Vielen Dank für dieses Thema; dies ist etwas, über das ich mir seit einiger Zeit regelmäßig viele Gedanken mache.
Dies kann ich sehr gut nachvollziehen.
Es heißt ja, dass sich die männliche Keuschhaltung von der weiblichen in Hinblick auf das Verlangen nach einem Orgasmus unterscheidet – aber ich denke, es kommt hier viel weniger auf das Geschlecht als tatsächlich auf die Psyche und darauf, wie sehr die Keuschhaltung diese durchdringt, an.
Ich für meinen Teil wurde damals verschlossen, um mich hinsichtlich meiner nicht enden wollenden Lust einzuschränken. Bevor ich den Keuschheitsgürtel trug, konnte ich buchstäblich die Finger nicht von mir lassen – und auch meine Lust auf Sex war nahezu ungebändigt. Den KG trug ich also nicht nur, um mich in meiner Fähigkeit, selbst über meine Orgasmen zu bestimmen, zu begrenzen, sondern mir vollständig die Kontrolle über meinen eigenen Körper, meine Sexualität und die Möglichkeit, diese ohne die Zustimmung meines Herrn und Schlüsselhalters auszuleben, zu nehmen. Dies wurde durch das dauerhafte Tragen des KGs auch erreicht; zog aber natürlich auch Konsequenzen nach sich.
Dazu gehörte bei mir, dass ich, je länger ich ohne Orgasmus blieb, mehrere Phasen durchlief: Zunächst war der Gedanke, keinen Höhepunkt erleben zu dürfen, unendlich luststeigernd, verbunden mit einem leichten, aber latenten ‚Unmut‘ – dies jedoch immer mit schalkhaftem Lachen in beiden Augen.
In den ersten zehn bis vierzehn Tagen erlebte ich so meine eigene, aufgestaute, nicht befreite Sexualität als ein ständiges Prickeln unter der Haut, eine sich stetig steigernde Nervosität, das Gefühl, dass schon die falsche Sitzposition, die auch nur einen winzigen Teil meiner Scham mehr beanspruchte als sonst, mich potentiell in den Wahnsinn treiben könnte bis hin zu wildesten Träumen, die ab der ersten Woche ohne Erlösung immer heftiger wurden. Aufschlüsse, die ich selbst durchführte (zur Reinigung oder zum Sport) gerieten oftmals fast aus den Fugen, da ich natürlich versucht war, mich selbst wieder zu berühren – von der Herausforderung, mit einem starken Wasserstrahl der Handbrause zu duschen einmal abgesehen...;)
Stets präsent war hierbei auch der von Dir angesprochene Stolz darüber, für meinen Herrn und auf Befehl tatsächlich keusch zu sein, meine Sexualität abgegeben zu haben und nur ihm auf seinen Wunsch zur Verfügung zu stehen; das Kopfkino darüber, dass ich tatsächlich keinen Zugriff auf mich und meine Bedürfnisse hatte, sondern meinen Körper gänzlich seinem Willen unterworfen hatte, machte mich zum selben Zeitpunkt wirklich an und sehr stolz.
