Semenawa, Kinbaku, Shibari - Um was geht es hier?
Seil ist frei! (Akira Naka, Turin 2017).In dieser Gruppe soll es um traditionelles japanisches Seilbondage gehen, also Shibari oder auch Kinbaku, speziell aber um Semenawa.
Die Begriffe sind alle umstritten, endlose Debatten wurden schon entzündet, und es ist klar, dass es kein internationales Komitee gibt, das letztendlich festlegt, was genau gemeint ist.
Trotzdem finde ich, dass eine Gruppe eine gemeinsame Sprache braucht, um gemeinsam Spass zu haben. Wenn ich jemanden zu einer Shibari-Session einlade, und dabei die Aktionen aus dem letzten Porno von Nureki im Hinterkopf habe, die andere Person aber an entspanntes Abhängen in einer Hängematte denkt, haben wir einen Konflikt.
Ich möchte deshalb hier ein bisschen ausführen, um was es mir hier geht, um eine gemeinsame Basis zu schaffen.
Traditionelles Japanisches Seilbondage, Kinbaku, Shibari
Ich verwende die Begriffe synonym. Ich spreche kein Japanisch. Es ist mir klar, das das eine „binden“ heisst, und das andere „eng binden“, oft interpretiert als erotisch fesseln. Aber so klar ist das nicht, und ich beobachte / höre Japaner mit ihrer ganz eigenen Definition. Zum Beispiel hat 2015 Ren Yagami in Berlin den Begriff „Shibari“ für seine, erotische! Fesselei reklamiert, während er „Kinbaku“ für eher un-erotische, ästhetische Bondage verwendet hat. Das wäre so ziemlich das Gegenteil von der derzeit allgemein anerkannten Definition.
Für mich wichtig ist folgendes: Ich beziehe mich in meinem Fesselstil auf die japanische Tradition. Ich studiere, was die Japaner so gemacht haben in den letzten 100 Jahren, folge japanischen Meistern, versuche deren philosophischen und ästhetischen Konzepte zu verstehen sowie deren Ideen, wie man mit Seil umgeht, etc. … Das beinhaltet natürlich auch zu verstehen, wie westliche Einflüsse übernommen und integriert worden sind. Und es bedeutet auch, zu fragen, wie wir das alles für uns anwenden können, mit einem anderen kulturellen Hintergrund.
Erotik, Sex, Pornografie, BDSM
Wenn man sich die letzten 100 Jahre japanischer Seilbondage anschaut, dann kommt man nicht umhin, zuzugeben, dass es sich im weitesten Sinne um diese Themen gedreht hat. Bei dem einen alten Meister mehr, bei dem anderen noch mehr . Es mag sein, dass es in den 1950ern einen „Tokyo Shibari Club“ gegeben hat, in dem sich Hausfrauen zum Geschenke verpacken getroffen haben - er ist mir nicht bekannt, denn die Ergebnisse wurden nicht im Kitan-Club veröffentlicht.
Diese Gruppe soll einladen, dass wir uns über unsere schmutzigen Gedanken, unsere dunklen Phantasien, unsere verdorbenen Praktiken beim und rund ums Fesseln austauschen (dürfen). Wo denn sonst, wenn nicht hier? In vielen anderen Kanälen rollt ja mittlerweile eine Welle der neuen Prüderie und Zensur über uns - daher ist es um so besser, dass wir hier im JoyClub eine Heimat dafür finden.
Semenawa
"Tormenting rope is made for souls that have that sadness within, that turmoil, that need for surrender regardless of who ties and who is tied. It's not about sadism and masochism, it's about a pilgrimage, it's about climbing a mountain together, it's about the journey not the destination." Riccardo Wildties
„Seme“ heisst übersetzt Tortur, Folter. Was immer uns dazu treibt, es ist eine dunkle Faszination, eine erotische Lust, die uns überfällt, wenn wir uns mit diesen Bildern, Phantasien oder Geschichten von den - in der Realität grausamen und inhumanen - Praktiken beschäftigen. Nur als Praxis zwischen bewussten, erwachsenen Partnern, und nur wenn wir emphatisch bei diesen bleiben können wir auf diesem Rand des Vulkans tanzen. Und oft genug fallen wir vom Grat…
Seio Ito, als der Gründervater des Kinbaku, war hauptsächlich an Seme / Folter interessiert - und mit seiner Frau und Muse, Kise Sahara, an diesem erotischen tanz auf dem Vulkan. Er war in diesem Sinne also ein echter „Perverser“ . Seil war einfach das Mittel seiner Wahl in dem kulturellen Kontext in dem er gelebt hat.
Es geht hier also im weitesten Sinne um eine härtere Gangart bei der Verwendung von Seilen im gemeinsamen Liebesspiel. Seil-Bondage als B(ondage)DSM-Aktivität. Für viele kommt beim Semenawa eine gewisse DS-Dynamik ins Spiel oder zumindest eine Polarität zwischen den beiden Partnern. Wir spielen mit heftigen körperlichen Zuständen: Schmerz, Anstrengung, oder Gefahr - und tiefen Emotionen.
Akira Naka
Und dann wollen wir uns noch - zumindest weitestgehend - mit dem Stil / der Kunst von Akira Naka beschäftigen.
In dieser Gruppe schreibt Akira Naka Sensei nicht selbst - deshalb kann nichts hier als absolute Wahrheit stehen. Nur Akira Naka Sensei weiss, was Akira Naka wirklich denkt…
Diese Gruppe ist quasi der deutsche Fan-Club von ihm…
In meiner Wahrnehmung entsteht ein Stil durch bewusste Entscheidungen, durch eine Auswahl bzw. Selektion von wenigen Stilmitteln aus einem Meer von Optionen. Stil ist Diskriminierung! Das heisst nicht, das die anderen Optionen schlecht sind, sie sind nur nicht Teil des Stils. Yves Klein diskriminiert alle Farben, ausser Blau (ausser einem ganz bestimmten, tiefen, dunklem Blau!)
Akira Naka hat sich für eine gewisse Ästhetik entschieden, für Fesslungen, die er macht - und gegen andere. Nur dadurch wird sein Stil erkennbar, unverwechselbar.
In meiner Meinung ergibt es nur bedingt Sinn, den Stil eines anderen zu kopieren. (Es ist nur dafür nützlich, gewisse Grundprinzipien zu lernen und zu verstehen). Darüber hinaus sollten wir alle unsere eigene Interpretation finden, unseren eigene Stil entwicklen.
In diesem Sinne: Seil ist frei!
Was meint Ihr? Welche Assoziationen habt Ihr zu den Begriffen, zu den Konzepten, zu den Ideen hier? Schreibt bitte in die Kommentare, nur so kommt hier Leben in die Gruppe…