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Kriterien zur Wahl eines Lehrers / Workshops

Antwerp, 2019. Foto: Franck Stunn (not on JC)
********r_MA Mann
419 Beiträge
Themenersteller Gruppen-Mod 
Kriterien zur Wahl eines Lehrers / Workshops
Was sind Eure Kriterien, einen Workshop / einen Lehrer zu finden, wenn Ihr intensiver einen Stil lernen wollt? (also nicht für den ersten Schnupperkurs)

Vor allem die Anfänger - was sind Eure Überlegungen dazu? (Ich bin wirklich neugierig)
Was hat gut funktioniert, für die, die schon Erfahrungen gemacht haben?

Wie wichtig sind Euch ein regionales Angebot (d.h. Ihr könnt ohne Übernachtung teilnehmen), Star-Status, Referenzen, Lehrstil, Didaktik, ...?

Ich bin sehr gespannt...
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**********chter Mann
551 Beiträge
Hallo,
hier meine persönliche Meinung, was für mich wichtig ist bei der Auswahl eines Lehrers / Workshops:

• Persönlichkeit
Ich muss den Menschen vor mir mögen und akzeptieren. Bevor ich jemandem vertraue und es zulasse, das er mich in gewisser Hinsicht prägt und beeinflusst, muss die persönliche Ebene stimmen. Dazu gehört bei mir auch, das der Lehrer so fest in sich ruht, das er nicht ständig jedem erzählt, was für eine geile Sau er doch ist und das er zum besten gehört, was die Fesselei zu bieten hat. Wenn ich Ihm von meiner Zeit und meinem Geld gebe, dann habe ich das schon akzeptiert.

• Thema
Meine Erfahrung ist, das "Bauchladen-Seminare" sehr wenig bringen. Die EWMS (eierlegende Wollmilchsau) mit allem von Materialkunde bis Transition hat bisher noch nie gehalten, was Sie versprochen hat.

• Klare Voraussetzungen
Wenn beim Workshop steht "TK2 mit Suspensionerfahrung ist unbedingt vorausgesetzt" sollte der Tag nicht beginnen mit der Erläuterung eines single column tie...

• Betreuung und Beobachtung
Ich möchte mich ausnahmsweise gerne mal überwacht fühlen. Wenn ich am Zweiten Tag feststelle, das ich alle Inhalte des ersten Tages falsch mache, dann bin ich zwar der mit der schlechten Ausführung, allerdings sollte ich dann am ersten Tag das auch ein paar mal gehört haben

• Methode
Ich bin da beruflich "torgeschädigt" und deswegen pingelig - aber auch so viel schlechtes gewohnt aus anderen Bereichen das ich sehr flexibel bin. Trotzdem erwarte ich eine gewisse Konsistenz in Dingen wie Wording (Gleiche Dinge heissen immer Gleich), Methodik (z.B. zeigen, zusammen machen, machen lassen mit Überprüfung, freies üben). So was hilft sehr beim lernen


So, das war es mal mit den für mich wichtigen Kriterien.

Beste Grüße,
Schattendichter
Dann antworte ich einmal. Tatsächlich ist mir ein regionaler Ansatz durchaus wichtig, weil ich zeitbemessen eher eingeschränkt bin. Da ich schon einen Workshop besucht habe, kann ich vielleicht einmal schildern, was mir dabei wichtig ist.

Erst einmal war jede Menge Überforderung da. Ich finde, dass man sich gerade am Anfang eher auf die Technik konzentrieren sollte. Da spreche ich natürlich nur für mich. Aber wenn ich in in einem Kurs schon gesagt bekomme, wie ich ich gefühlvoll und emotional die Session aufbauen soll, aber noch am Schlüpfknoten verzweifele ist es dann dezent zu viel des guten. Wenn es dann auch lustig weiter geht und man dann verschiedene Bindungen von Oberkörper / Bein und Fussbindungen reingedrückt bekommt, wird es schwierig für mich. Bei meinem letzten Workshopt war zumindest klar, dass man ohne Vorkenntnisse oder Berührungen mit dem Seil im privaten Bereich oder auf einem TüddelTreff eher Probleme haben würde.

Was ich mir wünschen würde, wären begleitende Materialien und Anleitungen, die man dann auch mit nach hause nehmen kann, um zu üben und ein Schritt für Schritt Programm, so dass man sich nicht übernimmt. Einen Kurs aufzubauen, in dem man eigentlich nur dreierlei grob in Basics, Bodenfesselung und Suspensions gliedert, halte ich für zu kurz gedacht.

