A Weekend in Taipei (2024)
Nachdem ich mich am vergangenen Wochenende mit dem Buchspazierer so wohlgefühlt hatte (Rezension weiter oben) wollte ich unbedingt noch mal ins Kino, um noch mal dieses schöne Gefühl des Eintauchens genießen zu können. Ich wollte etwas, was nicht allzu dunkel und nicht allzu ernst ist, also lockte mich ein Wochenende in Taipei als Gangsterromanze mit schnellen Autos.Tatsächlich zog mich der Einstieg sofort in den Bann. Während des Intros lockten jede Menge Detailaufnahmen aus Taipei als einen Ort, der einerseits exotisch und andererseits normal wirkt. Zwischen Straßenaufnahmen und kleinen Geschäften fielen mehrfach eingeblendete tote Fische ein, abgeschnittene Fischköpfe, und dann einen Fisch, der auf dem Asphalt lag und nach Luft schnappte. Und man sieht einen mutmaßlichen Gangsterboss, der von der Presse bedrängt wird.
Szenenwechel zu einer bildschönen Asiatin in einem scheinbar schlichten Kleid, das vermutlich zwei Monatseinkommen gekostet hat. Sie geht durch ein Autohaus, und der Verkäufer erkennt sofort, dass sie Geld hat und ist entsprechend freundlich. Mit ihren Gucci-Taschen am Arm bewundert sie die Fahrzeuge und bleibt schließlich beim Ferrari stehen. "Kann ich mal hineinschauen?"
"Natürlich." Der Verkäufer öffnet die Tür.
Die Frau möchte aber den Motorinnenraum ansehen, und dann fährt sie das Auto Probe mit einer rasanten Tour durch die Stadt, wo sie ungefähr doppelt so schnell wie die anderen Autos mit ihnen Slalom spielt und wild über Kreuzungen jagt. Die Angst des Beifahrers ist herrlich, und nach der Szene war ich eigentlich schon überzeugt von diesem Film. Coole Frau, cooles Auto ...
Nächste Szene ist in einer total überfluteten Küche in Amerika. Viel schmutziger, viel direktere Bildsprache. Ein weißer Undercover-Agent fliegt auf, und es gibt eine Schlägerei, deren brachiale Gewalt nicht sonderlich ästhetisch daherkommt. Gefühlt ein super Übergang zur glatten Welt des Reichtums davor, und man freut sich schon darauf, wie diese beiden Welten miteinander kollidieren.
Doch dann flacht der Film ab und kann sich nicht ganz entscheiden, was er sein will. Es gibt noch ein paar schöne Verfolgungsszenen (besonderes Highlight: Frau flieht im Offroad-Buggy vor bewaffneten Drogengangstern durch eine Reihe von Serpentinenschleifen), doch die Actionszenen werden gefühlt beliebiger als diese schmutzig-authentische Schlägerei des Anfangs.
Für mich hakte es dann daran, dass der Film für einen Action-Film dann zu viel Zeit auf das Zwischenmenschliche legt. Es kann durchaus zur Spannung beitragen, wenn es zwischen den Figuren auch Ungeklärtes gibt, aber irgendwie sind die Geheimnisse so plakativ und klar erkennbar, dass dadurch keine echte Spannung entstand. Da half es dann auch nichts, dass die Figuren mehrfach erklärten, dass sie Dinge "später" klären würden.
Kleiner Spoiler:
Zum Höhepunkt entstand dann in mir so eine gewisse Enttäuschung, weil die Frau, die mir am Anfang als meisterhafte Fahrerin und Gangsterbraut präsentiert worden war, hier auf die Rolle der Damsel in Distress zurückgedrängt wurde. Der finale Kampf fand zwischen zwei Männern statt, aber er bekam dann noch mal eine Inszenierung, die mir dann wieder richtig gefallen hat. Es war ein so nices Beispiel von ganz subtilem Fouth-Wall-Breaking, dass es mich dann mit dem Mittelteil des Films wieder beinah versöhnt hat.
Aber am Ende bleibt das Gefühl, dass dieser Film nicht weiß, was er sein will. An und für sich gute Action wechselt sich ab mit flach erzähltem Familiendrama, wo gefühlt "anpampen" als Ersatz für emotionale Tiefe und Dynamiken eingesetzt wird. Und dann gibt es hier und da noch Elemente, die dann wieder wie Filmkunst wirken, am Anfang die nach der Mittenicht mehr aufgegriffenen Varianten von "Fisch auf dem Trockenen", das Finale mit dem Beinah-Fourth-Wall-Breaking und im Mittelteil Elemente, die an den Rashomon-Effekt erinnern. Aber wo dieser Effekt eigentlich zeigen soll, dass sich subjektive Erinnerungen stark unterscheiden, gibt es im Film eigentlich keine Widersprüche, sondern immer nur noch mal ein paar ergänzte Details.
Und so bleibt bei mir ein diffuses Gefühl von Verlorengehen in dem Film, ohne so richtig vom Anfang zum Ende getragen zu werden.
Fazit: Der Film ist okay, aber so wirklich in Erinnerung bleibt er nicht.
Und vielleicht noch ein Nachtrag: Als Frau stört es mich rückblickend wirklich und nach einer Nacht schlafen noch mehr, dass die coole Frau, die mir am Anfang versprochen wurde, am Ende einfach nur auf der Rückbank im Auto darauf wartet, dass der Held seinen Gegner besiegt. Sie entpuppt sich damit als Preis, den der Sieger bekommt, und all das Versprechen, das am Anfang in ihrer Coolness lag, heißt nicht, dass sie tatsächlich coole Dinge tun wird. Es zeigt nur, dass sie wertvoll genug ist, dass die Männer um sie kämpfen.
Das finde ich immer noch schade. Es erinnert mich ein diffuses Unbehagen in mir, als ich Teenager war und schon damals Actionfilme liebte: Die Männer haben den Spaß und die Frauen sind schön und geheimnisvoll - und flache Persönlichkeiten.