„ Noch eine Frage, die wieder leicht off-topic ist: Woher kommt eigentlich die Aussage mit dem erhöhten Prostatakrebsrisiko, die hier in der Gruppe regelmäßig auftaucht? Die Studie, aus der teilweise die ominöse Aussage "21x pro Monat senkt das Risiko ..." abgeleitet wird [was so nicht in der Studie steht] ist mir bekannt - sie ist meiner Meinung nach für das mögliche Krebsrisiko durch Keuschhaltung weitgehend irrelevant. Gibt es weitere wissenschaftliche Originalarbeiten zu der Frage?
Ich habe mir zwei Stündchen Zeit genommen, um in der medizinischen Literatur (PubMed) nach Studien zu suchen. Hier eine kurze Zusammenfassung:
Eine recht große Beobachtungsstudie aus 2016 wurde hier bei Joyclub schon zitiert:
Jennifer R. Rider et al.. Ejaculation Frequency and Risk of Prostate Cancer: Updated Results with an Additional Decade of Follow-up. European Urology 2016; 70(6): 974-982.
Diese Studie findet ein etwas vermindertes Prostatakrebsrisiko bei Männern, die (nach eigenen Angaben) im Alter zwischen 20 und 29, bzw. im Alter zwischen 40 und 49 jeweils mindestens 21mal pro Monat ejakuliert haben (egal ob Sex oder Solo-Sex).
Diese Studie meintest Du vermutlich.
Jetzt gibt es in der Medizin öfter mal spektakuläre Studien, die relativiert werden, wenn mehrere Studien zu diesem Thema vorliegen, und diese gemeinsam betrachtet werden. Die beste Evidenz, also das sicherste Wissen bekommt man durch Arbeiten, die eine größere Zahl von Studien vergleichen (Reviews) oder, manchmal noch besser, studienübergreifend neu auswerten (Meta-Analysen).
Zu diesem Thema habe ich zwei übergreifende Arbeiten (ein review, eine Meta-Analyse) gefunden, die beide die oben erwähnte Arbeit mit auswerten, zusammen mit allen anderen Studien dazu.
Eine Meta-Analyse aus 2018 kommt zu dem Schluß, daß Männer die weniger Sexualpartner haben, später den ersten Sex haben und eine mittlere Ejakulationsfrequenz (2-4x pro Woche), ein signifikant geringeres Prostatakrebsrisiko haben. Die Autoren weisen darauf hin, daß kein linearer Zusammenhang zwischen Ejakulationsfrequenz und Risiko beobachtet wurde.
(Zhongyu Jian et al.: Sexual Activity and Risk of Prostate Cancer: A Dose-Response Meta-Analysis. J Sex Med 2018; 15(9):1300-1309.)
Ein Review aus 2019 einer europäischen Fachgesellschaft. Hier ein Zitat aus der "patient summary": "While the evidence for sexual activity is not overall clear, we found that smoking might lead to more aggressive cancers and result in worse treatment outcome. Physical activity might prevent prostate cancer and improve cancer-related outcomes as well. Hence, it is certainly reasonable to advocate an active lifestyle and advise men to quit smoking."
Also: der Einfluss sexueller Aktivität ist unsicher, die aussagekräftigeren Risikofaktoren sind Rauchen und Bewegungsmangel.
(Sabine D Brookman-May et al.. Latest Evidence on the Impact of Smoking, Sports, and Sexual Activity as Modifiable Lifestyle Risk Factors for Prostate Cancer Incidence, Recurrence, and Progression: A Systematic Review of the Literature by the European Association of Urology Section of Oncological Urology (ESOU). Eur Urol Focus 2019;5(5):756-787.)