Benimmregeln für Katzen
Der Katzenknigge ist die ultimative Anleitung für die Katze, wie sie sich erfolgreich präsentiert und zum Familienoberhaupt wird.
Liebe Stubentiger,
natürlich wisst Ihr genau, wie man seinen Menschen so um die Pfote wickelt, dass man sich alles erlauben darf. Dennoch kann es sehr nützlich sein, wenn Ihr Euch an einige Umgangsformen haltet, um Eure Zweibeiner bei Laune zu halten, bei welcher auch immer. Es ist von Vorteil, wenn man sich nicht nur als Schmusekatze, sondern auch als nützliche Gesellschafterin profiliert. Will er mit Dir spielen, mache ihm klar, dass Du gerade keine Zeit für ihn hast und Dich um die Körperpflege kümmern musst oder hundemüde bist.
Laufe nur über die Computertastatur, wenn der PC eingeschaltet ist. Genieße die herrliche Fußzonenreflexmassage und betrachte Dein Werk auf dem Bildschirm. Durch- stöbere alle Taschen, die ins Haus kommen, und bringe den interessanten Inhalt ans Tageslicht. Vielleicht ist er schmackhaft oder man kann damit spielen. Wenn Gegenstände verrückt wurden, interessiere Dich so auffällig für sie, als ob sie neu wären. Dann wird auch der Unordentlichste merken, dass er sie wegräumen soll. Unordentliche über den Stuhl geworfene Kleidungsstücke ziehst Du ebenso auf den Boden wie die Handtücher im Bad, damit Du sie dann neu sortieren kannst. Frotteehandtücher eignen sich übrigens hervorragend zur künstlerischen Umgestaltung. Die „Langfrottee- Tücher sehen dann sehr schick aus.
Tagesrhythmus
Die Menschen stehen täglich frühmorgens auf, um zur Arbeit zu fahren. Schließlich müssen sie Geld verdienen um ihre Stubentiger versorgen zu können. Werfe ihnen daher einen verständnisvollen Blick zu, während Du im Bett liegen bleibst bzw. vom Fußende auf das gerade frei gewordene Kopfkissen wechselst. Am Wochenende vergessen Deine Arbeitstiere meist, den Wecker zu stellen. Sorge unbedingt dafür, dass sie rechtzeitig geweckt werden. Schreie, springe aufs Bett, ziehe an den Haaren oder beiße ins Ohr. Vielleicht will Dein Zweibeiner ja doch noch ins Büro. Wenn er allerdings abends ins Bett geht und das Licht ausschaltet, ist dies für Dich das Startsignal. Jetzt musst Du für ein aufregendes Nachtleben sorgen. Schließlich möchte Dein Mensch von Dir unterhalten werden.
Kratzbäume
Spezielle Kratzbäume sind nur als Ergänzung zu den übrigen Kratzgelegenheiten wie Sofa, Sessel, gepolsterte Stühle, Tapeten und Teppiche gedacht. Zeige Deinem Menschen, dass Du den selben auserlesenen Geschmack hast wie er und mache seinen Lieblingssessel zu Deinem Lieblingskratzbaum. Schone Deinen eigenen Kratzbaum, denn Du könntest ihn später vielleicht noch gebrauchen.
Zimmerpflanzen
Sie sind störendes Unkraut. Sorge dafür, daß die Fensterbank nicht zuwuchert. Zerlege die Pflanzen in Einzelteile. Dein Mensch wird begeistert sein, weil er das Unkraut nicht mehr beischneiden muß.
Trockenblumensträuße zu zerlegen macht besonders viel Spaß. Also helfe Deinem Menschen, sich von diesen vertrockneten Pflanzen zu trennen. Er wird es Dir lautstark danken.
Toilette
Gehe nur aufs Klo, wenn es gerade gereinigt worden ist. Während der Reinigungsarbeiten drängelst Du dann fürchterlich, da Du ja ganz dringend muß. Wenn Dein Butler dann die alte Streu wegträgt, lege schnell ein Häufchen, damit man schon von weitem riecht, wo das Katzenklo steht.
Übrigens: wenn Du beim Geschäfte machen deinen Hintern über den Toilettenrand hältst, bleibt die Streu länger sauber.
Fütterung
Das beste, leckerste und interessanteste Menü findest Du auf dem Teller Deines Menschen. Wenn Besuch da ist, gibt es besonders reichlich und gut.
Ansonsten gilt:
Esse niemals zuerst aus Deinem Napf, wenn die anderen Katzen eine separate Futterschale haben. Dein Futter ist für Dich reserviert und als Nachtisch gedacht. Lasse Dich nicht mit einfachem Wasser abspeisen, wenn Dein Mensch gerade leckeren Tee gekocht hat.
