Das neue Jahr
Das neue Jahr oder: Verlust bedeutet immer auch Neubeginn!13. Februar 2023 oder Sternzeit 202343,1
Zurückblickend auf die letzten 7 Monate kann man sagen, dass es eine ereignisreiche, schwere Zeit war. Aber auch inspirierend und... vielleicht war der Arschtritt einfach nötig.
Ohne in allzu feine Details zu gehen: Meine Frau Cherie erwarb sich den 3. Kyu im Shito ryu Karate und den 1. Kyu im MSR Iaido.
Ich legte meine Dan-Prüfung im Shito ryu ab.
Der erste Punkt, der uns mächtig ins Gekröse schlug, war der Tod unseres Vermieters. Als es soweit war, wussten wir, dass die Zukunft eher ungewiss sein würde. Denn die Kinder des Alten, obschon gutsituiert, würden trotz gegenteiliger Aussage (Ihr habt Albert aufopferungsvoll gepflegt, ihr könnt hier IMMER wohnen!) immer das Geld im Auge behalten. Man muss bedenken, das riesengroße Grundstück liegt zwischen Westerberg und Hafen. Mit die teuersten Baugebiete. Geld lacht, nicht wahr?
Nun... die Wohnung unten wurde von mir geräumt, die jungen Leute oben haben gebaut und sind nun auch weg. Seitdem steht das halbe Haus leer und wir heizen für das ganze Haus. Aber wir haben hier unser Dojo. Den Garten mit der Kampffläche... okay, da wir hier schon lange wohnen, haben wir 9 Monate Kündigungsrist. Das "generöse" Angebot des Kaufes können wir nicht wahrnehmen. Aus verschiedenen Gründen.
1. Es wurde ein Wertgutachten erstellt, das wir auch auf Anfrage nicht zu sehen bekommen.
2. Die Summe ist egal wie, auf jeden Fall zu hoch, denn das Energiegutachten weist "H" aus. Also der denkbar schlechteste Wert.
3. Im Grunde ist das Haus baufällig. Bei einm Kaufpreis von 550 000 Euro müssen MINDESTENS noch 100 000 reingesteckt werden.
4. Die Hälfte des Grundstückes ist Gewerbegebiet. Und zwar der Garten. Wir hatten angedacht, dass wir wenigstens den retten können. Aber die Flurgemarkungen zeigen, dass die Fläche viel weniger ist, als versprochen.
Ergo: Wir werden hier mit hoher Wahrscheinlichkeit ausziehen müssen. Vielleicht nicht dieses Jahr, aber bestimmt Anfang 2024. Gut, zu wissen.
Dann kam letztes Jahr der Bruch. Eine... schwierige Situation, ohne ins Detail gehen zu wollen, muss ich irgendwie die Blutgrätsche beschreiben, warum sich zwei Senpai von ihren Sensei abwenden. Wie mache ich das?
Wir erstellen ein rein theoretisches Szenario. Das virtuelle Dojo. Es befindet sich in einem Privathaus im Tiefkeller. Seit 5 Jahren trainiert man da. Jeden Tag. Manchmal, wenn wir nicht unterwegs waren, auch Sonntags. Und es hat Spaß gemacht. Mächtig Spaß. Ich war zwei Mal deutscher Vizemeister, Norddeutscher Meister, bayrischer Meister im Iaido, wir fühlten uns wohl und waren anerkannt in der Gemeinde der Budoka. Wir lernten Karate auf neue Weise (die sich vom Kyokushinkai deutlich abhebt), Kobudo und Iaido.
Dann ereigneten sich Lebensumstände, die die Dojoleitung bewogen haben, von heute auf morgen alle Koffer, samt Oma und Hundi nach Italien zu transferieren. Die Vereine in Schockstarre. Man versuchte, aus Italien zu retten, was ging, aber das gelingt in der Regel schlecht bis gar nicht. Ein Training via Skype, Zoom oder Jitsi funktioniert weder während Corona, noch danach. Auch die Ausstattung mit einer Großbildleinwand und Beamer ist nur eine Krücke, kein Trainingsersatz oder gar fundierte Anleitung. Aber... es gab Hoffnung. Als man wieder trainieren durfte, wurde das Dojo belebter. PostCovid bescherte allein dem Karateverein 13 neue Mitglieder, zumeist Kinder und Jugendliche. Aber leider auch einen jungen italienischen Ehrgeizling, der seit 3 Jahren Shotokan betrieb. Cherie und ich hatten im virtuellen Dojo Montags das Prüfungsvorbereitungs-Referat und die Anfängergruppe am Mittwoch. Zusätzlich Donnerstags iaido, Samstags ab 10 Uhr MMA (Mixed Martial Arts; auf meine krude Weise die Mischung aus Iaido und Karate parallel) und Sonntags zumeist international online unterwegs.
Der kleine Italiener fragte seit Monaten immer wideer: Hey Tom... ich kann 40 Kata. Eigentlich kann ich doch bei der nächsten Prüfung einen Gurt überspringen?
(Anm.d.Red.: Der Wortlaut ist direkt aus dem italieniischen übersetzt. "Saltare" heisst springen und da ich fließend Italienisch spreche, gebe ich das so wieder)
Meine Antwort war: Nein. MUKIN SHORI. Der Weg kennt keine Abkürzung! Ich sagte ihm, dass noch viel zuviel Shotokan in seinem Herzen wäre und er diese Art erst ablegen müsste, bevor ich ihn zu einer Prüfung vorschlagen würde. Zu seiner Ehre muss man sagen, dass er sehr fleißig war. Immer beim Training, seltenst krank und immer bestrebt, sein Bestes zu geben. Ein deutlich guter Charakterzug. Nur erlag ich einer falschen Einschätzung, wie sich herausstellte. Denn der Bengel verfolgte innerlich ein Ziel. Immer wieder kam die Frage: Gürtel überspringen! Bitte, ich bin doch besser geworden. Ich kann schon 42 Kata. Okay. Zeig sie mir. Reihenfolge:
Tenshin happo. Happo no geri mit 10. Happo no tsuki. Ten po go soku. Hiji ate go ho. Hiji ate geri. Shuto geri. Shihon tsuki 1 bis 6. Yotsu no kata 1 bis 4. Pinan 1 - 5.
