes. Von aussen nichts zu sehen – vom Innenhof aus betraten wir den nächsten Teil, fragten eine Bedienung die gerade am Eingang stand: ein Tisch für zwei Personen? Die Antwort verblüffte: Wollen Sie a la Carte oder Buffet essen? Wir schauten uns an: Buffet! Sofort deutete die Bedienung auf den Tisch vor uns und meinte: bitte sehr, ein Tisch für zwei Personen. Dann begutachtete ich das Buffet – sehr reichhaltig – Suppe, Vorspeisen von diversem geräucherten Fisch über verschiedene kleine Canapees. Hauptgericht zuerst Kroketten, Knödel, Salzkartoffeln, Nudeln, Reis, diverse Gemüse wie Erbsen und Möhren, Rosenkohl, Rotkraut. An Fleischauswahl Rouladen, Schweinebraten und noch eine andere Sorte, ebenfalls noch einmal ein Fischgericht mit Sosse. Zusätzlich gab es noch verschiedene Sossen. Nachtisch verschiedene kleine Dessertgläser gefüllt mit Mousse en chokolade, darüber dann Obst und Vanillesosse oder auch frisches Obst, welches man von einem Schokoladenbrunnen noch beträufeln lassen konnte. Alles konnte man gar nicht probieren. Die Rouladen waren geschmacklich hervorragend dazu nahm ich Rosenkohl und Erbsen-Möhrengemüse. Als Nachtisch musste ich verschiedenes probieren. Es war in diesem Restaurant ein Kommen und gehen. Sehr gut besucht und als wir uns nach dem Essen aufmachten um weiter zu fahren, war kaum noch ein Platz frei.
Hier würde sich auch einmal ein Sonntagsausflug lohnen.
In Erfurt war an diesem herrlichen Sonnentag ein grosser Rummel vor dem Erfurter Dom aufgebaut. Demzufolge war das Parkhaus belegt, die Strassenseiten mit Autos voll geparkt. Uwe liess mich am Domplatz aussteigen, suchte sich dann einen Parkplatz und wir hatten verabredet, dass wir uns oben beim Dom bei der Kartenausgabe treffen. Ich stieg die 70 Stufen bis zum Dom hinauf – zum Glück gibt es immer wieder Absätze, die den Aufstieg nicht so mühsam machen. Die ganze Treppenanlage ist in fünf Abschnitte aufgeteilt.
Von oben bietet sich ein schöner Ausblick auf den Domvorplatz, der sich aber an diesem Sonntag durch die Schaustellerbuden, Karussell, Riesenrad und Schaukel leider nicht so darstellte, wie man es normalerweise erwartet. Bratwurstgeruch, gebrannte Mandeln und andere Gerüche zogen schwadenweise nach oben und reizten die Atemwege.
Ich suchte die Kartenausgabe – eigentlich sollte sie lt. Uwe gleich bei der Treppe auf der rechten Seite sein, aber da war nichts. Also ging ich erst einmal in den Dom – aber da fand ich auch keine Kartenausgabe. Doch als ich den Dom verliess, sah ich einen jungen Mann im grauen Anzug, der geschäftig an einem Schlüsselbund suchte. Ich sprach ihn an und fragte ihn wo denn der Treffpunkt für die Führung sei. Da wurde mir gleich der Glockenwart vorgestellt, der diese Führungen leitet und hier erhielt ich kompetente Auskunft. In der Zwischenzeit war Uwe auch angekommen und wir warteten auf den Beginn. Zuerst wurden alle Teilnehmer aufgerufen, die sich angemeldet hatten.
Herr Kramer, der Glockenwart führte uns dann auf der Empore um die Kirche herum bis zum Turm, der ganz oben die Gloriosa beherbergt.
