Kritik zu Gesetz der Rache
Gesetz der RacheOriginaltitel: Law Abiding Citizen
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2009
Regie: F. Gary Gray
Drehbuch: Kurt Wimmer
Darsteller: Gerard Butler, Jamie Foxx, Leslie Bibb, Bruce McGill, Colm Meaney, Michael Gambon, Josh Stewart, Regina Hall, Christian Stolte, Viola Davis u.a.
--------------Story-----------------
Man hört ja immer wieder davon. Im Rechtssystem ist nicht wichtig, wie die Gesetze aussehen, vielmehr ist wichtig, wie viel man den Anwälten bezahlen kann, damit sie sie absolut passend für die jeweilige Partei auslegen. Genauso ergeht es letztlich Clyde Shelton. Seine ganze Familie wurde bei einem unmotivierten Raubüberfall gemeuchelt und der zuständige Staatsanwalt Nick Rice drängt alle Parteien auf einen Deal: Der wirkliche Mörder verrät einfach seinen Mitläuferkumpanen und kommt dafür frei. Ein so untragbarer Umstand, dass Clyde Shelton zehn Jahre später und nach einer damit verbundenen, sehr langen Vorbereitungszeit diese Fehleinschätzung des Rechtssystems auf grausame Weise wieder gerade rückt. Nach den barbarischen Morden an den beiden Mördern seiner Familie lässt er sich freiwillig verhaften und verkündet, er werde sich im folgenden Gerichtsverfahren selbst vertreten. Dabei dreht er das Rechtssystem so, wie er es braucht und wendet es gegen dessen Schöpfer. Obendrein scheint er aus seiner Zelle heraus weitere Morde an Personen, die an dem farceähnlichen Prozess von vor zehn Jahren beteiligt waren, zu koordinieren. Doch ihm selber kann niemand etwas anhaben, hat er doch das perfekte Alibi und das heißt Isolationshaft ...
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Das Interessanteste an dem Rachethriller Gesetz der Rache ist die kompromisslose Positionierung der Antagonisten als durchweg ambivalente Charaktere. Wem der Beiden die Sympathie des Zuschauers gehört, wird wohl vor allem dessen persönliche Präferenz für den jeweiligen Darsteller oder seine Empathie für die Situation, in der sich die Figuren befinden, entscheiden. Da wäre der Anwalt. Dieser will eigentlich das Richtige, nur auf dem Weg dahin nimmt er häufiger die falsche Abzweigung und biegt schon mal Ereignisse und Beweise so hin, dass sie seiner Verurteilungsquote und damit seiner Karriere zuträglich sind. Doch egal, wie sehr man diese Bereitschaft zu immer neuen Deals auch verurteilen mag, kaum ein Zuschauer wird dieser Figur die Hölle wünschen, durch die sie letztendlich hindurch muss.
Auf der anderen Seite ist da der rachsüchtige Familienvater, der fast schon einem Pschopathen gleich sein Ziel der Rache verfolgt. Doch auch ihm kann man letztlich gar nicht so böse sein, denn immerhin waren wir dabei, auf welch grausame Art und Weise ihm seine Familie genommen wurde und wie sein Leben auch durch den Staatsanwalt komplett zerstört wurde, als der eigentliche Mörder für ein Bauernopfer davonkommt. Aus dieser Ambivalenz und der Tatsache, dass der Zuschauer beständig zwischen diesen beiden Charakteren hin und herwechselt und beider Argumentation nachvollziehen kann, bezieht Gesetz der Rache ein ordentliches Pfund an Spannung.
Interessant ist auch der Ansatz des rachsüchtigen Vaters. Dieser richtet nämlich nicht nur die Mörder seiner Familie, wie es beispielsweise Ein Mann sieht rot getan hat, nein, er geht auch gegen das System vor, dass solche Killer immer wieder zu lasch bestraft und er führt es auf intelligente Weise immer und immer wieder vollkommen ad absurdum. Leider nutzt der Film sich dadurch bietende Chancen zur tiefer gehenden Reflektion nur bedingt. Er hinterfragt nicht die Todesstrafe und damit verbundene Justizirrtümer, die Korrumpierbarkeit diverser Behörden und Institutionen wird ebenfalls nicht konsequent angeprangert und auch ein Statement gegen die den Rechtsstaat aushebelnde Selbstjustiz gibt es nirgends. Diese Ansätze opfert das Gesetz der Gewalt einer konsequent auf Tempo und Spannung ausgerichteten Inszenierung, die auch über so manches Logikloch locker hinwegfegt.