Generell wäre auch eine Literaturliste schön. Ich persönlich finde die Bebilderung und Anleitung aus dem Schweizer SHIBAKU von Wettstein gelungen aber auch das Bondage-Handbuch von Grimme gut, das sehr undpräteniös daher kommt. Wenn solche Art von Begleitliteratur näher ausgebaut werden würde, hätte man über die Präsenzzeit des Unterrichts auch gute Ansätze zum Weiterüben und zur Selbstkontrolle. Ich hatte bisher das Gefühl, dass man dann nach einem Workshop nach hause geht mit vielen Einflüssen aber alles gar nicht wirklich in der Masse verarbeiten kann und so alles wieder vergisst. und wenn man dann auch nicht zu angebotenen Übungsabenden aus zeitgründen erscheinen kann, die begleitet sind, hat man es dann so oder so schwer, weil man wieder komplett feststeckt. Aber das mögen andere dann schon wieder anders sehen.

Natürlich muss man üben, aber ich denke, dass es förderlich ist, wenn man Material hat, um sicherzugehen, dass man sich technisch auf einem sicheren Weg befindet. Ich denke, es ist da so, wie beim Erlernen eines Instruments. Erst kommt die Technik und dann die Improvisation und Kunst.
Okay...du fragtest ja nach den Kriterien, wenn man "erste Erfahrungen" schon hinter sich hat und sich "irgendwie klar geworden ist, was man eigentlich mit dem Fesseln erreichen möchte."
Ich kann sagen, das war bei uns im November 2014 der Fall.
Wir hatten 2012 angefangen zu fesseln und ein paar WS besucht, uns entwickelt und dann...dann war es irgendwie "so gut wie beendet". Das, was wir bis dahin so gelernt und praktiziert hatten, war überhaupt nicht das, was wir eigentlich mit dem Fesseln bewirken wollten.
Wir standen vor der Wahl "aufhören - oder mal schauen, wie Fesseln sonst noch sein kann."
Wir durchstöberten das www nach Inspirationen...und wurden fündig. Wir sahen auf Vimeo eine Bühnenfesselung von Wildties & RedSabbath und waren nicht nur "hin und weg"...sondern uns war auch klar "DAS wollen wir auch können, erleben, erfahren."

Warum schreibe ich diese kleine Vorgeschichte?
Weil uns ab diesem Moment klar war "DAS lernst du nicht in der Nachbarschaft."
Und so sind wir zunächst auf der www-Präsenz der beiden gelandet, haben "Bildchen geguckt", weitere Videos studiert, viel gelesen...und stießen dann auf das Angebot, diese Form des Fesselns "bei denen zuhause" in Form eines Private-WS über ein WE zu lernen.
(Das war die Zeit, in der die beiden mit ihrer Idee, des Private-WS gerade begonnen hatten.)
Wir nahmen Kontakt auf, sprachen einen Termin ab und dann flogen wir nach Rom.

Uns war völlig klar, dass wir diesen Weg (geografisch wie auch "Fessel-Neustart") einfach gehen wollten und auch "mussten", wenn wir das, was wir dort als "Naka-Style" benannt bekamen, lernen wollten.
(Obwohl...mit "Style" im Kontext "Naka Akira" ist das so eine Sache...)

Neben Rom haben wir im Zusammenhang mit dieser Form des Fesselns auch WS in Turin, Paris und Kopenhagen besucht.
Warum...? Weil man dahin gehen muss, wo das gemacht wird, was man selber machen will.

Weite Wege und WS-Gebühren bereut...? Never ever

*hutab*
Antwerp, 2019. Foto: Franck Stunn (not on JC)
********r_MA Mann
419 Beiträge
Themenersteller Gruppen-Mod 
Danke, @*********Rope, dass Ihr so ausführlich Eure Erfahrungen teilt.

Ich glaube auch, dass es ganz wichtig ist, zu verstehen, was man wirklich will und dann den/die passenden Lehrer zu suchen.
Also ich in die Szene in Berlin eingetaucht bin, habe ich das noch nicht verstanden, sondern viele Dinge deshalb gelernt (bzw. eben nicht gelernt!), weil andere gesagt haben "Das ist wichtig". Und es gab immer so eine Stimme in mir, die gesagt hat "Das will ich aber doch gar nicht". Damals war z.B. der große Trend viele Transitionen hintereinander zu machen. Ich war auf Workshops, wo Seilmanagementgeübt wurde, damit das Model nur kurz in der unbequemen Position zwischen zwei bequemen verweilen muss. Leute haben meinen Holzring kritisiert, weil der "langesamer" ist, also habe ich mir Metallringe gekauft... Dabei wollte ich doch, dass das Model lange in einer unkomfortable Position leidet. *g*

