Girasol 89
Moin Girasol!
Dann mal schauen was aus Deutsch hängengeblieben ist. Zuerst das Offensichtliche, der Form halber:
Profiltext einer 26 Jährigen, keine Angabe einer Stadt, lediglich Land NRW ist sichtbar. Das Motto lautet "Neue Erfahrungen - immer wieder gern"
Der Profiltext ist gut lang und wurde in zwei Abschnitte gegliedert. In beiden Abschnitten schreibst du gemischt über Vorlieben, eigene Merkmale und deinen Bezug zur Sache. Es gibt thematische Überschneidungen. Es gibt insgesamt drei Bilder im Profil, darunter ist ein Bild vom Dekolte (sehr reichhaltig), ein Bild von den Lippen (voll
) und ein Bild von einem hochhackigen Schuh mit Spitze.
Im ersten Abschnitt gibt es sechs Absätze. Du beginnst mit dem Ausschluss von bestimmten Anfragen an dich (keine Paare, keine Bilderanfragen, bestimmte Anforderungen an die Nachrichten)
Danach charakterisierst deinen inneren Bezug zu deiner Sexualität (Ausruhen vom Alltag, Vorliebe Doggy mit Haare ziehen, Bi-Neigung, Lust an der Lust des anderen, Eifersucht)
Im dritten Absatz beschreibst du dich (lebenslustig, humorvoll, jung) stellst die Verbindung her zu den Eigenschaften die du durch deinen Partner zu empfinden wünschst. (geistig gefordert fühlen, nicht ständig in Watte gepackt werden).
In vierten Absatz beschreibst du dein Körperempfinden (mollig und trotzdem hübsch), du betonst, dass dein Selbstbewusstsein im Bezug auf dieses Merkmal nicht von der geäußerten Meinung anderer abhängt. Du betonst deine Vorzüge (süßes Gesicht
) und erweiterst deine Selbstcharakterisierung um einige Züge.
In den letzten beiden Absätzen stellst du heraus, dass du keine Raucher als Partner möchtest und machst die Bemerkung, dass du nicht alle Anfragen beantworten kannst (und wirst) und dass du vom Profil des anderen etwas über die Person erfahren willst.
Der zweite Abschnitt gliedert sich in neun Absätze, in denen du auf die zuvor angesprochenen Aspekte näher eingehst.
Im ersten beschreibst du deine Absicht hier im Joyclub (Schwerpunkt auf Bi-Kontakte) und stellst heraus, dass du hier auch kontaktfreudig bist. (Flirtverhalten)
Im zweiten gehst du auf dein Flirtverhalten auf Partys ein (Ansprechen eher nicht, außer jemand signalisiert Interesse) und stellst heraus, dass du dir Zeit nimmst um dich mit einer Person wohl zu fühlen.
Der Dritte und vierte Absatz fallen zusammen, du gehst hier nochmal näher darauf ein, dass du mollig bist und dich damit wohl fühlst. Außerdem schreibst du über dich, dass du einen ungewöhnlichen Kleidungsstil hättest. Du stellst deine körperlichen Merkmale heraus, die dir besonders gefallen (Brüste, Tallie)
Im fünften Abschnitt kehrst du wieder zu den Männern zurück, diesmal schreibst du von deiner Vorliebe zu großen Pimmeln (
), im sechsten erinnerst du nochmals daran, dass an dem Pimmel jemand dran hängt.
Im siebten erweiterst du deine Einschränkung Rauchen um Hunde, im achten machst du klar, dass du selbst ein Urteil über den Charakter eines Kerls fällen wirst. Du Schließt deinen Text mit dem Thema Bilderfreigabe, und dass du dir auch hier nichts aufzwängen lässt.
Analyse:
Du scheinst sehr viel Wert auf deine Eigenständigkeit im Urteilen, Wahrnehmen und Entscheiden zu legen. das mache ich jetzt einfach mal daran fest, dass du an zwei Stellen recht ausführlich davon schreibst, dass du mit deinem Körper im Reinen bist. Ich schätze, dass dir soetwas wohl öfter gesagt wurde (manchmal wollen Menschen wohl weh tun, wenn ihnen weh getan wurde oder aus Machtbedürfnis, whatever...) und du stellst klar, dass du davon nicht erreicht wirst. Finde ich stark!
Ich würde aus deinem Text entnehmen, dass du seit ner ganze Weile schon dabei bist und den verschiedenen Umgangsformen der Männer hier im Joy begenet bist. Deine Standardreaktionen hast du daher in den Profiltext gepackt und das sieht man sehr häufig! Doch dazu später mehr.