Er öffnete die Tür und wir durften den Turm betreten. Dann gab es die ersten Informationen – Sie wurde 1497 gegossen und wiegt 11,45 Tonnen. Auf den einzelnen Absätzen die sich ebenfalls im innern des Turms bei dem Treppenaufgang befanden waren Informationstafeln aufgestellt. Ausserdem konnten wir die grossen Klöppel bestaunen die die Gloriosa zum Klingen brachte. Der schwerste Klöppel wog über 900 kg und wurde 1927 eingesetzt. Mittlerweile hat sie einen Klöppel, der nur ca 360 kg wiegt. 1899 wurde die Glocke gedreht, da man der Meinung war, dass sich sonst die Stelle an der der Klöppel jedesmal aufschlug zu sehr abnutzen würde. Durch diese Drehung entstand ein Riß, der später repariert werden musste.
Einen weiteren Absatz höher wurde das Uhrwerk der Domuhr gezeigt – die Räder, die ineinander griffen, der Ton der die viertel Stunde anschlug, oder die halbe Stunde. Das Uhrwerk war hinter Glas. Wenn man die Treppe weiter nach oben stieg konnte man durch ein Fenster in den Dom hinunter schauen – genau auf den Altar. Dann kam man zu einem Absatz der andere grosse Glocken enthielt – drei Glocken in einem „Raum“ eine 4. Glocke separat daneben. Auch diese Glocken waren bereits sehr gross, reichten aber bei weitem noch nicht an die Ausmaße der Gloriosa heran. Andreasglocke, Johannesglocke, Christopherusglocke. Der Dom verfügt über insgesamt 13 Glocken, die sich auf verschiedene Glockenstühle und Türme verteilen.
Die letzten Steinstufen waren eng,spiralförmig in den Turm gebaut und hoch und ich hatte Mühe, die letzte Stufe zu erklimmen. Erst als Uwe von hinten nachschob schaffte ich es ganz nach oben zu klettern. Dann stand man vor der Gloriosa. Insgesamt waren es bis zur Gloriosa 178 Stufen…...
Die auffälligste Verzierung ist die Madonna im Strahlenkranz. In den 6 Bügeln der Krone sind jeweils Christusköpfe und heraldische Lilien am Glockenhals angebracht. Die Umschrift konnte ich nicht entziffern. Wir konnten unter die Glocke „kriechen“ um dann in ihr zu stehen, während der Glockenwart mit der Faust die Glocke zum leisen tönen brachte. Auch ausserhalb konnte man die Schwingungen und den Ton im Körper spüren. Die Gloriosa musste zweimal repariert werden 1984 und 2004 – bei der letzten Reparatur wurde sie auf einen Wagen gesetzt, der sie durch die durchbrochene Mauer nach aussen beförderte. Hier wurde sie mittels eines grossen Krans nach unten befördert.
Auf einer Liste sind alle grossen Glocken mit Namen und Baujahr aufgelistet die von Gerhard van Wous gegossen wurden. Auf einer anderen Liste stehen die Tage an denen die Gloriosa 2018 zu hören ist. Das begann am 1. Januar, setzte sich fort über Ölweihmesse, Ostersonntag, Priesterweihe, Pfingstsonntag, Mariä Himmelfahrt, Bistumswallfahrt bis zum Vorabend des Martinstages und am 25. Dezember zu Weihnachten. Allerdings kann die Gloriosa nicht geläutet werden bei unter minus 10 Grad. Die Nachläutdauer ist jetzt auf 5 Minuten erhöht – früher war es bedeutend weniger.
Als wir den Turm verliessen und in das Kirchenschiff eintraten hörten wir einen Chorgesang – wunderschön, der das Ganze zu einem sehr würdigen Abschluss brachte. Man sah mehrere Menschen, denen vor Ergriffenheit Tränen in den Augen standen und auch ich hatte Pipi in den Augen…..
Wir schauten uns dann noch die zweite Kirche auf dem Domberg an, schlicht – einfach mit einer sehr schönen Orgel, bevor wir uns auf den Heimweg machten..