Dass dabei irgendwann auch die Figuren und ihre Beweggründe auf dem Weg bleiben, ist ein weiterer negativer Punkt dieses wenig tiefgründigen Streifens. Obendrein lanciert er nach zwei Dritteln der Laufzeit einen seltsamen Ploteinfall in Form eines geheimen Informanten, der den Zuschauer und die Anwälte darüber unterrichtet, mit wem sie es in Wirklichkeit zu tun haben. Spätestens mit dieser Enthüllung gehen dem Drehbuchautor (Equilibrium Schöpfer Kurt Wimmer) endgültig alle Pferde durch und laviert der Film immer hart an der Grenze zur Unglaubwürdigkeit. Die Auflösung selbst ist dann fast schon radebrechend übel konstruiert. Allerdings wird sie einem aber auch hochtourig und genial inszeniert um die Ohren gebrettert, so dass man wirklich erst nach dem Kinobesuch so richtig bemerkt, wie konsequent man eigentlich von der zunehmend abgedrehten Handlung des Streifens veralbert wurde.
Einen wichtigen Beitrag dafür, dass Gesetz der Rache nicht schon bei der Rezeption komplett in sich zusammenstürzt, leisten die beiden stark aufspielenden Antagonisten Jamie Foxx und Gerard Butler. Jamie Foxx darf sich dabei als Nick Rice vom zunächst karrieregeilen und arroganten Arschloch mit schlimmen Familienproblemen (die irgendwann komplett im Nichts verpuffen!) zum zunehmend begreifenden und menschlicheren Charakter wandeln. Leider ist er den ganzen Film über auf den passiven Part beschränkt, darf nur reagieren und mit offenem Mund zuschauen, wie Butler alles um ihn herum in Flammen aufgehen lässt. Ein wenig mehr Tatendrang hätte seiner Figur gut gestanden, doch Foxx holt auch so das Maximum aus seiner Rolle heraus. Butler dagegen überzeugt als trauernder Familienvater ebenso wie als wütender Soziopath, der einem Jigsaw gleich seine Umwelt zum Umdenken bewegen will. Gerade wie er in der Phase seiner Lehren für das Rechtssystem immer mal wieder zwischen zurückhaltend / beunruhigend ruhig und aufbrausend manisch hin und herswitcht, macht großen Spaß und erinnert von der Kraft seiner Auftritte her ziemlich an seine Leonidasglanztat aus 300. Irgendwann schwebt über den Auftritten Butlers eine undefinierbare, flirrende Spannung, die einem schier den Atem raubt. Dagegen kommt der Rest im Cast nicht wirklich an und selbst interessante Gesichter wie Colm Meaney gehen ziemlich unter in der Abfolge an Lektionen, die Butler Foxx erteilt.
Und diese sind dann auch die wichtigsten Showrunner im Film, denn sie brechen mit einer Wucht über den Zuschauer herein, dass es nur so scheppert. Dabei spielt Gary Gray auch gekonnt mit den Erwartungen des Zuschauers, der immer weiß, dass etwas passieren wird, das „Wie“ überrascht dann aber dennoch recht häufig. Auch ist der Gewaltgrad beeindruckend deftig ausgefallen. Die Szene mit dem T-Bonesteakknochen ging ja bereits durchs Netz, doch das ist quasi nur ein kleines Puzzlestück in den durchgehend recht heftigen Brutaloeinlagen, die meine Begleitung permanent im Sessel versinken ließen. Inszenatorisch bebildert Gray seinen Film hochenergetisch. Manchmal geht er mitten in die Action, dann regieren wieder Totalen, gefolgt von interessanten Perspektivspielereien und das alles gewandet in ein sehr karges Farbkleid, dass vor allem düstere und kalte Farben präsentiert. Brian Tyler liefert dazu einen funktionalen, ab und an ziemlich nach Hans Zimmers Thin Red Line klingenden Score ab, der allerdings nach dem Film auch wieder sofort aus den Ohren verschwunden ist.
--------------Fazit-----------------
Und so geht es letztlich auch dem ganzen Film. Für die Momente der Vorführung ist er richtig gelungen. Hochtourig, packend, mit einer sehr ordentlichen Spannungskurve versehen, stark gespielt, topp inszeniert und mit einigen interessanten Kniffen in Sachen Figuren- und Storyführung gesegnet. Sei es die sehr ambivalente Figurenzeichnung oder der coole Ansatz, dass sich der Rächer gegen das ganze System und nicht nur gegen kleinen Rädchen im Getriebe wendet, Gesetz der Rache versucht, die üblichen Revengethrillerschemata hinter sich zu lassen. Gleichzeitig tappt er aber auch in viele Klischeefallen dieses Genres, verkommt irgendwann zur bloßen Nummernrevue der zugegebenermaßen genial umgesetzten Racheaktionen und vor allem gegen Ende wird es dann doch arg unglaubwürdig. Was bleibt ist ein wirklich solider, brettharter und angenehm adrenalintreibender Actionthriller, dessen größter Verdienst es sein wird, dass man sich nach dem Film im engen Kreise mit den Filmkumpels doch einmal damit auseinandersetzt, wie korrupt unsere liebe Gesellschaft doch inzwischen geworden ist und ob eine ähnliche Attacke gegen diese nicht erstrebenswerten „Strukturen“ nicht wirklich mal wünschenswert wäre.
In diesem selbstjustizverherrlichenden Sinne:
freeman