Perfect Days (2023)
Wim Wenders meldet sich zurück und liefert mit „Perfect Days“ den wohl vielversprechendsten Film seines Spätwerks. Hirayama (gespielt von Kōji Yakusho, ausgezeichnet in Cannes als bester Hauptdarsteller) führt ein schlichtes Leben als Toilettenreiniger in Tokyo. Sein durchstrukturierter Alltag ist gezeichnet von seinem Interesse für Musik, Literatur, Natur, Fotografie und der Begegnung mit anderen Menschen.
Und sehr viel mehr gibt es auch kaum zu erzählen, denn Wim Wenders strukturiert die Handlung stark an der täglichen Routine seiner Hauptfigur. Es ist schon fast meditativ Hirayama beim putzen der hochtechnisierten und architektonisch kreativen Toiletten zu beobachten. Es ist hierbei nicht nur erstaunlich, wie viel Wenders trotz der kaum vorhandenen Handlung mit seinen analogen Bildern erzählen kann (was auch jeder für sich selbst interpretieren sollte). Vielmehr war ich erstaunt, dass mir Wenders - und ich bin kein Fan seines Spätwerks - doch noch überhaupt etwas zu erzählen hat.
Wenders manövriert die Handlung stets am Kitsch vorbei, lediglich kleinere klischeehafte Kommentare über Jugend und Alter hätte es nicht gebraucht. Wir haben hier also nicht eine nochmalige „Ode an die kleinen Dinge“ oder „Hymne an das Leben“, die einem in einer überbelichteten TV-Optik vermitteln wollen, dass selbst im Kapitalismus der Arbeiter doch die kleinen Freuden des Lebens genießen soll, um jeden Gedanken an Widerstand zu vergessen. Wenders arbeitet hierfür die allgemeine Bedeutung von Kunst und Natur und deren individuelle Prägung für den Einzelnen heraus, was auch zu jedem Zeitpunkt nachvollziehbar bleibt und verzichtet dabei auf ein plattes Motto, dass es doch mehr auf die einfachen Dinge im Leben ankommt, sondern um die persönliche Selbstverwirklichung des Individuums.
Der große Pluspunkt ist die Performance von Kōji Yakusho. Seine Figur bleibt immer nahbar, seine Darstellung nie übertrieben oder emotional aufgeladen. Eingefangen wird dies vom deutschen Kameramann Franz Lustig in einem fast quadratischen Format (ich glaube 1,3 x 1), das den vertikalen Häusergiganten Tokyos gerecht wird und insgesamt ein stimmiges und interessantes Bild der Metropole vermittelt (und deren öffentlichen Toiletten).
Fazit: „Perfect Days“ dürfte der beste Film Wenders im 21. Jahrhundert sein - mein Wohlfühlfilm des Jahres!