Jammere stets um Essen. Wenn es serviert worden ist, rühre es bloß nicht an. Es ist noch zu frisch! Du musst weiter betteln, bis Dir irgendwann ein weiteres Menü serviert wird. Entscheide Dich dann für das erste, denn das zweite schmeckt noch schlechter als das erste. Tue so, als ob der Hunger es reintreiben würde. Lege die Brocken zunächst neben den Napf und sortiere sie nach Genießbarem. Verzehre dann nur ausgewählte Stücke. Lass´ den Rest für Deinen Zweibeiner liegen. Er soll ja schließlich nicht verhungern.
Übelkeit
Bei Übelkeit solltest Du Deinen Magen niemals auf einem glatten Boden entleeren. Dein Zweibeiner könnte darauf ausrutschen und sich die Knochen brechen. Wähle daher einen saugfähigen Untergrund. Echte Perserteppiche sind noch geeigneter als ein Stoffsofa. Das Bett ist hierfür auch eine gute Wahl. Benutze jedoch nicht Dein Katzenklo dafür. Du würdest es unnötig verunreinigen und es würde nach Erbrochenem riechen. Du willst doch eine saubere Toilette, oder? Wenn Du den Lieblingssessel Deines Menschen benutzt, fällt ihm Dein Unwohlsein besonders ins Auge und er wird sich besonders liebevoll um seine kranke Patientin kümmern.
Schlafzimmer
Als Katze verschläfst Du die meiste Zeit Deines Lebens. Denke deshalb daran: Wie man sich bettet, so schläft man. Den gesündesten Schlaf hast Du auf dem Kopfkissen Deines Zweibeiners.
Hausarbeit
Staubsaugen ist Menschensache: verdrücke Dich oder lasse Dich auf dem Sauger durch die Gegend gondeln.
Aber beim Fegen wird geholfen:
Durchsuche stets den Kehricht nach Katzenspielzeug. Verteile den zusammengefegten Dreck nochmals. Dein Hausmädchen fegt gerne noch mal. Schließlich hat sie sonst nichts zu tun.
Frisch gewaschene Wäsche lädt zum Kuscheln ein. Zeige Deiner Haushaltshilfe, daß Du mit dem Waschergebnis zufrieden bist, indem Du Dich darauf legst bzw. wälzt. Helfe beim Sortieren und Falten der Wäsche. Komponiere irrtümlich zusammengefaltete und gestapelte Wäsche zu einem kreativ gestalteten, kuscheligen Wäschehaufen à la Bois. Dein Dosenöffner wird sich über das Kunstwerk freuen. Lasse nicht zu, daß es zerstört wird!
Wäschestapel sind auf Standfestigkeit zu testen. Das Zusammenfalten von Wäsche gilt unter Zweibeinern als beliebtes Geschicklichkeitsspiel.
Schuhe
Obwohl es seit Ewigkeiten Schuhe mit Klettverschluss gibt, lassen sich viele Zweibeiner Tretlatschen mit Schnürriemen aufschwatzen. Diese Kauf-Fehlentscheidung hat fatale Folgen: Das tägliche Zuschnüren und Öffnen kostet Deinem Butler Zeit - viel Zeit, rechnet man den Aufwand auf Jahre zusammen. Zeit, die er besser damit verbringen könnte, Dir zu dienen. Also helfe ihm, sich von dem Übel zu befreien. Es hilft oft schon, wenn Du die Riemen regelmäßig kürzt. Das erleichtert ihm das aufwändige Handling: Das Schleifenbilden entfällt und er kann nicht mehr über seine Schnürriemen fallen.
Türen
Sorge stets dafür, dass sämtliche Türen geöffnet sind. Springe solange an der Türklinke hoch, bis die Tür aufspringt. Wenn dies nicht funktioniert, kratze an Tür, Rahmen und Teppich und schreie solange, bis die Tür geöffnet wird. Stelle Dich dann unschlüssig auf die Türschwelle und überlege gründlich, warum Du eigentlich durch die Tür wolltest. Irgendwann wird Dir Dein Butler bei der Entscheidungsfindung helfen. Mache ihm klar, dass Du es Dir noch mal anders überlegt hast.
Bei Außentüren hat das Spielchen einen guten Nebeneffekt: Im Winter hilft es, die Überhitzung der Wohnräume zu vermeiden. An Sommerabenden kommen dann Schnaken und Mücken ins Haus. Sie sind herrliche Beutetiere und halten auch Deinen Zweibeiner fit. Du wirst erstaunt sein, wie munter er dann wird. Mache Dich nachts dadurch beliebt, daß Du das Ungeziefer erlegst, das Dein Mensch nicht erwischt hat. Benutze Deinen Zweibeiner als Lockvogel. Warte, bis sich eine Mücke auf sein Gesicht gesetzt hat und setze dann zum finalen Rettungssprung an.