Zunächst noch was zu dir: Für mich entsteht auf meiner Seite folgendes Bild von dir: Du hast Spaß an Sex mit Männern, die große Pimmel haben und dir Kontra geben können, bzw die dir geistig "standhalten" können. Den persönlichen Kontakt stell ich mir mit dir etwas barsch vor, ich würde auf ner Party wahrscheinlich nach ner Weile eingeschüchtert weggehen (wenn ich das nicht als Test, oder Bitchshield verstehen würde. Google mal die Begriffe, es gibt nette Leute, die sich über sowas Gedanken machen und Wege gefunden haben, drumrum zu manipulieren
) Oder mit anderen Worten, du magst zwar Sex, aber der Typ muss es sich "verdienen", er muss sich als etwas beweisen, damit du Vertauen kannst. Soweit so gut. Würde denken, dass ist bei dir, wie bei vielen hier, ne riesen Sache. Schließlich lässt du quasi Fremde an dich heran.
Ich würde daraus halt weiter ableiten, dass du - wenn die Wiederstände überwunden sind - "ihm" dann umso mehr Raum geben würdest, mit dir umzugehen. Interessant, dass du bei den Mädels sehr viel weniger dieser Vorbehalte und Grenzen aussprichst, so als würdest du hier Augenlevel voraussetzen (denn da scheinst du diejenige zu sein, die "Erobern" will, ich seh dich jetzt mal so), dort aber erst alles mögliche vorab Prüfen . Oder kam das nur so an?
So kommts bei mir rüber.
Stil und Kritische Analyse
Du verwendest Symbolsprache an einigen Stellen (Häufigkeit ca 1 Smiley pro Absatz). ich finde das Lockert den Text schön auf und ist n nett einsetzbares Gimmick in der Bude hier.
Sprachlich schätze ich gibt der Text deine Alltags/Chatsprache wieder, die für mich in ne recht derbe/kämpferische/provokative Schiene fällt. (z.B. Charm von Toastbrot, dann der Einsatz von Bildungssprache an der einen Stelle, deine Bemerkung gegenüber "kleinen" bzw normalen Pimmeln, etc). Das ist ein leichter Angriff gegenüber vielen Leuten, insbesondere einfachen mails, ich würde hier folgende Kritik äußern: Ich als Neuling fand das zunächst sehr verunsichernd, weil ich das Gefühl hatte dementsprechend auf dünnem Eis zu wandeln und "den Ansprüchen von Madame" (da haste deinen Spruch
) nicht zu genügen. Je nach dem, wie solche allgemeinen "Niedermachungen" ausgelegt werden (und ich bin bei mir selbst recht streng damit) kann soetwas beim Schreiben Hemmen und eine Atmosphäre der negativen Erwartung erzeugen. Finde ich als Kerl hier recht unspaßig, wie ich feststellen durfte - was mich nicht abgehalten hat, hier aktiv zu werden, ich sags nur
. Das ist aber ein allgemeines Phänomen hier (und beim Dating überhaupt) und ich habe das nicht nur in deinem Text beobachtet - Genau wie die lustigen Sirenen oft benutzt werden, um auf "wichtige Einschränkungen" (wer alles nicht schreiben soll, was man alles nicht fragen darf). Dadurch entsteht bei mir der Eindruck, dass die Konversation auch darüber hinaus quasi "vermint" ist. Wie gesagt, negative Erwartungshaltung killt den Spaß. Die ignoranten Typen, die ihre Masche 100 mal gleich und knallhart durchziehen, stört das wohl am wenigsten, die, die wirklich vor dem Anschreiben lesen nehmen das auf und fühlen sich dann vielleicht eher abgeschreckt.
Ich bin Freund von folgendem Gedanken: Liebe als Kunstgriff (Aus Menschliches, Allzu Menschliches von F. Nietzsche):
"Wer etwas Neues wirklich kennenlernen will (sei es ein Mensch, ein Ereignis, ein Buch), der tut gut, dieses Neue mit aller möglichen Liebe aufzunehmen, von allem, was ihm daran feindlich, anstößig, falsch vorkommt, schnell das Auge abzuwenden, ja es zu vergessen: sodass man zum Beispiel dem Autor eines Buches den größten Vorsprung gibt und geradezu, wie bei einem Wettrennen, mit klopfendem Herzen danach begehrt, daß er sein Ziel erreiche.
Mit diesem Verfahren dringt man nämlich der neuen Sache bis an ihr Herz, bis an ihren bewegenden Punkt: und dies heißt eben sie kennen lernen. Ist man so weit, so macht der Verstand hinterdrein seine Restriktionen; jene Überschätzung, jenes zeitweilige Aushängen des kritischen Pendels war eben nur der Kunstgriff, die Seele einer Sache herauszulocken."
Finde ich wahnsinnig spannend den Gedanken
Das war glaub ich im wesentlichen Alles. Ansonten meldet sich Edit nochmal
Da bin ich mal gespannt, wo ich mich so versündigt habe