Und das waren nur die ersten 22 Basiskata bzw. Übungsformen. Die höheren Kata, die ich abfragte, obwohl er sie eben nicht "konnte", waren: Naifanchin shodan, Koshiki Naifan, Koryu Ananko, Kosokun dai, kosokun sho, Bassai dai, Bassai sho, Seienchin, Tensho, Sanchin, Sanchin kaisho, Jitte, Jiin, Jion, Shisochin, Wanshu, Itosu no Rohai shodan, Sepai, Sanseiru, Gojushiho, Tomari no Bassai und Yantsu. Okay, das war gemein, letztere ist aus dem Kyokushin, konnte er gar nicht wissen
Aber direkt nach der zweiten Kata war klar: Er konnte keine der 43 Kata richtig. Zur Entschuldigung muss man dazu erklären, dass Shotokan dynamisches Karate ist. Kata werden da anders... wie beschreibe ich das.... "performt". Kata zu zeigen (***siehe Bild) heißt nicht; Start, Kata, Erster! Ausserdem ist reines Kata-laufen wie onanieren. Ohne Anwendungen, Bunkai, meiner Meinung nach die Seele der Kata und der große Erklärbär warum man tut, was man da so tut, nichts wert.
Aber der Bengel (okay ist despektierlich, er war 40) hat sich reingekniet und wurde besser. Nur... auf seine Frage, warum ich ihn nicht bei unserer Sensei zur Prüfung vorschlage, sagte ich. Du bist nicht bereit für einen höheren Gürtel. Mehr Verantwortung, mehr akademisches Erarbeiten, mehr Forschen, mehr wissen. Allein deine Frage, ob man einen Gürtel überspringen kann, zeigt mir, dass du es nicht verstanden hast.
Solange du an deinen eigenen Farben hängst, wirst du niemals wissen, wie Blau der Himmel ist.
Okay. Laut der Satzung ist es faktisch nicht möglich, einen Gürtel, bzw eine Prüfung zu "überspringen". Jedenfalls nicht im DKV. Aber... und das sagte ich ihm nicht, es gibt die Möglichkeit, zwei Prüfungen am selben Tag zu machen, wenn die Wartezeit erfüllt ist.
Er kam also bei mir nicht weiter. Sein Strategiewechsel war spannend. Er näherte sich unserer (in Italien befindlichen) Sensei. Redete etwas von: Ich gehe zurück nach Italien und will Kinder unterrichten, aber dazu brauche ich einen schwarzen Gürtel und so weiter. Da die Sensei unseres virtuellen Dojo ebenfalls Italienerin ist, marschierte er da direkt durch offene Türen. Fazit: Von Grün auf Braun2 innerhalb eines Jahres. Manipulation machts möglich. JETZT ist er erst Recht nicht für einen Dan geeignet meiner Meinung nach. Das Dumme ist, dass Cherie und ich vollkommen vernachlässigt wurden, obsachon wir es waren, die den Verein erst am Leben hielten. Ein altes fernöstliches Sprichwort sgt:
Der höhere Mensch ist nicht verzagt, wenn er nicht beachtet wird.
Aber ich bin kein höherer Mensch! Bereits zuvor ergab sich ein sexuall konnotierter Vorfall, wo sich jemand meiner Frau zu nähern beabsichtigte. Am Ende war die Entscheidung leicht, aber äußerst schmerzhaft. Raus da! Nix wie weg. Das Schmrezhafteste war, dass wir den Eindruck nicht loswerden, wir hätten die Kinder im Stich gelassen. Das tut weh. Und vielleicht habe ich überreagiert, wer weiß....
Dann starb, und das war der absolute Tiefpunkt, mein Kater Scotch. 15 Jahre lang war er mein Freund. Mein Seelenkumpel, mein pelziger Schatten, mein Beichtvater, Zuhörer und einfach nur da seier. Wenn alle Helligkeit schwindet eines Tages, wird sein Licht mir den Weg weisen.....
Nun.... soweit ist es noch nicht. Natürlich bekommt die Kampfkunstgemeinde mit, dass etwas in Schräglage ist. Wenn sich die Sempai über Nacht vom Acker machen, hat das wohl Gründe. Und wir bekamen Hilfsangebote. Aus Bayern, Bad Homburg, Bremen, Verl und natürlich aus Hamburg, meiner Heimatstadt. Und erstaunlicherweise von den Ninjas. Ihr Dojo dürfen wir nutzen, mieten, das regelt sich bald. Wir gründen einen eigenen Verein. Bzw. wir übernehmen einen bestehenden Verein, das ist leichter, weil wir nur die Satzung ändern müssen und den Ort. Und da ist sogar noch Geld auf dem Konto
Wir machen die Übunsleiterschiene durch und siehe da: Es zeichnet sich eine Kooperative ab. Eine Verschwisterung von 3 Dojos zu einer schlagkräftigen Gemeinschaft. Bremen, Osnabrück, Verl. Es wird eine Scheiß-Arbeit, aber wir freuen uns drauf. Mittlerweile
Nun... das waren die schlechten Monate. Auf zu neuen Ufern!