Versuche stets in den Raum zu kommen, in den Du nicht rein darfst. Nur so kannst Du Dir auf Dauer die gesamte Wohnung zugänglich machen. Denke daran: Der Klügere gibt nach und außerdem hast Du mehr Ausdauer.
Schränke
Öffne jede Schranktür und prüfe den Inhalt. Wäscheschränke sind stets auf versteckte Mäuse zu durchsuchen. Am Besten den ganzen Inhalt rausholen und gründlich durchstöbern. Nur wenn man die komplette Wäsche durchstöbert hat, kann man sicher sein, dass keine Maus drin ist. Schließlich bist Du als Mäusejäger engagiert!
Gäste
Zeige den Gästen, wer das Sagen hat. Laufe ständig über den Esstisch, wenn getafelt wird. Wirst Du vom Tisch verwiesen, dann demonstriere lautstark für Dein Gewohnheitsrecht.
Mache den Gästen klar, dass Du als Vorkoster für deren Wohl sorgen möchtest. Denke daran: nur wer am lautesten und aufdringlichsten bettelt, bekommt auch am meisten ab. Immer wenn Du etwas bekommen hast, musst Du Deinen Spender darauf aufmerksam machen, dass die Portion unangemessen klein war. Mache ihm klar, dass Du seit Wochen nichts vernünftiges zwischen den Zähnen hattest. Die Mitleidstour zieht am besten. Notfalls unterstreiche Deine Forderung mit Sanktionen wie an den Beinen kratzen. Wenn alles nichts hilft: springe auf den Tisch und hole Dir, was Dir zusteht. Guten Appetit!
Kümmere Dich um Deine Gäste. Insbesondere dunkel gekleidete Leute und Anzugträger lieben es, wenn Stubentiger an den Beinen vorbeistreifen und sich auf den Schoß setzen. Langweilige Oberhemden und Blusen erhalten durch Fäden ziehen ein individuelles Design, auf welches die Menschen stolz sind. Insbesondere Damen wissen von Katzen kreierte Laufmaschen zu schätzen.
Betreue vorzugsweise die Personen, die Katzen nicht mögen. Leiste Überzeugungsarbeit! Die anderen kommen von selbst auf Dich zu. Wenn sich ein Gast für Dich interessiert, würdige ihn keines Blickes. Genieße es, wenn man um Deine Gunst buhlt.Begleite Deine Gäste stets auf die Toilette und passe auf, ob sie alles richtig machen. Werde aber spätestens nach zwei Minuten ungeduldig und verlange, sofort rausgelassen zu werden. Bist Du dann draußen, verlange sofortigen Einlass. Somit verhinderst Du, dass das Örtchen unnötig lange blockiert wird. Damit sammelst Du Pluspunkte bei den anderen Gästen.
Falls ein Gast bei Deiner Anwesenheit ständig niest oder Atemprobleme bekommt, hat er möglicherweise eine Katzenallergie. Dies ist eine fürchterliche Krankheit. Solche Patienten brauchen viel Mitleid und Fürsorge Kümmere Dich also intensiv um sie. Am besten fächerst Du ihm mit Deinem Schwanz Frischluft zu. Setze Dich auf seinen Schoß, streife an seinen Beinen. Oder Lecke ihm Gesicht und Hände ab. Das kommt immer gut an und fördert die Heilung.
Duftmarken
Zeige ständige Präsenz mittels Duftmarken. Deine Dosenöffner sind stolz auf Dich und möchten, daß alle Nachbarn und Hausbewohner wissen (riechen), daß es Dich gibt. Markiere so oft und an so vielen Stellen wie möglich. Setze Deine Duftmarken dort, wo man sie schlecht beseitigen kann. Meide also glatte, nicht saugende Materialien. Spritzer gegen Steckdosen verhindern übermäßige Beleuchtung und sind ein Beitrag zum Strom sparen. Deine Zweibeiner werden den romantischen Abend bei Kerzenschein lange in guter Erinnerung haben.
Jagdtrophäen
Als Mäusejäger musst Du Dein Talent des öfteren unter Beweis stellen. Also bringe gelegentlich eine selbst gejagte Maus nach Hause. Damit Dir die Zweibeiner sie nicht wegessen, sollte sie nicht zu frisch sein. Du weißt ja: Das Essen kommt stets auf den Tisch.
Es soll tatsächlich noch Katzen geben, die obige Verhaltensregeln nicht kennen oder sie nicht befolgen. Die Tatsache, dass diese Stubentiger bei ihren Menschen besonders beliebt sind, ist rein zufällig. Also haltet Euch streng an den Katzenknigge!