Auch wenn Reisen im Moment nicht so einfach möglich ist - die Zeiten werden wieder besser! Und ich danke auch, dass sie das Investment lohnt. Man muss auch nicht 2x pro Woche zu einem Lehrer gehen, um was zu lernen. Ein Wochenende, egal ob Private oder WS gibt Material für mindestens 3-4 Monate (eher 6 oder mehr) zum üben und verstehen. Ich arbeite jetzt noch mit Material aus Workshops mit Riccardo und auch Naka-San von 2017!
*******Mind Frau
485 Beiträge
Ich folge irgendwie der Devise dahin zu gehen, wo das Herz (oder vielleicht auch die Libido *ggg* ) mich trägt. Das heißt wenn ich etwas sehe, lese oder wahrnehme was mich wirklich ergreift und begeistert und es eine Möglichkeit gibt von dieser Person zu lernen oder mehr darüber zu erfahren, nehme ich auch weitere Wege in Kauf bzw. bin bereit mehr Geld auszugeben. Wenn mich hingegen die Fesselungen, Bilder, Szenarien nicht bewegen bzw. emotional kalt lassen, würde ich nicht von dieser Person lernen wollen, egal welche Inhalte oder welchen Stil sie unterrichtet.

Den Punkt mit den persönlichen Präferenzen, der bereits angesprochen wurde, finde ich auch sehr entscheidend. Ich selbst komme regelmäßig an einen Punkt an dem ich merke, dass ich irgendwie stagniere bzw. mir etwas an Wissen fehlt um mich weiter zu entwickeln. Was das ist, entscheidet sich aber eher danach in welche Richtung ich persönlich gehen möchte und woran ich für mich weiter arbeiten will, und weniger danach was andere als wichtig erachten. In diesem Zusammenhang ist für mich dann entscheidend inwieweit ein potenzieller Lehrer Kompetenz in dem Bereich besitzt und mein Wissen wirklich erweitern kann.
*****ari Mann
174 Beiträge
Als Anfänger hatte ich erstmal mitgenommen, was ich kriegen konnte. Da hat auch der regionale Aspekt eine große Rolle gespielt. Angebote in Nürnberg und München waren z.B. sehr naheliegend. Ich wusste am Anfang auch noch gar nicht, wie vielfältig Shibari / Kinbaku sein kann. Internationale Communities wie fetlife waren mir unbekannt und meine Infos hatte ich über die SZ oder den Joy. Auch auf dem Fesseltreff, den ich besucht habe, haben die meißten sich am Osada Ryu orientiert, wodurch mir dieser Stil auch als erster richtig begegnet ist und ich damit eingestiegen bin.

Richtig gemerkt, dass Fesseln unglaublich vielseitig sein kann, habe ich dann auf internationalen Festivals wie in Prag und auf der Eurix gelernt. Viele warnen ja vor dieser Workshop-Hopping-Mentalität und sagen Anfängern "geh da nicht hin, das ist erst was, wenn Du mit einem Stil vertraut bist". Ich bin da anderer Ansicht und sage, gerade als Anfänger ist es toll, diese Vielfalt erstmal zu sehen, da es den eigenen Blickwinkel auf das Fesseln stark erweitert. Auch hat sich dann relativ schnell rauskritallisiert, was mich besonders anspricht und was mir weniger gibt.

Ich wähle Lehrer (plural!) weniger nach dem Stil, den sie verfolgen aus, als vielmehr danach, wie die Person selber fesselt und was sie aus dem Stil macht. Wenn Person A nach Stil X fesselt und Dich damit vom Hocker haut, kann der gleiche Stil bei Person B Dich überhaupt nicht ansprechen. Das liegt aber weniger an dem Stil, sondern was die Person daraus macht, bzw. wie sie ihn weitergibt. Bei der Wahl des Lehrers frage ich mich daher vor allem, ob die Person etwas kann, das ich faszinierend finde und das ich lernen möchte und wie die Person das dann rüberbringt? Als zweites ist mir wichtig, ob ich mit dem Menschen als Lehrer klar kommen würde. Neben der Sympathie ist mir dabei u.a. der Umgang mit dem Fesselpartner wichtig oder wie er / sie mit seinen / ihren Schülern umgeht. Also ob ich mich generell bei dieser Person gut aufgehoben fühle. Im Großen und Ganzen lasse ich mich da also recht stark von meinen Gefühlen leiten.

Vom wahllosen Workshop-Hopping bin ich schon länger abgekommen und es sind aktuell nur eine kleine Handvoll an Leuten, auf die ich mich konzentriere. Diese kommen teilweise aus sehr unterschiedlichen Stilrichtungen, was für mich generell ok ist. Dann lehrnt man halt mehrere Stile / Interpretationen gleichzeitig. Solange man das nicht wild kombiniert, finde ich das durchaus in Ordnung und macht mein Fesseln sehr vielseitig.
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