In den darauffolgenden Tagen, etwa in der zweiten und dritten Woche, verschwand der unbedingte, brennende, nicht stillbare Durst nach einem Orgasmus zunehmend. In den Vordergrund rückte immer mehr das psychische Spiel mit meiner Lust und auch der Wille, noch weiter durchzuhalten und damit dem Mann, der den Schlüssel zu meiner Lust hatte, zu beweisen, dass ich ihm folgsam war und auch, dass ich all das wirklich wollte; so galt die Herausforderung nicht nur meinem Herren gegenüber, sondern auch mir selbst. Je länger ich ohne Orgasmus blieb, desto fokussierter wurde ich nach einer Zeit; es fiel mir sehr viel leichter, mich zu konzentrieren, ich ließ mich nicht mehr so leicht ablenken und wurde insgesamt ruhiger. Der große, schleichend größer werdende Nachteil war aber auch, dass ich immer unempfindlicher wurde. Das Ziehen, Kribbeln, ja sogar teilweise spontan auftretende Schwellungen zwischen meinen Beinen ließ spürbar nach - und wo ich noch wenige Tage zuvor aufgrund eines einzigen, eindeutigen Wortes oder Bildes das Metall in Sekunden bis auf die Jeans 'durchnässte', passierte nun tatsächlich deutlich weniger. Meine Gedanken schweiften nicht mehr so oft ab und ich verspürte auch seltener den Drang, tatsächlich kommen zu wollen, aufgeschlossen werden zu wollen, die winzigen 'Wutanfälle' über meine Situation blieben gänzlich aus. Der Gedanke, ganz im Sinne meines Herrn ohne Sexualität zu leben und diese nur mit seiner Erlaubnis freilassen zu dürfen, stand im Mittelpunkt meines Alltags, und obwohl die wilden Träume noch immer blieben, spornte ich mich morgens nach dem Aufwachen sogar an: "Nein, heute wirst Du weiter stark sein. Man hat es Dir befohlen - Du bist eine keusche Sklavin, die als solche auch keine Orgasmen mehr erleben darf. Du gehörst Dir nicht mehr selbst. Du hast Deine Sexualität nicht verdient." Und in diesem Moment fühlte ich genau das, was Du, 'liebhaber' beschreibst - und obwohl ich genau diesen 'Status' unendich genoss, fühlte ich auch den winzigen Stachel, der mir immer wieder zuflüsterte "Du bist eine wertlose Sklavin, die ihren eigenen Orgasmus nicht verdient hat - Deine einzige Aufgabe ist es, Dich um die sexuelle Erfüllung Deines Herrn zu kümmern. Kommst Du dem nach, bist Du eine gute Sklavin - alles andere ist nicht wichtig." Da sich dies aber mit einem sehr großen Teil meines Verständnisses von BDSM deckt, empfand ich diesen Stachel nicht als schmerzhaft, sondern als intensiven Teil meiner eigenen Keuschhaltung auf dem Weg zu meinem
wahren Ich.
Als mein Schlüsselhalter mich schließlich nach geschlagenen vier Wochen und vier Tagen aus dem KG befreite und mir einen Orgasmus schenken wollte, verspürte ich zuvor schon überhaupt keine Lust mehr, sexuelle Erfüllung zu finden. Es dauerte geschlagene zwanzig Minuten, bis er den Punkt erreichte, an dem mir ein leiser Seufzer der Lust entwich - dann war das Eis endlich gebrochen. Es erschreckte mich, wie sehr sich doch mein Körper auf die Tatsache, keinen Orgasmus mehr zu haben, eingependelt hatte, wie wenig Lust ich selbst verspürte und wie lange es dauerte, bis sie wieder geweckt wurde. Dieses Erlebnis ist mir bis heute im Gedächtnis geblieben.
Seit ich nicht mehr dauerhaft mit dem Gürtel, sondern vorrangig durch seine Willenskraft keusch gehalten werde, ist meine Lust zurück wie eh und je - auch vergeht kaum ein Tag, an dem ich mich nicht zweimal und öfter befriedigen möchte. Was mir allerdings aufgefallen ist, ist dies: Abgesehen von jenen Höhepunkten, die ich in einer Session erlebe (die immer mit anderen, für mich extrem luststeigernden Faktoren wie Schmerz, Folter, intensiver Demütigung und Erniedrigung bis ins Mark einhergehen), sind alle Orgasmen, die ich "post-KG" erlebe, flacher, milder, weniger intensiv, was automatisch dazu führt, dass ich mich öfter befriedigen muss, um die Art von Erfüllung zu finden, die ich brauche; sonst bin ich wieder nervös, unkonzentriert - eben eine unbefriedigte Frau. Ich verspüre dauerhaft ein hohes Maß an Lust (der 'Pegel', wenn ihr so wollt, bleibt gleich), bin abgesehen davon immer feucht und lasse mich bei der kleinsten Kleinigkeit erregen - die Orgasmen, die ich empfinde, wenn ich es mir selbst mache oder wenn ich 'normalen Sex' habe, sind jedoch sind nicht mehr das, was sie einmal waren.
Darüber mache ich mir oft Gedanken, manchmal sogar Sorgen; bis ich in einer Session wieder den Sturm spüre, der mich abheben und fliegen lässt.
Ich freue mich sehr über weitere Gedanken zu diesem Thema.