Les passagers de la nuit - Passagiere der Nacht (2022)
„Les passagers de la nuit“ von Mikhaël Hers habe ich seinerzeit bei den französischen Filmtagen 2022 in einer Preview sehen dürfen. Der Film hat mich sehr beeindruckt, ist dann aber leider an den Kinokassen untergegangen.
Paris 1981: Elisabeth (Charlotte Gainsbourg) ist eine alleinerziehende Mutter, die für ihren eigenen und den Lebensunterhalt ihrer Kinder eine Arbeit bei der nächtlichen Radio-Talksendung „Les passagers de la nuit“ annimmt, in der Menschen zur späten Stunde anrufen und über ihre Sorgen, Nöte und Gedanken reden können (vergleichbar mit Domian). Schon bald tritt genau eine solche einsame Seele in das Leben von Elisabeth und ihrer Familie, die junge Obdachlose Talulah (Noée Abita).
Der Film verhandelt sehr viele Themen und schafft es dennoch die Balance zu halten und nie überladen zu wirken. Es geht um Aufbruch, Veränderungen, Umbrüche, Hoffnungen und Erwartungen, nicht umsonst setzt der Film zur Wahl von Präsident François Mitterand an. Diese Umbrüche finden sich auch in den Schicksalen der einzelnen Figuren wieder, sei es die Hauptfigur, die sich nach dem Zusammenbruch ihrer Ehe in der Arbeitswelt behaupten muss, nur das beste für ihre Kinder möchte und dennoch sich dieser Fremden in ihrem Leben öffnet. Charlotte Gainsbourg ist schauspielerisch wieder eine sichere Bank.
Auch die jungen Figuren befinden sich jeweils an entscheidenden Punkten in ihren Leben, bei denen sich zum einen eine Coming of Age-Geschichte abspielt, aber auch die Überwindung emotionaler Vereinsamung und die Verarbeitung von Liebe und Sexualität. Und auch wenn er Elemente eines Melodramas hat, ist er dennoch nie zu emotional aufgeladen, stets geerdet und sensibel. Diese Subtilität überträgt sich auch auch in die Bildsprache des Films, der die 80er nie übertrieben bunt und skurril zeigt, sondern in sehr schönen körnigen und nächtlich fluoreszierenden Bildern.
„Les passagers de la nuit“ ist noch bis zum 11.4.2024 in der Arte-Mediathek streambar.