Greenberg
Ben Stiller muss man nicht mögen...
Nein, ich mag Ben Stiller nicht, obwohl ich mir mit großer Freude die Komödien um die Familie Fokker angesehen habe - OBWOHL Ben Stiller mitspielt.
Greenberg...ist also DER aktuelle Tipp im Stadtmagazin..hochgelobt als der schönste Film der Berlinale...
Vom Regisseur Noah Baumbach kannte ich
Der Tintenfisch und der Wal, den ich wirklich beeindruckend fand. Die Erwartungen waren dadurch aber eher weniger Komödie, sondern eher Drama und
Greenberg ist beides.
Wirklich lustige Situationskomik (kein Slapstick) die einhergeht mit anrührender Tragik des Alltags und zwischenmenschlicher Beziehungen.
Roger Greenberg, 40 Jahre alt, gescheiterter Musiker und Schreiner um davon zu leben zieht nach einem Aufenthalt in der Psychiatrie für sechs Wochen in das Haus seines erfolgreichen Bruders in L.A., solange dieser mit Familie ins Ausland verreist. House- and dogsitting - weit verbreitet in USA.
Für Notfälle hat er die Telefonnummer der 25-jährigen Haushälterin Florence (bezaubernd natürlich die mir bis heute unbekannte Greta Gerwig).
Ein erstes Zusammentreffen der beiden weckt ihr Interesse an dem skurrilen gebrochenen Mann, kein Mitleid, sondern aufrichtige Sympathie, mit der er seine offensichtlichen Schwierigkeiten hat.
"Verletzte Menschen verletzten Menschen" ein Ausspruch Florences trifft das Miteinander der beiden so unterschiedlichen Menschen.
Florence sucht eine Liebesbeziehung als Ruhepol in ihrem einsamen Leben, der zynische Roger verbietet sich Liebe zuzulassen. Trotzdem kommt man sich immer wieder auf eigenartige ("amerikanische") Art körperlich nahe.
[Bei der einzigen schnellen Nummer auf der Couch klingelte tatsächlich im Kino ein Handy und die Tante ging auch noch ran um dem Anrufer zu erzählen, dass sie um neun Uhr zuhause sein wird.... DAS GEHT GAR NICHT!]
Eine ganze Weile plätschert der Film so vor sich hin und fast scheint es, als ist der ernsthaft kranke Hund das einzige dramaturgische Element.
Roger trifft einen alten Freund Ivan (Rhys Ifans - der wunderbar schräge Mitbewohner aus Notting Hill) aus Musikerzeiten wieder, der ihn mit offensichtlich sehr verärgerten alten Freunden zusammen bringt.
15 Jahre früher ist eine hoffnungsvolle Karriere der Bandfreunde als Profimusiker an Rogers Verhinderung eines Plattenvertrages gescheitert...ein zweite Chance gab es nicht.
Letztendlich dreht sich dieser ganze Film um die Frage: wie geht man mit Fehlentscheidungen um, die dem ganzen weiteren Leben die Richtung vorgeben?
Wie lernt man damit umzugehen, dass man irgendwann im Leben Entscheidungen getroffen hat, die falsch waren. Wie kann man das folgende Leben akzeptieren? Kann man es überhaupt oder zerbricht man daran?
(Fehl)Entscheidungen, die nicht nur das eigene Leben nachhaltig negativ beeinflusst haben, sondern zusätzlich die Lebensläufe anderer Menschen mit veränderten.
Die Frage, wieviel Schuld gibt man sich selbst, wieviel kann man verdrängen, wann und wie will es wieder aus einem heraus, wie schmerzhaft ist es, sich diesen Fragen zu stellen...oder im Fall von Roger und Florence einen anderen Menschen dabei zu erleben, der im selben jungen Alter eine ebenso wichtige Entscheidung zu treffen hat, ohne zu ahnen, ob es am Lebensende (oder jenseits der 40, was scheinbar gleichbedeutend ist...) die richtige Entscheidung war...
Mehr Details darüber gibt's nicht, möchte ja nicht zu viel verraten.
Trotz Ben Stiller gebe ich 8 von 10 Punkten.